Preußen ist nicht mehr so übel beleumundet wie noch vor einigen Jahren, und das wiedervereinigte Deutschland spürt in der Krise wieder das Bedürfnis nach Orientierung. Luise bietet sich da als feminine Alternative zu all den virilen (und vielfach dekonstruierten) Helden der deutschen Vergangenheit an.
Wohl deshalb sind ihr in Berlin und Brandenburg zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen gewidmet. Fast jeder Ort, der sich mit ihr verbinden läßt (und heute auf deutschem Territorium liegt), ist dabei vertreten: Schloß Charlottenburg, die Pfaueninsel sowie die Schlösser in Paretz und Hohenzieritz. Letzteres liegt in Mecklenburg, da Luise eine gebürtige Mecklenburgerin (und damit ein Beweis dafür, daß man nicht als Preuße geboren sein muß, um einer zu sein) war. Im Fernsehen gab es die Dokusoap „Luise von Preußen – Königin der Herzen“ zu sehen, zu der Daniel Schönpflug das gleichnamige Buch verfaßt hat.
Die Biographie ist besser, als ihr Zusammenhang mit dem Fernsehformat vermuten läßt, auch wenn Schönpflug seinem Anspruch, Luise in den Kontext ihrer Zeit zu stellen, nicht immer gerecht wird. Dazu mangelt es ihm an Distanz sowohl zur feministischen als auch demokratischen Gegenwart. Es gelingt ihm glücklicherweise auch nicht, die „Mechanismen der Identifikation“ aufzubrechen, was er eigentlich vorhatte. Er erzählt die Geschichte der Frau, die jung Königin sein mußte, ohne darauf vorbereitet zu sein, und die in den Jahren nach der Niederlage von 1806 über sich hinauswächst und nicht nur zur „Königin der Herzen“, sondern postum zur „Schutzheiligen der Deutschen“ wird. Selbst Schönpflug scheint Luises Anmut, dem weiblichen „Urbild“ wie Novalis sie nannte, erlegen zu sein.