wie er endlich jene Bücher schreiben könnte, die er seit Jahren „im Kopf“ hat, ohne aber die Zeit dafür zu finden. Mein Vorschlag: „Laß uns doch mal versuchsweise auf Hartz IV machen, es zahlt sich wirklich aus! Wir erziehen unsere Kinder nach besten Kräften, sind fleißig am und im Haus, sind gesellschaftlich engagiert. Warum nicht mal ein Hartz IV-Sabbatical zur kreativen Regeneration? Wär´s nicht wohlverdient nach all den Jahren mit 70-Stunden-Wochen? “
Ich habe einen der gängigen „Hartz IV- Rechner“ im Netz bemüht und zusätzlich einige weitere Kosten von uns zusammengetragen, die im Falle eines „arbeitlosen Verdienstes“ für uns entfallen würden. So, denke ich, müßte es gehen:
Für mich selbst wäre die Meldung als „arbeitssuchend“ definitiv profitabel. Hierzulande, im Osten der Republik, gilt die Angabe „Hausfrau“ ohnehin als versponnenes Exotentum. Auf Ämtern wird dann stets nachgehakt: „also: arbeitssuchend?“. Mit der Menge Kindern, ohne PKW und nennenswerten öffentlichen Nahverkehr in strukturschwachem Raum würde eine akzeptable, sprich: zumutbare Arbeitsstelle für mich schon an ein Wunder grenzen.
Kubitschek, einen Mann, der zwar über ein abgeschlossenes Hochschulstudium, aber keine Berufsausbildung verfügt, könnte man zwar irgendwann zu einer Umschulung vergattern, zunächst aber könnte er sich der kreativen Entspannung widmen.
Unser etwas zu groß dimensioniertes Eigenheim dürfte dem Sozialhilfeanspruch nicht im Wege stehen. Unserer achtköpfigen Familie stünde richtliniengemäß eine 140 qm große Wohnung zu – da fährt das Amt bei Übernahme unserer jetzigen Heiz- und Wohnnebenkosten deutlich billiger. Inklusive eines gewissen Mehraufwands (bspw. durch ein stark sehbehindertes Kind im Haushalt) und abzüglich des Kindergeldes bekämen wir 1743.95 € vom Amt. Ohne die zur Debatte stehende Erhöhung!
Das ist nicht wenig, aber längst nicht alles. Unsere Krankenversicherung (Kubitschek 235 €, ich 140 € im Monat) wären ebenfalls nicht mehr von uns zu tragen, gleiches gilt für den Kindergarten (100 €) und die GEZ-Gebühren (18 €). Wir wären demnach bei weiteren 400 Euro, die wir uns sparen könnten. Zu je einem kleinen Zeitungsartikel und einer Buchrezension monatlich müßten wir beide uns nicht wirklich aufraffen, das würde uns locker aus der Feder fließen: 200 weitere Euro, die wir ohne Anrechnung zum Staatsgeld hinzuverdienen würden.
In diesem Jahr kamen allerhand „Sonderausgaben“ für schulische Belange hinzu, die dann ebenfalls statt aus unserer Haushalts – aus der öffentlichen Kasse geflossen wären. Allein eine der Töchter hat bereits zwei Klassenfahrten (Ende der 4., Anfang der 5. Klasse, summa summarum 310 Euro) hinter sich, die Acht- und die Neuntkläßlerin fahren noch diesen Herbst. Daß „Schulausstattung“ wie Ranzen, Hefte etc. nicht vom Amt übernommen wird, ist mir bekannt, bei den Kosten der Lehrbücher bin ich unsicher. Wir haben (gegen Gebühren, die für Hartz IVler wiederum um ein Drittel reduziert sind) alles geliehen, was leihbar war, ein großer Teil mußte erworben werden, darum sind wir dafür im August um rund 300 € erleichtert worden.
Und, klar: Unsere älteste Tochter würde das Schulgeld bezahlt bekommen! Ob das der Staat oder außerstaatliche Stellen übernehmen, ist mir nicht klar (es wäre auch egal), das gleiche gilt für die Musikschulgebühren. Auch hier weiß ich nur, das ALG II-Empfänger eine Kostenbefreiung beantragen dürfen. Hier könnten wir (die Kosten sind bereits familienfreundlich gestaffelt) für ein Kind 384 €, fürs zweite 261 €, für´s dritte, vierte und fünfte je 174 € sparen, grob überschlagen wären das noch mal 1100 Euro im Jahr.
So geht´s munter weiter: Im Frühjahr ist meine Waschmaschine (wie immer einen Monat nach Ablauf der Garantie) kaputtgegangen, ich wasche nun mit der sogenannten Single-Maschine eines verstorbenen Onkels. Als Hartz IV-Familie wäre uns von kommunaler Seite ein ordentliches Gerät in adäquater Größe spendiert worden. In den schönen Halleschen Zoo, den die Kinder sehr lieben, der aber mit 31 Euro für die ganze Familie (Familientarif!) zu Buche schlägt, kämen wir dann für 8 Euro.
Weitere „Hartz IV-Häppchen“ habe ich auf die Schnelle nicht recherchiert. Ich vermute auch, daß wir diverse Fahrtkosten oder obligatorischen Versicherungsbeiträge wie Gebäudeversicherung (die ich bei meinen Nebenkosten aussparte), Haftpflicht etc. auf den Staat „umlegen“ könnte. Die teuren Brillen für die sehbehinderte Tochter bestimmt! Die Praxisgebühr!
Fraglos ist: Es läppert sich! Es lohnt sich! Jürgen Trittin sprach heute früh angesichts der geplanten minimalen Steigerung bei den Hartz IV-Sätzen von „sozialer Kälte vom Schlimmsten“, Manuela Schwesig sprach von einem „Kuhhandel zu Lasten der Schwachen“. Und mein Mann, das Arbeitstier: schüttelt beharrliche den sturen Kopf. Warum? Er nennt diese Überlegungen „einen Zynismus, vor dem man sich fast ekeln könnte.“
Quatsch. Das hab ich jetzt verwechselt. Das sagte wieder Jürgen Trittin zur geplanten Sozialreform, in der ja nun der Bedarf für Tabakprodukte herausgerechnet werden soll. „Menschenwürde“ (A. Buntenbach), hallo?
Sugus
"So geht´s munter weiter: Im Frühjahr ist meine Waschmaschine (wie immer einen Monat nach Ablauf der Garantie) kaputtgegangen, ich wasche nun mit der sogenannten Single-Maschine eines verstorbenen Onkels. Als Hartz IV-Familie wäre uns von kommunaler Seite ein ordentliches Gerät in adäquater Größe spendiert worden."
Definitiv falsch - das ist im HartzIV-Satz enthalten, muss man halt ansparen.