Der Kirchenhistoriker Michael F. Feldkamp, ein ausgewiesener Fachmann für diese Thematik, hat die Fakten analysiert und ermöglicht somit Urteile über diese Vorurteile. Ihm kam zu Nutzen, daß seit 2006 die Akten des Pontifikats Pius XI. (1922–1939) im Vatikan öffentlich zugängig sind. So bezieht der Autor nach sorgfältigem Quellenstudium Position gegen den Zeitgeist, »der gespeist wird von einer seit vielen Jahren politisch korrekt betriebenen Geschichtsschreibung.«
Was das Buch von Feldkamp auszeichnet, ist die differenzierte Betrachtungsweise. Er unterscheidet genau zwischen dem Verhalten des Papstes, der deutschen Bischofskonferenz, profilierten Priestern und Laien. Versagen kann nur wenigen Einzelnen angelastet werden. Die schlechtesten Wahlergebnisse erhielt die NSDAP immer in überwiegend katholischen Gebieten. Zahlreiche antikirchliche Maßnahmen seit der Machtergreifung wurden als Kampfansage an die katholische Kirche verstanden. Die Konfrontation spitzte sich zu. Papst Pius XII. plante eine Enzyklika zur Verurteilung des Rassismus, die wegen des plötzlichen Todes des Papstes nicht mehr erscheinen konnte. Und er informierte nachweislich 1942 (!) die Alliierten über die Judenmorde.
Feldkamp zieht das Fazit, daß der Papst und die katholischen Bischöfe in Deutschland sich leiten ließen von der Sorge für das Wohl der Menschen. Die Verbrechen des Nationalsozialismus hätten von ihnen nicht verhindert werden können. Trotz allem aber kann die katholische Kirche »für sich in Anspruch nehmen, die größte Bewegung gegen den Nationalsozialismus gewesen zu sein.«
(von Georg Alois Oblinger Michael F. Feldkamp: Mitläufer, Feiglinge, Antisemiten? Katholische Kirche und Nationalsozialismus Augsburg: St. Ulrich Verlag 2009. 205 S., 18.90 €)