1910 rief die Kommunistin Clara Zetkin diesen Gedenktag aus:
Im Einvernehmen mit den klassenbewußten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient.
Das Wahlrecht jedenfalls hätten wir, und noch viel mehr, wovon die roten Schwestern damals bloß träumen konnten; Mutterschutz und kostenfreie Abtreibung, Frauenquoten und das Allgemeine Gleichstellungsgesetz. Keiner würde heute wagen, mit annähernden Worten Einspruch anzuheben, wie es seinerzeit ein KPD-Delegierter tat:
Ich bin nicht dafür, daß in unserer Partei Extrawürste gebraten werden, am wenigsten für das weibliche Geschlecht, daß ja geneigt ist, gleich die ganze Hand zu nehmen, wenn man ihnen den kleinen Finger bietet.
Eins ist klar: Den Frauentag würdig, weihevoll, zünftig oder wie auch immer zu begehen, erscheint bereits deshalb sinnvoll & geboten, weil er unter Adolf Hitler eben nicht gefeiert wurde. Seltsames Zeichen eigentlich, daß Sozialistinnen anno 1933 aus Protest dagegen ausgerechnet ihre Federbetten (Beiklang: Hausarbeit/Schlafen/Erotik) mit freigelegtem roten Inlett aus dem Fenster hängten. Helfen tats eh’ nicht. Zur Hochform lief der Tag erst später wieder auf, da präsentierte er sich jährlich unter einem neuen Motto. Mal war er dem lesbischen Coming out (1974) gewidmet, mal der Erleichterung von Abtreibungen (1986) – von da an übrigens wurde er nicht nur von Sozialistinnen und Kommunistinnen gefeiert, sondern ebenfalls unter Mitwirkung der CDU. Der Frauentag reiht sich unter den spätwinterlichen Gedenktagen ein zwischen dem Welt-Lepra-Tag und dem Welttag der Hauswirtschaft. Dabei wird deutlich, daß für welttagswürdig sowie Ehrenwertes als auch Hochproblematisches gelten kann.
Gut, feiern wir ihn halt. In unserem Landstrich kommen wir ohnehin nicht drumherum. Die Kleinen bringen allerliebste Blumenbasteleien aus dem Kindergarten mit und haben ein Lied mit zauberhaftem Ostfrauen-Charme einstudiert. Frauen (die hier übrigens, falls sie Kinder haben, unter der offiziellen Bezeichnung „Mutti” geführt werden), begreifen diesen großen Feiertag aus DDR-Beständen keinesfalls als Frauenkampftag, wie es ihre westdeutschen Gewerkschafts- und Politschwestern tun. Im Rahmen des Sozialismus mußte schließlich nichts mehr erkämpft werden! Drum feiert frau vor Ort frohgemut und launig. Etwa im benachbarten Weißenfels, wo Rene, Mike und Kumpels als Amadeus Men Strip Show ihr Stelldichein geben. Vielversprechend heißt es (wörtlich): „Schon bei dem betreten in Ihrem Club werden die Frauen von den durchtrainierten und charmanten Dream Men’s mit Rosen und einem Glas Sekt verwöhnt.” Hernach wird man „der Damen Welt einheizen”. Versprochen wird, „so manche Dame in ihrer Fantasie beginnen zuträumen” zu lassen. Also, letz fetz!
Ein Anliegen von Heidemarie Wieczorek-Zeul gilt es noch weiterzuleiten: Männer, kauft bitte nur fairtrade-Rosen, ja?