Deutschland und Israel

pdf der Druckfassung aus Sezession 33 / Dezember 2009

von Siegfried Gerlich

Der Franzose Alfred Grosser, der als jüdischer Deutscher geboren wurde und 1933 im Alter von 8 Jahren mit seiner Familie emigrieren konnte, ist als ein Liberaler der alten Schule bekannt. Sein großzügiger Universalismus stand immer schon über den Borniertheiten der political correctness, und vom notorischen Vorwurf des Antisemitismus hat sich der strenge Israel-Kritiker stets unbeeindruckt gezeigt. Auch in seinem neuen Buch bringt Grosser hierzulande Anstößiges so gelassen vor, wie es wohl nur ein Kosmopolit vermag, den der deutsche Schuh nicht zu sehr drückt.


Der Titel ver­spricht indes­sen mehr, als das Buch hält: Der his­to­ri­sche Nexus von Ausch­witz und Jeru­sa­lem wird all­zu skiz­zen­haft und sprung­haft nach­ge­zeich­net, und die Betrach­tun­gen über Deutsch­land und Isra­el bie­ten kaum mehr als klu­ges Feuil­le­ton. Aller­dings impo­niert Gros­ser, dem der deut­sche Maso­chis­mus unbe­greif­lich ist, durch sei­ne Zurück­wei­sung der Kol­lek­tiv­schuld­the­se und sei­ne uner­schro­cke­ne Par­tei­nah­me für Mar­tin Walsers Kri­tik an Ausch­witz als Moral­keu­le, deren poli­ti­schen Ein­satz er uner­müd­lich zu bele­gen sucht. Wenn sich Gros­ser gewiß gegen die Baga­tel­li­sie­rung des Holo­caust ver­wahrt, so hält er doch die Ver­harm­lo­sung von Völ­ker­mor­den, die kei­nen Sin­gu­la­ri­täts­sta­tus genie­ßen, für nicht min­der unmo­ra­lisch. Der­lei Ansich­ten gehö­ren frei­lich nicht zum guten Ton, sie sind aber auch nicht mehr gänz­lich ver­pönt. Es darf daher bezwei­felt wer­den, daß die­se Publi­ka­ti­on einen radi­ka­len Tabu­bruch dar­stellt. Eher schien ihr Autor es mit Zara­thus­tra zu hal­ten: Was fällt, soll man auch noch stoßen.

(Alfred Gros­ser: Von Ausch­witz nach Jeru­sa­lem. Über Deutsch­land und Isra­el, Rein­bek bei Ham­burg: Rowohlt Ver­lag 2009. 204 S., 16.90 €)

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