Dorfverein gegen Tattoo-Nachbarn

von Claus Wolfschlag

Mal wieder einer jener Provinzstreits, die es wohl nur in diesem Land gibt. In Echzell in der Wetterau sind einige Bürger in Aufruhr,...

weil ein ver­meint­li­cher “Rechts­extre­mer” es gewagt hat, in ihr beschau­li­ches Ört­chen zu zie­hen. Was kon­kret vor­ge­fal­len ist? Nichts eigentlich.

Der Neu­bür­ger soll einen Tat­too-Shop betrei­ben und eine Täto­wie­rung am Arm tra­gen, die einen ver­prü­gel­ten Pun­ker zei­gen soll. Auch hät­te er in einem Online-Shop frü­her ras­sis­tisch bedruck­te T‑Shirts ver­kauft. Sex­par­tys sol­len angeb­lich in dem Haus statt­fin­den, mun­keln manche.

Und dann hat er unlängst eine etwas laut­star­ke Fei­er durch­ge­führt, im Ver­lauf derer ein Nach­bar­schafts­streit eska­lier­te. Ein Nach­bar setz­te näm­lich eine Lei­ter am Haus die­ses Neu­bür­gers an, um sich eigen­mäch­tig an des­sen Video­an­la­ge zu schaf­fen zu machen. Dar­auf­hin kamen ein paar Par­ty­gäs­te aus dem Haus, zogen dem akti­vis­ti­schen Nach­barn, der sich ein paar Schürf­wun­den hol­te, die Hose aus und stell­ten dies dann als Video ins Inter­net.  Eine ver­gleichs­wei­se harm­lo­se Pro­vinz­pos­se also, an der offen­bar bei­de Sei­ten ihren Anteil haben. Kaum der Rede wert, wür­den da nicht Medi­en und Links-Poli­ti­ker wie­der mal ein gro­ßes The­ma wittern.

Zum einen ist der deut­sche Ernst an die­ser Sache bemer­kens­wert. Vor Ort scheint mitt­ler­wei­le fast jeder Bür­ger eine Video­ka­me­ra an sein Haus instal­liert zu haben, um die ande­ren Nach­barn zu über­wa­chen. Zudem muß­ten die auf­ge­brach­ten Alt-Bür­ger, deren eige­ne Töch­ter mög­li­chen­falls alle mit einem Arsch­ge­weih in der Gegend her­um­ren­nen, gleich einen Ver­ein gegen den Tat­too­stu­dio-Betrei­ber grün­den: “Grät­sche gegen Rechts”. Und eine “Anti­fa­schis­ti­sche Bil­dungs­in­itia­ti­ve” wit­tert mal wie­der Mor­gen­luft und gibt auch noch ihren Quark dazu. Dar­un­ter geht es natür­lich nicht in der BRD.

Und es geht noch eine Stu­fe wei­ter:  Die SPD-Abge­ord­ne­te Nan­cy Fae­ser und der Lin­ke Her­mann Schaus konn­ten es nicht unter­las­sen, den däm­li­chen Par­ty­streit zum The­ma im hes­si­schen Land­tag zu machen. Tag­täg­lich fin­den Gewalt­ta­ten mit ganz ande­ren Hin­ter­grün­den und viel schlim­me­ren Ver­let­zun­gen statt, nicht sel­ten übri­gens von Anti­fa-Grup­pen, die den lin­ken Par­tei­en poli­tisch nahe­ste­hen. Doch hier­zu hül­len sich die­se Par­tei­en und deren Abge­ord­ne­te nur zu ger­ne in Schwei­gen und ver­fas­sen kei­ne par­la­men­ta­ri­schen Anfragen.

Ich erin­ne­re mich noch aus mir per­sön­lich zuge­tra­ge­nen Berich­ten, daß in den 90er Jah­ren wäh­rend einer Vor­trags­rei­he in Leip­zig, “Anti­fa­schis­ten” einen Vor­trag des jun­gen “Jun­ge Frei­heit” ‑Autors Manu­el Och­sen­rei­ter ille­gal stör­ten und dabei ver­such­ten, ihm das Hemd zu zer­rei­ßen (und das, ohne daß er mit einer Lei­ter an ihrem Haus Sach­be­schä­di­gung ver­sucht hät­te). Kein Poli­ti­ker, kein gro­ßes Medi­um erhob damals den Zei­ge­fin­ger. Bei einem wei­te­ren kurz dar­auf fol­gen­den Vor­trag von Dr. Alfred Mech­ters­hei­mer ver­fehl­te nur knapp eine Bier­fla­sche des­sen Gesicht. Wie­der kein Ver­ein, kei­ne par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge. SPD und Lin­ke (PDS) schwie­gen vornehm.

Und die Bür­ger von Ech­zell? Kei­ne Fra­ge, sie mögen recht haben. Viel­leicht ist Patrick W. wirk­lich ein unan­ge­neh­mer Nach­bar, ein Mann, der sich nicht an Ruhe­zei­ten hält, einer mit Gewalt­po­ten­ti­al, der man­chem Bür­ger Angst ein­flößt. Aber nie­mand, der nicht vor Ort lebt, kann beur­tei­len, wer die Haupt­schuld an der Eska­la­ti­on trägt. Womög­lich ist es wirk­lich Patrick W. Womög­lich aber ist es auch der Zeit­geist, der den Dorf­be­woh­nern ihren Pro­test gegen den exo­ti­schen Neu­bür­ger so leicht macht.

Man kann sich für die­se Leu­te aller­dings min­des­tens eben­so unan­ge­neh­me Nach­barn vor­stel­len. Ein ins Rot­licht-Geschäft ver­strick­ter Rocker-Club etwa? Oder ein “auto­no­mes” Jugend­zen­trum? Oder eine sich wun­der­sam ver­meh­ren­de Roma-Sip­pe? Oder ein liba­ne­si­scher Groß­clan, offi­zi­ell von Kick­box-Stu­di­os lebend? Sicher wäre auch das nicht eine ganz rei­bungs­los funk­tio­nie­ren­de Nach­bar­schaft. Doch hät­ten die­se Bür­ger auch dann den Schneid, einen “Grätsche”-Verein zu grün­den? Hät­ten sie den Mumm, das durch­zu­ste­hen, wenn sie in den Medi­en als “deut­sche Spieß­bür­ger” oder “ras­sis­ti­sche Dörf­ler” dar­ge­stellt wer­den? Das will ich erst sehen. Und dann habe ich auch unein­ge­schränk­ten Respekt.

 

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