Faschistische Politik – Vollzug einer Ideologie oder Abbild einer Ära?

pdf der Druckfassung aus Sezession 34 / Februar 2010

von Stefan Scheil

Vor einigen Jahren habe ich in einem Vortrag am Institut für Staatspolitik (IfS) den Gedanken entwickelt, Faschismus als Begriff für ein auf die Zukunft gerichtetes nationalistisches Phänomen zu deuten, als einen »utopischen Nationalismus«. Dieser utopische Nationalismus zielte demnach darauf ab, aus einem bestehenden Nationalstaat oder einer vorhandenen nationalen Tradition etwas Neues und noch nicht Dagewesenes werden zu lassen, nach innen wie nach außen. Das schloß die Absicht zu territorialen Veränderungen bestehender Grenzen mit ein. Die von Ernst Nolte in Der Faschismus in seiner Epoche beschriebene Eigenschaft des Faschismus, sich im »undurchbrechbaren Rahmen nationaler Selbstbehauptung« zu bewegen, läßt sich insofern um die Feststellung erweitern, daß dabei »nationale Selbstentwicklung« mit eingeschlossen ist. Unter Rückgriff auf diese Definition soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, ob faschistische Staaten für die Verfolgung dieser Ziele spezifische außenpolitische Methoden entwickelt haben, so daß von einer faschistischen Außenpolitik als ideologiebedingtem Typus gesprochen werden könnte.

Ein Blick in das Inter­net offen­bart den Klä­rungs­be­darf in die­ser Fra­ge. Die Ein­ga­be des Begriffs »faschis­ti­sche Außen­po­li­tik« in eine Inter­net-Such­ma­schi­ne ergab zum Jah­res­wech­sel 2009/2010 gan­ze 43 Tref­fer. Mehr als die Hälf­te davon bestand aus Unter­stel­lun­gen gegen den frü­he­ren ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten Geor­ge W. Bush, gegen den Staat Isra­el, aber auch gegen den Iran unter sei­nem aktu­el­len Prä­si­den­ten Ahma­di­ned­schad. Tref­fer in bezug auf die Ära zwi­schen 1922 und 1945, die in die­sem Bei­trag unter­sucht wer­den soll, gab es nur vereinzelt.
Was also soll vor die­sem Hin­ter­grund im fol­gen­den unter faschis­ti­scher Außen­po­li­tik ver­stan­den wer­den? Um sich einer Ant­wort dar­auf zu nähern, wird ein Blick auf die faschis­ti­sche Ära als Zeit­raum kon­kre­ter staat­li­cher Poli­tik nötig sein. Dazu gehört etwa die Klä­rung der Fra­gen, ob der Faschis­mus nach sei­ner ers­ten Macht­er­grei­fung in Ita­li­en im Aus­land als außen­po­li­ti­scher Bruch wahr­ge­nom­men wur­de und ob sich sei­ne Poli­tik dort in der Fol­ge­zeit von der vor­her­ge­gan­ge­nen des bür­ger­li­chen Ita­li­en unter­schied, oder von der Poli­tik ande­rer bür­ger­li­cher Staa­ten wie Eng­land oder Frank­reich. Dar­an schließt sich auch die Fra­ge an, ob es eine natür­li­che Koali­ti­on faschis­ti­scher Staa­ten mit ande­ren faschis­ti­schen Staa­ten gab und gege­be­nen­falls war­um nicht. Um den Rah­men nicht zu spren­gen, wird neben der Poli­tik der genann­ten Staa­ten noch das deut­sche Regime im Blick ste­hen, so daß die Fra­ge nach der faschis­ti­schen Außen­po­li­tik im wesent­li­chen anhand der Bin­nen- und Außen­ver­hält­nis­se unter den vier gro­ßen euro­päi­schen Staa­ten geklärt wer­den wird.
Die­se Staa­ten unter­nah­men 1933 auf ita­lie­ni­sche Initia­ti­ve einen Ver­such, im Rah­men eines Vie­rer­pakts ein Direk­to­ri­um über Euro­pa zu errich­ten. Sie tra­ten 1938 als Unter­zeich­ner des Mün­che­ner Abkom­mens tat­säch­lich als ein sol­ches Direk­to­ri­um auf und stan­den etwa ein Jahr spä­ter schließ­lich im Krieg gegen­ein­an­der. Inso­fern stel­len ihre Bezie­hun­gen ein Bei­spiel für die Mög­lich­kei­ten und Kon­flik­te zwi­schen Demo­kra­tien und faschis­ti­schen Staa­ten dar.
Mit Blick auf die­se Poli­tik wird dann die Fra­ge zu beant­wor­ten sein, in wel­chem Umfang sich Begrif­fe auf sie anwen­den las­sen, die im all­ge­mei­nen mit Faschis­mus ver­bun­den wer­den: Mili­ta­ris­mus, Auto­ri­ta­ris­mus, Mani­pu­la­ti­on der Mas­sen oder instru­men­ta­li­sier­te Thea­tra­lik. Auch soll­te erkenn­bar wer­den, ob sich aus der faschis­ti­schen Ver­ach­tung für den libe­ra­len Rechts­staat schlie­ßen läßt, daß mit innen­po­li­ti­scher Will­kür eine außen­po­li­ti­sche Gering­schät­zung völ­ker­recht­li­cher Nor­men ver­bun­den war und ob die­se Nei­gung, falls vor­han­den, sich von den Gepflo­gen­hei­ten der dama­li­gen mar­xis­ti­schen oder libe­ra­len Außen­po­li­tik unterschied.

Max Hork­hei­mer hat das bekann­te Dik­tum geprägt, wer vom Faschis­mus spre­che, sol­le vom Kapi­ta­lis­mus nicht schwei­gen. Das ist nicht unrich­tig, muß aber drin­gend ergänzt wer­den. Er soll­te auch vom Mar­xis­mus nicht schwei­gen und eben­so­we­nig vom west­li­chen Impe­ria­lis­mus, also von den Ideo­lo­gien und Ver­hält­nis­sen, unter denen faschis­ti­sche Staa­ten tat­säch­lich exis­tier­ten. Auch wenn sich die intel­lek­tu­el­len Ursprün­ge des Faschis­mus bis ins 19. Jahr­hun­dert zurück­ver­fol­gen las­sen, muß jede wis­sen­schaft­lich erar­bei­te­te his­to­ri­sche Bestands­auf­nah­me der poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen, die in Ita­li­en zur Dik­ta­tur Mus­so­li­nis und in Deutsch­land zur Herr­schaft des Natio­nal­so­zia­lis­mus führ­ten, die­se Faschis­men unter den dama­li­gen Bedin­gun­gen ihrer Ent­wick­lung und ihrer Exis­tenz unter­su­chen. Das heißt unter ande­rem, sie als Phä­no­men der Welt­kriegs­ära deut­lich wer­den zu las­sen, die zugleich eine Ära voll natio­na­lis­ti­schem Ehr­geiz, mar­xis­ti­scher Revo­lu­ti­ons­be­stre­bun­gen, eine Pha­se des aus­lau­fen­den impe­ria­lis­ti­schen Zeit­al­ters und zer­rüt­te­ter Kriegs­ge­sell­schaf­ten war, um nur eini­ge Punk­te zu nen­nen. Die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ideo­lo­gie etwa ließ sich aus inner­deut­schen Quel­len ablei­ten. Sie wäre aller­dings ohne die beson­de­re Situa­ti­on der Kriegs- und Zwi­schen­kriegs­zeit, ohne die Erfah­rung von Front, Tod, Hun­ger, Nie­der­la­ge, Besat­zung und alli­ier­ter Nach­kriegs­po­li­tik in kei­ner Wei­se durch­set­zungs­fä­hig gewe­sen und mün­de­te erst durch eine lan­ge Ket­te von inter­na­tio­na­len Wech­sel­wir­kun­gen schließ­lich in ihre wohl radi­kals­te mög­li­che Konsequenz.
Zurück zur faschis­ti­schen Dik­ta­tur in Ita­li­en im Jahr 1922. Auch die Ent­ste­hung des Faschis­mus in Ita­li­en ist bekannt­lich nicht ohne den Ers­ten Welt­krieg zu erklä­ren. Es war buch­stäb­lich die Ent­täu­schung über den Krieg und sei­nen Aus­gang, die in Gestalt des Faschis­mus den bür­ger­lich- adli­gen Ver­hält­nis­sen eben­so wie ihrer mar­xis­ti­schen Alter­na­ti­ve den Kampf ansag­te. Ita­li­en soll­te nach Mus­so­li­nis Vor­stel­lun­gen etwas Neu­es und Bedeu­ten­de­res wer­den, wobei sich aller­dings sei­ne Zie­le nach außen wenig von denen unter­schie­den, die bereits das bür­ger­li­che Ita­li­en ver­folgt hat­te. Obwohl er mit den Ergeb­nis­sen der Pari­ser Frie­dens­ver­trä­ge von 1919 unzu­frie­den war, blieb Mus­so­li­ni des­halb bereit, die Nach­kriegs­ord­nung im wesent­li­chen zu stüt­zen. Bei Gele­gen­heit woll­te er wohl die Ein­glie­de­rung der kroa­ti­schen Adria­küs­te nach­ho­len. Alba­ni­en, Kor­fu und eini­ge ande­re grie­chi­sche Inseln stan­den eben­falls auf der Wunsch­lis­te, sowie kolo­nia­ler Zuwachs in Afri­ka. Aber selbst alles zusam­men­ge­nom­men ergab das eher eine Zufalls­aus­wahl als eine Visi­on vom Mit­tel­meer als »Mare Nos­tro«. Hier über­traf die Insze­nie­rung des Groß­macht­an­spruchs im faschis­ti­schen Stil bei wei­tem die tat­säch­li­chen Ambi­tio­nen. Die inter­na­tio­na­len Macht­ver­hält­nis­se hät­ten sich selbst bei einer vol­len Umset­zung die­ses Pro­gramms nicht geän­dert, soweit über­haupt von einem Pro­gramm die Rede sein kann. Inso­fern stellt die faschis­ti­sche Macht­er­grei­fung im Novem­ber 1922 außen­po­li­tisch kei­nen Bruch dar. Dafür hat­te Mus­so­li­ni im Vor­feld selbst gesorgt, indem er im Früh­jahr 1922 eine aus­ge­dehn­te Rei­se durch Euro­pa unter­nahm, um sich über den Stand der außen­po­li­ti­schen Din­ge zu infor­mie­ren. Ita­li­en trat unter sei­ner Regie­rung wei­ter im Kreis der Sie­ger­mäch­te auf und pfleg­te den sei­ner­zeit herr­schen­den euro­päi­schen Kon­sens, der sich bereits in die­ser Pha­se erst­mals auf die nach 1945 viel zitier­te For­mel brin­gen ließ, es sei­en die Sowjets drau­ßen und die Deut­schen unten zu halten.

Das schloß den Ein­satz von mili­tä­ri­scher Gewalt nicht aus, etwa in alba­nisch-grie­chi­schen Grenz­fra­gen. Aller­dings blie­ben Ver­ur­tei­lun­gen durch den Völ­ker­bund aus, zum einen weil Ita­li­en als Mit­glied der ent­schei­den­den Insti­tu­ti­on sich wei­gern konn­te, sich selbst zu ver­ur­tei­len, zum ande­ren, weil die West­mäch­te Tei­le von Alba­ni­en schon dem bür­ger­li­chen Ita­li­en als Preis für den Ein­tritt in den Ers­ten Welt­krieg ver­spro­chen hat­ten, als soge­nann­tes »Man­dat«. Mus­so­li­ni woll­te die ver­spro­che­ne Kriegs­beu­te ein­trei­ben. Man kann leicht Ana­lo­gien zu dem zeit­glei­chen mili­tä­ri­schen Vor­ge­hen der West­mäch­te im Nahen Osten auf­zei­gen, die ihren dor­ti­gen Impe­ria­lis­mus eben­falls als »Man­dats­herr­schaft« bezeich­ne­ten und dafür das Völ­ker­recht bemüh­ten. Und die Beru­fung auf die­ses Recht hin­der­te etwa den eng­li­schen Flie­ger­of­fi­zier Har­ris im Irak in den zwan­zi­ger Jah­ren nicht dar­an, ers­te Erfah­rung mit Ter­ror­bom­bar­de­ments auf Zivil­be­völ­ke­run­gen zu sam­meln, die den Auf­stand gegen die kaum ver­schlei­er­te Vari­an­te der Kolo­ni­al­herr­schaft probten.
Der ita­lie­ni­sche Faschis­mus han­del­te außen­po­li­tisch also im damals übli­chen Rah­men: Abspra­che von Inter­es­sensphä­ren über die Köp­fe Drit­ter hin­weg, Inter­ven­ti­on in inne­re Ange­le­gen­hei­ten, Anne­xi­on von Land, Ein­satz von mili­tä­ri­scher Gewalt. Noch gehör­ten die­se Din­ge zum impe­ria­len All­tag, wobei sich die Unter­schie­de im Ver­gleich etwa zwi­schen Frank­reich-Eng­land einer­seits und Ita­li­en ande­rer­seits vor allem im Bereich der Kom­mu­ni­ka­ti­on aus­ma­chen las­sen. Das faschis­ti­sche Ita­li­en stell­te sich selbst betont aggres­siv, neu und dyna­misch dar und schob das mili­tä­risch­sol­da­ti­sche Selbst­ver­ständ­nis in den Vor­der­grund. Die West­mäch­te taten außen­po­li­tisch ganz Ähn­li­ches, kom­mu­ni­zier­ten es aber anders. Sie schütz­ten nach eige­ner Aus­kunft den Frie­den. Das völ­ker­recht­li­che Den­ken etwa Carl Schmitts kann nicht ohne das Erleb­nis die­ser nach dem Ers­ten Welt­krieg erleb­ten Zynis­men ver­stan­den wer­den, die er so beschrieb:
»Der Impe­ria­lis­mus führt kei­ne natio­na­len Krie­ge, die­se wer­den viel­mehr geäch­tet; er führt kei­ne unge­rech­ten, nur gerech­te Krie­ge; ja, wir wer­den sehen, daß er über­haupt nicht Krieg führt, selbst wenn er mit bewaff­ne­ten Trup­pen­mas­sen, Tanks und Pan­zer­kreu­zern das tut, was bei einem ande­ren selbst­ver­ständ­lich Krieg wäre.«
Wenn es also ein Merk­mal faschis­ti­scher Außen­po­li­tik fest­zu­hal­ten gilt, dann ist das die offe­ne und demons­tra­ti­ve Beru­fung auf das natio­na­le Inter­es­se als Motiv und auf das Recht zur Kriegs­füh­rung als Mit­tel. Bei­des wur­de von den West­mäch­ten eben­falls ange­wandt, aber anders beschrie­ben. Hier stell­te sich ein gewis­ser Gegen­satz ein, der aber lan­ge Zeit kaum Aus­wir­kun­gen hat­te und letzt­lich kei­ne ent­schei­den­den. Ob Ita­li­en 1940 auf sei­ten der Alli­ier­ten oder auf sei­ten Deutsch­lands in den Krieg ein­tre­ten wür­de, hing ganz und gar vom Aus­gang der deut­schen West­of­fen­si­ve ab. Mus­so­li­ni rech­ne­te mit der deut­schen Nie­der­la­ge und berei­te­te sich auf den Kriegs­ein­tritt gegen Deutsch­land vor. Er ver­riet sicher­heits­hal­ber an Frank­reich, was er von den deut­schen Offen­siv­plä­nen in Rich­tung Bel­gi­en wuß­te und leg­te Befes­ti­gun­gen an der deut­schen Gren­ze an. Er selbst pfleg­te sein Vor­ge­hen mit dem von Renais­sance­fürs­ten zu ver­glei­chen und deren »hei­li­gem Ego­is­mus«. Schließ­lich hat­te er 1940 den fal­schen Instinkt. Das klingt banal, ist aber tref­fend. Der ita­lie­ni­sche Faschis­mus durch­drang weder den Staat noch des­sen Mili­tär und auch nicht sei­ne Außenpolitik.

Schau­en wir in Rich­tung Deutsch­land. Auch der Natio­nal­so­zia­lis­mus erklär­te dezi­diert, eine »natio­na­le Erhe­bung« zu sein, als er 1933 an die Macht kam. Er pro­kla­mier­te zu die­sem Zweck End­zie­le wie die Ver­ei­ni­gung mit Öster­reich und »Böh­men und Mäh­ren«, die er mit­tels einer Mischung aus eth­ni­schen, wirt­schaft­lich-stra­te­gi­schen und his­to­ri­schen Argu­men­ten begrün­de­te und die ins­ge­samt geeig­net waren, einen zen­tra­lis­ti­schen Macht­und Natio­nal­staat zu schaf­fen, wie er in der deut­schen Geschich­te ohne Bei­spiel war. Zugleich stell­te er eine abso­lu­te Neue­rung der inner­eu­ro­päi­schen Ver­hält­nis­se dar, wie sie Ita­li­en nie­mals ver­ur­sa­chen konn­te. Er traf dem­entspre­chend auf stär­ke­ren Wider­stand, der sich schließ­lich bis zur Absicht der grund­sätz­li­chen Ver­nich­tung die­ser poli­ti­schen Opti­on einer groß­deut­schen Eini­gung durch die Kriegs­geg­ner stei­ger­te. Aus der Per­spek­ti­ve des Jah­res 1933 han­del­te es sich um eine Uto­pie, die 1938/39 ver­wirk­licht wer­den konn­te – zur all­ge­mei­nen und auch zur eige­nen Über­ra­schung, wie gegen­über allen Ver­su­chen betont wer­den muß, die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Außen­po­li­tik als Aus­druck eines fest­ste­hen­den Pro­gramms oder Stu­fen­plans zur Welt­erobe­rung zu deuten.
Die Bezie­hun­gen zu Ita­li­en waren dabei – wie erwähnt – kei­nes­wegs son­der­lich freund­lich. Hit­ler traf pha­sen­wei­se eben­falls akti­ve Maß­nah­men, um Ita­li­en zu schä­di­gen. So ist es eine fast ver­ges­se­ne Epi­so­de, daß das Deut­sche Reich der ein­zi­ge Staat gewe­sen ist, der Äthio­pi­en in den Jah­ren 1935/36 mit Hil­fe von Waf­fen­lie­fe­run­gen gegen das faschis­ti­sche Ita­li­en mili­tä­risch unter­stützt hat. Von einer zwangs­läu­fig gege­be­nen Affi­ni­tät bei­der faschis­ti­scher Staa­ten zuein­an­der kann nicht aus­ge­gan­gen werden.
Der Natio­nal­so­zia­lis­mus blick­te nach Eng­land als Bünd­nis­part­ner. Ein Ver­trag mit Eng­land nun, wie er von deut­scher Sei­te ange­strebt und bis an die Schwel­le des Kriegs­aus­bruchs von 1939 ange­bo­ten wur­de (zuletzt am 25. August 1939 im Gespräch Hit­ler-Hen­der­son), soll­te und muß­te in der Regie­rungs­zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus von eng­li­scher Sei­te die Aner­ken­nung des Regimes ent­hal­ten und zwar über for­ma­le Ver­trags­ab­ma­chun­gen hin­aus die Aner­ken­nung des Regimes in sei­nen spe­zi­el­len Erschei­nungs­for­men. Dies stell­te eine Her­aus­for­de­rung dar, die nicht bewäl­tigt wur­de. Dabei hat­te der inne­r­eng­li­sche Streit um das Ver­hält­nis zum natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Staat sowohl macht­po­li­ti­sche als auch ideo­lo­gi­sche und klas­sen­spe­zi­fi­sche Ursa­chen. Der kom­men­de Kon­flikt trug also auch Züge eines euro­päi­schen Bürgerkriegs.
Die Fra­ge nach einem spe­zi­fi­schen Typus faschis­ti­scher Außen­po­li­tik ist zuletzt im wesent­li­chen nega­tiv zu beant­wor­ten. Die Außen­po­li­tik der faschis­ti­schen Staa­ten folg­te im Rah­men der selbst vor­ge­ge­be­nen natio­nal-uto­pi­schen Zie­le weit­ge­hend den jewei­li­gen Not­wen­dig­kei­ten der eige­nen Lage und den Gepflo­gen­hei­ten des dama­li­gen Zeit­al­ters, das auch in den demo­kra­ti­schen Staa­ten noch weni­ge Kon­troll­me­cha­nis­men kann­te, die will­kür­li­che Ent­schei­dun­gen über ande­re Län­der bis hin zu Kriegs­füh­rung ver­hin­dern konn­ten. Eine natür­li­che Koali­ti­on zwi­schen den faschis­ti­schen Staa­ten bestand nicht und eben­so kein zwangs­läu­fi­ger Gegen­satz zu den West­mäch­ten, ja nicht ein­mal ein zwangs­läu­fi­ger Gegen­satz zur Sowjet­uni­on, wie die deut­sche Poli­tik in den Jah­ren 1939/40 zeig­te. Die Anwen­dung der ein­gangs genann­ten Begrif­fe wie Mili­ta­ris­mus auf die faschis­ti­sche Außen­po­li­tik ist daher eher in bezug auf deren Selbst­dar­stel­lung mög­lich als in bezug auf ihre außen­po­li­ti­sche Praxis.

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