vergesse. Manchmal breche ich die Lektüre auch ab, Lebenszeit-Verschwendung an ungekonnte Kunst ist keine Durchhalte-Disziplin, sondern Dummheit. Meine Frau ist da wie ich: Neulich sind wir im Kino nach zwanzig Minuten aufgestanden, um uns der unsäglichen Verfilmung des Lebens von Francoise Sagan zu entziehen: zum Eintrittsgeld auch noch die Zeit verschleudern?
Ich kann eine Liste der begonnenen und abgebrochenen Romane nicht anbieten. Ich habe sie vergessen und erinnere mich nur an einen: Die morawische Nacht von Peter Handke, und dieses Geschwurbel (Abbruch nach 40 Seiten) blieb mir bloß deshalb im Kopf, weil ich sonst alles von Handke sehr gern und konzentriert lese – er wird in einer anderen Literatur-Liste noch auftauchen.
Neben dem eisernen Bestand und dem Zeug, das ich wieder vergesse, gibt es Romane, von denen ich klare Bilder und Szenen und oft die Handlung im Detail behalten habe – aber ich nehme diese Bücher nicht ein zweites oder drittes Mal in die Hand. Sie berühren keine meiner Saiten, sondern bleiben im Interessanten stecken. Hier meine Liste dieses eindrücklichen Nebenwegs, wiederum deutschsprachig, beschränkt auf die Lektüre der letzten fünf Jahre:
1. Lukas Bärfuss: Hundert Tage
(Zerbröselndes Entwicklungshilfe-Gefasel im Gemetzel zu Ruanda)
2. Sophie Dannenberg: Das bleiche Herz der Revolution
(die Fratze von 68)
3. Reinhard Kaiser-Mühlecker: Der lange Gang über die Stationen
(zerrinnendes Landleben, billiger Sog der Stadt, Grenzen des guten Willens)
4. Georg Klein: Barbar Rosa
(erinnerlich: ein ernsthaftes Tun in unschlagbar absurder Atmosphäre)
5. Christian Kracht: Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten
(Reise ins Herz der Finsternis der utopischen Zivilisation)
6. Helmut Krausser: Thanatos
(Auswegsloses Sich-Einspinnen in Lektüre und Phantasie)
7. Leo Perutz: St. Petri-Schnee
(Was vorbei ist, ist vorbei, da helfen keine Pillen)
8. Bernhard Schlink: Die Heimkehr
(Schlüsselroman über ein Doppelleben nach dem NS – dank Schlink ohne Moralinsäure)
9. Uwe Tellkamp: Der Eisvogel
(über einen “Neuen Rechten”, der zum Terror neigt)
10. Richard Wagner: Das reiche Mädchen
(Schlüsselroman über das tödliche Scheitern einer multikulturellen Utopie)
Ergänzungen bitte wieder entlang meiner Kriterien!
M.
Franz Schauwecker: Aufbruch der Nation (Sehnsucht nach der Revolution)