(die angeblich immensen Abiturientenzahlen unter Migrantenkindern, die Naika Fouroutan jüngst vor Millionenpublikum nannte und die schnell geradegestellt wurden, sind ein schönes Beispiel).
Man kann b) sich der „Klartext“-Sprache bedienen (Seehofer et al.) und dabei suggerieren, man arbeite schon seit Jahren an der Behebung der Problemlagen und man kann c) Zahlen und Täter verschleiern. Richtlinie 12.1. des deutschen Presserats sieht vor, daß in Medien die ethnische Zugehörigkeit des mutmaßlichen oder tatsächlichen Täters nicht erwähnt werden soll, auch die meisten Kripo-Stellen – und damit die veröffentlichten Kriminalitätsstatistiken verzichten auf eine Erfassung nach Migrationshintergrund.
Mit Strategie d) wiederum werden Nebelkerzen in öffentlichen Diskussionen gezündet. Ein Beispiel: Gestern hörte ich zum wiederholten Mal das Gerücht – öffentlich vorgetragen– , daß ausgerechnet Offenbach ein Musterbeispiel an Integration abbilde. Offenbach hat einen Ausländeranteil von 30%, in Innenstadtbezirken und unter der jugendlichen Bevölkerung ist er wesentlich höher. Menschen mit Migrationshintergrund sind dabei nicht berücksichtigt. Herkunftsdeutsche dürften demnach maximal die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Bereits im September hatte der Freiburger Historiker Ulrich Herbert im Interview mit dem Deutschlandradio Offenbach als Beispiel angeführt, daß hier wohl einiges richtig gemacht werde:
…es fällt ja auf, daß die Riesenprobleme, die man in Berlin, in Neukölln betrachten kann, in der Stadt mit den meisten Ausländern in Deutschland, das ist glaube ich Offenbach, nicht so stark auftreten, da scheint es also große Unterschiede zu geben, das verweist auf politische Unterschiede.
Inwiefern und auf Grund welcher Daten Prof. Herbert Offenbach positiv aufgefallen ist, verschweigt er.
Gestern sprachen, ebenfalls im Deutschlandradio, der Moderator und die Offenbacher Bürgermeisterin Birgit Simon einigermaßen begeistert über die „Integrationsmaschine Offenbach“.
Scholl: Nun scheint es in Offenbach aber doch anders und besser zu laufen als in anderen Städten. Sie, Frau Simon, haben Offenbach, Ihre Stadt, mal eine Integrationsmaschine genannt. Was meinen Sie damit, dass es in Offenbach besonders gut klappt?
Simon: Nein, das heißt … auch, ja, kann ich schon antworten, nein, weil es ein Verständnis darüber gibt, dass Integration laufen muss, dass es einen Motor geben muss, deswegen Integrationsmaschine, die immer schön am Laufen bleibt, und dass viel Kraft dafür und Energie aufzuwenden ist, weil sonst läuft eine Maschine natürlich auch nicht. Und was die Stadt macht, ist, dass sie Kraft und Energie aufbringt, auch Geld einsetzt, aber auch gute Ideen hat, und die Bürgerschaft in der Stadt dies, finde ich, gut verstanden hat und selbst anpackt.
Scholl: Erzählen Sie mal ein bisschen von diesen Ideen, was läuft denn demnach in Offenbach richtig oder besser als in anderen Städten?
Simon: Na, dass man einmal ein Verständnis hat oder ich auf jeden Fall ein Verständnis habe und die Stadtregierung hier, dass es auch einen großen Sinn macht, die Migranten selbst zu Akteuren von Integrationsleistungen zu gewinnen, das heißt, ihnen nicht nur Anforderungen zu stellen und ihnen zu sagen, wie sie sich integrieren können, sondern sie auch einzubeziehen und zu sagen, macht ihr das Angebot vor Ort, wir helfen euch und unterstützen euch. Es gibt ein Förderprogramm für bestimmte Integrationsleistungen, die könnt ihr auch mal in der Moschee machen oder im Kulturverein, wenn es um das Thema Eingliederung von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt geht. Und diese Möglichkeiten, die werden schon in Anspruch genommen. Oder dass Einwanderer jetzt nicht erst lange die Migrationsberatungsstelle mal aufsuchen müssen, obwohl das ja nicht so viele sind, sondern dass Einwanderer gefragt werden in der Ausländerbehörde, können wir Ihren Namen gleich weitergeben zum Migrationsberater, damit das schneller geht, dass es nicht so viel Herumirren gibt, sondern man möglichst früh anfängt. Und ich glaube, dass das einen guten Sinn macht.
Argumente, Belege fürs Funktionieren der “Integrationsmaschine”: niente! Im Kopf von ein paar zehntausend Hörern wird aber hängenbleiben: Multikulti kann also klappen, da in Offenbach nämlich, wo alle irgendwie an einem Strang ziehen.
Auf ihrer Netzseite schreibt die Grünen-Politikerin übrigens in vielleicht nicht zufällig extravaganter Rechtschreibung:
“Dass deutschland ein Einwanderungsland ist, spricht sich mittlerweile selbst in konservativen Kreisen herum.”
Ich hingegen kann das hübsch-bunte Bild aus eigenem, subjektiven Erleben nicht bestätigen. Von unguten Konfrontationen mit Offenbacher Migrationsklientel könnte ich ein Lied (mit zahllosen Strophen) singen, ich kenne auch aus eigener Erfahrung die einschlägige Vertuschungsarbeit, die von Lehrern und Sozialarbeitern geleistet wird, wenn mal wieder einem ausländischen Schüler oder sonstigen Klienten „die Zukunft nicht verbaut“ werden soll. Ich erinnere mich noch „gut“ an zahlreiche Freunde die grundsätzlich und aufgrund ein“schlägiger“ Erfahrungen nie die Offenbacher Innenstadt besuchten. Meine Eltern und viele ihrer Bekannter meiden auch heute die Stadt und haben sich ihre Geschäfte und Ärzte im Umkreis gesucht. Gut, dies alles ist ähnlich subjektiv und schwer belegbar wie die Rede von der „Integrationsmaschine Offenbach.“
Belegt sind allerdings folgende Zahlen, die nicht ganz einfach zu finden waren – siehe oben, Strategie c). Ich vermute Transparenz könnte in manchen Punkten den Integrationsmotor schwer ins Stottern bringen.
Von 7000 Arbeitslosen in Offenbach (Quote: 13%) sind 3200 Ausländer. Gar 50% der „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“ (sprich: Hartz IVler und Vergleichbare) sind Ausländer. Eingedeutschte mit Migrationshintergrund sind dabei nicht miterfaßt!
Eine Kriminalitätsstatistik will die Statistikstelle der Stadt Offenbach „in Kürze“ präsentieren, man darf gespannt sein, ob dort nur nach Straftatbeständen oder auch nach ethnischer Zugehörigkeit differenziert wird. Durchgesickert ist immerhin, daß von 16 Mehrfach- und Intensivtätern in Offenbach 15 einen Migrationshintergrund haben.
Ach ja, „durchsickern“ tut so vieles! Um die ethnische Zuschreibung „Sinti und Roma“ bzw. Zigeuner zu umgehen (die in OF durchaus nicht in Lagern, sondern in Prachtvillen leben), griff die regionale Tageszeitung Offenbach-Post häufiger zur Formulierung „mobile ethnische Minderheit“. Vor einiger Zeit ging es um das Treiben einer mutmaßlichen Betrügergruppe, und man schrieb von „Damen mit Vorliebe für bunte Kleider.“ Die öffentliche Rüge des Presserates folgte auf den Fuß. Nach dessen Auffassung hat der Autor Vorurteile gegen eine Minderheit geschürt.
Manchmal eben rattert die „Integrationsmaschine Offenbach“ ein wenig schwergängig. Häufig anscheinend, weil die „Willkommenskultur“ nicht laut genug dröhnte. Aber man kann ja einfach mal laut sagen: „Hier läuft alles prima.“
Offenbacher
Interessant ist sicherlich auch die Situation an den Schulen. Ein großer Teil des Haushalts wurde in den letzten Jahren in die weiterführenden Schulen, insbesondere in die Gymnasien gesteckt. Eine private Grundschule soll das seit letztem Jahr ergänzen.
Unter der Hand ist es bekannt, dass diese Investition der verzweifelte Versuch sind, steuerzahlende Eltern im Offenbacher Stadtgebiet zu halten, wobei selbst Schulen wie das Leibnizgymnasium, das sich gerne einen humanistisch-traditionellen Anstrich gibt, in den unteren Klassenstufen höchst kosmopolitische Mischungen aufweisen, die zu allseitsbekannten Herausforderungen führen...
Das einzig gute an Offenbach sind seine schönen Randgebiete wie Rumpenheim, Waldheim und das Buchraingebiet.
Trotzdem kenne ich nur wenige, die nach dem Abitur dauerhaft in OF bleiben wollen...