in dem er eine Renaissance der Ost-Pädagogik beklagt. Schon mache die Rede von einer „Ossifizierung“ der Schule die Runde. Posener hörts mit Grausen und sieht einen „Kulturkampf“ an Berliner Schulen aufziehen. Die knallharten, „ur-konservativen“ DDR-Lehrer, die nun in Westschulen drängen, nennen sich laut Posener stolz „gelernte Ostler“, gäben sich autoritär, arbeiteten mit unmenschlichen Methoden der fünfziger Jahre und ließen auf das „Nivo“ (sic! Weil DDRler natürlich eine abartige Aussprache französischer Fremdwörter pflegen) der DDR-Schule angeblich nichts kommen. Merkwürdige Vorstellungen von Unterricht und bezüglich des Menschenbildes herrschten in diesen Ostlehrerköpfen vor. Unterm Strich: ein großes Pfui!
Als da wären: daß der Lehrer als Respektsperson anzusehen sei, daß Ordnung gut und asoziales Verhalten schlecht sei. Der Ostlehrer in Poseners Welt ist einer, der „Ali und Fatima“ natürlich nicht mag und „Mehmet“ vor der ganzen Klasse zur Rede stellt, nur, weil der sich so eine „vorpubertäre“ Blödelei geleistet hat. Daß Sachsen und Thüringen bei PISA hervorragend abgeschnitten haben, ist laut Posener nur ein Zeichen, daß die üble Paukpädagogik des Ostens sich heute durchsetze.
Diese Ost-Form der schwarzen Pädagogik sieht Posener schon in der Grundschule Einzug halten. Jüngere Ostler seien noch formbar, bei älteren Lehrern herrsche das kollektivistische „Wir“ anstelle des „bürgerlichen Individuums Schüler“ vor. Schaudernd äfft Posener: „Wir haben unseren Stift vor uns. Wir heben ihn auf. Wir setzen an. Wir schreiben….“
Das seien die gleichen Lehrertypen, die sich später weigerten, Schüler vom Unterricht “freizustellen für die Arbeit als Konfliktlotsen“. Unmenschen halt, Betonköpfe.
Der Leser staunt. Das sind also die Mißstände an Berliner Schulen! Hier liegen die argen Probleme! Ausgrenzende Lehrer, die die Schülerhände artig “nach oben schießen” lassen, wie konnte darüber bislang geschwiegen werden!
Teilweise hat Posener ja recht. Daß die reine Paukschule wieder Einzug hält (Stichwort: G 8) stimmt und ist beklagenswert. Und: es gibt wirklich ganz furchtbare Lehrer, die zu DDR-Zeiten ihren Beruf lernten. Vielleicht anteilsmäßig etwa so viele wie westsozialisierte Pädagogen, denen der Kopf mit antiautoritären, zwangspartizipativen u.ä. Methoden das Hirn vernebelt wurde. An wie viele wirklich gute Lehrer erinnern wir uns aus der eigenen Schulzeit? Sind es mehr als zwei, drei?
Pikant an Poseners Klage über eine Rückkehr der DDR-Pädagogik ist verschiedenes: Zum einen, daß derselbe Posener noch sechs Wochen vorher auf dem von Michel Friedman mitinitiierten und- betriebenen Kollektiv-Blog starke-meinungen.de (auf das Posener auswichen war, nachdem die Kollegen von der Achse des Guten ihn sehr unfreundlich verabschiedet hatten) jene „jammernden“ Eltern gescholten hatte, die den schulischen Leistungsdruck auf ihre Kinder beklagten. Er selbst, Ex-Maoist und einstiger KPD-Kader und in dieser Zeit selbst als Lehrer tätig, hatte seine Tochter auf einer Privatschule unterrichten lassen, wo sie „mit einer Reihe von Lehrern und Lehrerinnen” zusammenkam, die Posener von seiner „kommunistischen Zeit her kannte“ und die an „städtischen Schulen Berufsverbot“ hatten. Altkommunisten aus dem Westen als Pädagogen: fein; „gelernte Ostler“: bäh? Was für ein Durcheinander an Befindlichkeiten, versammelt in einer Person!
Auf den Welt-online-Artikel hagelte es übrigens kritische Kommentare, die nun allesamt gelöscht sind. War der zuständige Redakteur wohl Ossi oder Wessi?
Karl Eduard
Etwas auswendig zu lernen, zum Beispiel, wie man rechnet oder schreibt, statt darüber zu diskutieren, wie sozial ungerecht es ist, daß einige Menschen Analphabeten sind, ist natürlich furchtbar. Das verkrüppelt die Kinderseelen.