Englische Babies namens Mohammed

Nimmt man sie noch wahr, die täglichen Zeichen an der Wand, erschrecken sie, rütteln sie auf, wird man wütend, unruhig, rebellisch...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

oder doch eher müde, mut­los und apa­thisch? Oder blin­zelt man ein­fach nur kurz, zieht ein dum­mes Gesicht und geht dar­an vor­über? Spie­gel Online mel­det, daß “Moham­med”, rech­net man die diver­sen Schreib­va­ri­an­ten zusam­men, inzwi­schen der häu­figs­te männ­li­che Vor­na­me in Eng­land ist.

Die frap­pie­rend rasan­te demo­gra­phi­sche Ent­wick­lung, die sich dar­an able­sen läßt, muß man kaum noch kom­men­tie­ren. Ist es wirk­lich schon so spät gewor­den auf Albi­ons grü­nen Hügeln? Die­se Nach­richt stimmt mich tief­trau­rig.  Ich habe Eng­land und das Eng­li­sche geliebt, seit ich den­ken kann.  Es ist und bleibt mir unfaß­bar, wie eine der­art gro­ße und stol­ze Nati­on sich selbst so auf­ge­ben und abwra­cken konn­te. Tja, Rudyard Kipling, das hät­test Du Dir nicht träu­men las­sen! Von wegen:

Grea­ter the deed, grea­ter the need
Light­ly to laugh it away,
Shall be the mark of the Eng­lish breed
Until the Judgment Day!

Die Mel­dung selbst ist das eine Mene­te­kel. Das ande­re ist etwas weni­ger dra­ma­tisch, etwas lächer­li­cher, etwas läp­pi­scher, etwas all­täg­li­cher,  nichts­des­to­trotz eines jener klei­nen vie­len täg­li­chen Zei­chen, die sich beängs­ti­gend sum­mie­ren. Es ist die Art der Bericht­erstat­tung selbst. Der anony­me Spie­gel-Schrei­ber­ling hat sei­nen Text näm­lich beti­telt: “Eng­län­der nen­nen ihre Jungs am liebs­ten Moham­med”. Got it?

Und wei­ter im Text:

7549 Neu­ge­bo­re­ne erhiel­ten im Jahr 2009 eine der Ver­sio­nen des aus dem Ara­bi­schen stam­men­den Vor­na­men; 7364 Mal ent­schie­den sich die Eltern für den Namen Oliver.

Got it again? Als Illus­tra­ti­on gibt es ein süßes Baby-Foto mit der Bild­un­ter­schrift: “Was wohl dabei her­aus­kä­me, wenn sie sich ihre Namen selbst aus­su­chen könn­ten?” Hihi, ist das nicht drol­lig? Ja was denn wohl?  Und “Moham­med” in Eng­land, nee, was für eine skur­ri­le Mode *lol*! Die spin­nen wohl, die Bri­ten, kicher­ki­cher, schmun­zel, schul­ter­zuck, umblät­ter, weiterklick.

Man könn­te soviel aus­ge­stell­te win­del­ro­sa­far­be­ne Nai­vi­tät und unfrei­wil­li­ge Sati­re nun lus­tig fin­den, und wie­der mal über “die Prak­ti­ka­tin” lachen, die der­glei­chen nicht zum ers­ten Mal ver­zapft hat. Daß ein ein­zi­ger die­ser von offen­sicht­lich Min­der­be­mit­tel­ten und Unbe­darf­ten ver­faß­ten Arti­kel­chen eine x‑mal zig­fa­che Reich­wei­te von allem hat, was auf Sezes­si­on im Netz jemals ver­öf­fent­licht wur­de, könn­te man auch noch mit einem gewis­sen Gal­gen­hu­mor ertragen.

Aber: es ist immer noch der Spie­gel, also Deutsch­lands füh­ren­des und welt­weit bekann­tes­tes Nach­rich­ten­ma­ga­zin, in dem der­glei­chen schä­fisch vor sich hin­lä­cheln­de “Da ist nichts, wei­ter­ge­hen, Leute”-Betrachtungen  erschei­nen. Inso­fern haben wir es hier nicht mit einer Rand­er­schei­nung zu tun, son­dern mit dem deut­li­chen Sym­ptom einer all­ge­mein ver­brei­te­ten Krankheit.

Einem Sym­ptom nicht nur für die gründ­li­che Ver­trot­te­lung und phos­phor­bom­ben­ar­ti­ge Ver­wüs­tung, die die Poli­ti­cal Cor­rect­ness in den Hir­nen ange­rich­tet hat – son­dern auch für die hoch­gra­dig infan­ti­le Drei-Affen-Stra­te­gie , die kind­lich-komi­sche Metho­de der auto­hyp­no­ti­schen Selbst- und Fremd­be­lü­gung, die regres­si­ve, kri­mi­nell ver­ant­wor­tungs­lo­se Unehr­lich­keit und Feig­heit, die in Deutsch­land inzwi­schen schon die obers­ten Spit­zen des Staa­tes durch­tränkt hat.

Man kann nur hof­fen, daß ein der­art plum­pes Für­dumm­ver­kau­fen des Lesers eher den gegen­tei­li­gen Effekt hat: das for­cier­te Kicher­ki­cher-Lächel­lä­chel klingt dann all­zu ver­däch­tig wie das Pfei­fen im fins­tern Wal­de, mit dem sich die ver­irr­ten Kin­der die Angst zu ver­trei­ben suchen.

Als Post­scrip­tum gesagt, und um die unzäh­li­gen klei­nen Punk­te noch ein Stück­chen mehr zu ver­bin­den: mei­ner Mei­nung nach kann man die der­zeit gras­sie­ren­de, ganz offen­sicht­lich aus Angst gebo­re­ne Regres­si­ons­lust der Gesell­schaft auch an den unsäg­li­chen, der­zeit ubi­qui­tä­ren Wer­be­spots der ERGO-Ver­si­che­rungs­grup­pe able­sen: hier und hier etwa.

 

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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