Studie über Südafrika

Pünktlich in die Vorbereitungsphase der Nationalmannschaft auf die Fußball-Weltmeisterschaft hinein erscheint die Studie 16 des IfS Südafrika. Vom Scheitern eines multiethnischen Experiments.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Die­se Stu­die ist eines der weni­gen Gegen­ge­wich­te zu einer „Ver­schwö­rung der Schön­red­ner“ und befaßt sich mit dem Schei­tern des Lan­des, das ein­mal als das “power house” des Kon­ti­nents galt.

Im April 1994 been­de­te Süd­afri­ka den Wan­del vom inter­na­tio­nal iso­lier­ten Paria­staat zum welt­weit beju­bel­ten »Wun­der«. Die­ses bestand dar­in, daß die wei­ße Min­der­heit wider Erwar­ten fried­lich die Macht an die schwar­ze Mehr­heit abgab. Sogar noch im Jahr 2000, sechs Jah­re nach dem Wan­del, schrieb Tho­mas Kne­mey­er: “Neben der deut­schen Wie­der­ver­ei­ni­gung gilt die Wen­de am Kap als das gelun­gens­te Unter­fan­gen einer fried­li­chen gesell­schaft­li­chen Trans­for­ma­ti­on. Was den Deut­schen die Ver­ei­ni­gung von Ost und West, war in Süd­afri­ka die Ver­söh­nung von Schwarz und Weiß.”

In die­ser Ana­lo­gie wur­de jedoch nicht berück­sich­tigt, daß Süd­afri­ka, im Gegen­satz zur dama­li­gen Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, über kein homo­ge­nes Staats­volk ver­füg­te, son­dern ein mul­ti­eth­ni­sches Kon­strukt dar­stellt, des­sen Gren­zen im 19. Jahr­hun­dert von den Kolo­ni­al­her­ren will­kür­lich bestimmt wur­den. Ledig­lich der für das Land am Kap infla­tio­när ver­wen­de­te Begriff “Regen­bo­gen­na­ti­on” deu­tet auf die ras­si­sche, eth­ni­sche und kul­tu­rel­le Viel­falt des Lan­des hin. In die­sem Zusam­men­hang wird Hete­ro­ge­ni­tät, ent­ge­gen aller his­to­ri­schen und aktu­el­len Erfah­rung, als “Stär­ke” betrachtet.

Wie bei fast jeder Macht­über­nah­me in Afri­ka waren die Pro­gno­sen für das Land von einem extre­men Opti­mis­mus bestimmt, der weni­ger auf rea­lis­ti­schen Ein­schät­zun­gen als viel­mehr auf ideo­lo­gisch gefärb­ten Uto­pien und Hoff­nun­gen beruh­te. Vor allem die welt­an­schau­li­che Unbe­irr­bar­keit in der Ent­wick­lungs­po­li­tik und ein außer­or­dent­li­ches Ver­trau­en in die Füh­rungs­qua­li­tä­ten der jeweils favo­ri­sier­ten afri­ka­ni­schen Befrei­ungs­po­li­ti­ker sind seit dem Beginn der Ent­ko­lo­nia­li­sie­rung aus­schlag­ge­bend für die Ein­schät­zun­gen west­li­cher Mei­nungs­füh­rer. Nel­son Man­de­la, als ers­ter schwar­zer Prä­si­dent des Lan­des, wur­de zur Iko­ne west­li­cher Medi­en und Ent­schei­dungs­trä­ger. Um ihn ent­stand ein inter­na­tio­na­ler Per­so­nen­kult, der natur­ge­mäß Erwar­tun­gen gene­rier­te, die weder er noch sei­ne Nach­fol­ger erfül­len konnten.

Die vor­lie­gen­de Stu­die zeigt hin­ge­gen, daß Süd­afri­ka in allen Berei­chen (v.a. Bil­dung, inne­re und äuße­re Sicher­heit, medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung) hin­ter den Stan­dard von 1990 zurück­ge­fal­len ist – in einem Maß, das die Sta­bi­li­tät und den Bestand der Nati­on gefähr­det. Und das mul­ti­eth­ni­sche Expe­ri­ment ist sowie­so geschei­tert: Dis­kri­mi­niert wer­den jetzt die Wei­ßen und gewählt wird ent­lang eth­ni­scher Gren­zen. Ein Ver­tre­ter der Misch­lin­ge brach­te es auf den Punkt: Wo er frü­her nicht weiß genug war, sei er jetzt nicht schwarz genug.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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