Ziel des Autors ist dabei nicht, eine Gesamtdarstellung der Freimaurerei zu entwerfen, sondern die »Strahlungsfelder des Grand Orient« zu skizzieren, jener Pariser Großloge, in der die Revolutionäre von 1789, aber auch die der Pariser Commune ihre Rekrutierungsräume fanden. Sarkozys langjähriger Berater Alain Bauer, ehemaliger Großmeister des Grand Orient, spricht von der Maurerei gar als »einer Kirche der Republik«. Tatsächlich sollte das Christentum, wie es bisher gelebt und gelehrt wurde, ausgelöscht und durch das Christentum der »Neuen Zeit« mit einem überkonfessionellen Gott ersetzt werden. Als Dogmen sieht es den Entwicklungs-Monismus eines grenzenlosen Fortschritts, schrankenlose menschliche Freiheit und Gleichheit an. Dazu gehört auch der Komplex von Abtreibung und Empfängnisverhütung, mit dem sich die laizistisch-freimaurerische Position kämpferisch profiliert. Nach Instruktionen der Logen wurde die Französische Revolution angefacht, die schließlich zur Enthauptung des Königspaares führte. Danach fielen andere Monarchien in Europa. Verbliebene Königshäuser sind inzwischen der Bedeutungslosigkeit verfallen oder spielen das Spiel der anti-monarchischen Parteien mit.
Mit der Einberufung des II. Vatikanischen Konzils durch den von Freimaurer-Freunden umgebenen Johannes XXIII. setzte die Phase der Revolution im kirchlichen Bereich ein. Wer Jägers kenntnisreiches Buch liest, wird sich fragen, weshalb das Gründungsdatum des Geheimordens mit dem der USA übereinstimmt, und warum das Symbol des Ordens, das Auge in der Pyramide, jede Dollarnote schmückt. Er wird mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, daß Revolutionäre wie Bakunin und Garibaldi, die russischen Februar-Revolutionäre und die laizistischen Jungtürken der Maurerei eng verbunden waren. Und daß Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky nicht nur Freimaurer, sondern auch Einflußagenten Frankreichs waren.
(Ilija Trojanow, Juli Zeh: Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte, München: Hanser 2009. 171 S., 14.90 €)