recht weiß, wie ich das beschreiben soll: die Müdigkeit des Jahres, das Aufgeben der Natur, das sich Dreinschicken in ein Unvermeidliches, ja sogar unter den Enten eine sanfte Schicksalsergebenheit – kein flatternder Widerstand mehr, wenn man wieder eine holen kommt.
Und in jedem Jahr kommt mir um diese Zeit dann das schreckliche Gedicht “De profundis” von Georg Trakl in den Sinn, das ich nicht ganz sprechen kann, aber dessen vier erste Zeilen den allerletzten Versuch eines Widerstands gegen das Erlöschen beschreiben, das im Garten ebenso unvermeidlich ist wie im Mitteilungsdrang sensiblerer Gemüter.
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.
Wie traurig dieser Abend.
Es ist die Ebene unter den Bildern, die das Grauen lehrt. Die Deutung Zeile für Zeile:
1. Es hebt jemand zu sprechen an, aber gleich das erste Bild mißlingt ihm, der Binnenreim “Stoppelfeld” und “Regen fällt” ist schmutzig, und “schwarzer Regen”, wo wäre der zu finden oder: wozu wäre er noch nutze, wo er doch in ein abgeerntetes Feld fällt?
2. Ein “brauner Baum”, den kennen wir, das fügt sich, das gelang. Aber er steht “einsam da”. Mehr Gelingendes soll nicht sein.
3. Nun wird gezischelt, undeutliches Sprechen, keine klaren Worte mehr, und das Ganze um “leere Hütten” herum, Worthülsen?
4. Der Versuch, etwas zu sagen, ist mißlungen. “Wie traurig dieser Abend”.
Im Fortgang sammelt die “Waise” noch “spärliche Ähren” ein, das könnte letzter Sinn sein, letzte sinnvolle Worte, letztes Ährengold neben dem Blech, das wir alle Tage vernehmen müssen. Diese Deutung des Gedichts: Das ist die Lesart auf der Ebene, auf der Trakl über das Dichten und das Sprechen selbst schreibt – und wer weiß, wie Trakl lebte und verendete, der wird in “De profundis” den späten Oktober in Trakls Leben wahrnehmen. Hier das ganze Gedicht:
De profundis
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.
Wie traurig dieser Abend.Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.