André Lichtschlag: “Feindbild Muslim” – eine Rezension

pdf der Druckfassung aus Sezession 38 / Oktober 2010

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

André F. Licht­schlag: Feind­bild Mus­lim. Schau­plät­ze ver­fehl­ter Ein­wan­de­rungs- und Sozi­al­po­li­tik Manu­scrip­tum: Wal­trop 2010. 64 S., 7.80 €.

Der Her­aus­ge­ber des liber­tä­ren Maga­zins eigen­tüm­lich frei, André Licht­schlag, berei­chert seit Jah­ren die Debat­te durch Argu­men­te, deren Nähr­bo­den eine »anarcho-kapi­ta­lis­ti­sche« Lebens­ein­stel­lung ist:

Hül­fe ein jeder sich selbst und wäre der Staat abge­schafft, stün­de es bes­ser um den flei­ßi­gen, begab­ten Anteil der Mensch­heit. Sozi­al­schma­rot­zer kämen nicht mehr auf die Idee, Hartz-IV-Dynas­tien aus­zu­bil­den, Leis­tung lohn­te sich wie­der und gut aus­ge­bil­de­te Kin­der wären die bes­te Altersvorsorge.

Inspi­rie­rend an der­lei Ansät­zen (deren Unstim­mig­keit im Detail hier nicht auf­ge­zeigt wer­den kann) ist, daß sie den Blick zunächst auf das rich­ten, wofür der ein­zel­ne und das Volk ver­ant­wort­lich sind. Auf die Inte­gra­ti­ons­de­bat­te bezo­gen und aus Licht­schlags Essay zitiert, geht es um »jene dif­fu­se Grund­angst, die aus eige­ner Schwä­che her­rührt. Deutsch­land und dar­über hin­aus das, was gemein­hin als ›der Wes­ten‹ bezeich­net wird, ›haben fertig‹.Demographisch, demo­kra­tisch, kul­tu­rell, mora­lisch und öko­no­misch zeh­ren wir von der Ver­gan­gen­heit und leben auf Kos­ten der Zukunft.«

Das sind Wor­te, wie sie Kon­ser­va­ti­ven so auch aus der Feder flie­ßen könn­ten, und tat­säch­lich argu­men­tie­ren bei­de welt­an­schau­li­chen Lager in Fra­gen des Wer­te­ver­falls, des Leis­tungs­prin­zips und der Ungleich­heit der Men­schen auf ähn­li­cher Wahr­neh­mungs­grund­la­ge. Man stimmt Licht­schlag zu, wenn er die Anzie­hungs­kraft eines per­ver­tier­ten Sozi­al­staats auf Unter­schicht­ein­wan­de­rer anpran­gert und der übli­chen deut­schen 1,3‑Kind-Familie jede Dyna­mik und Wider­stands­kraft abspricht. In der Tat hat es etwas von Lackier­ar­bei­ten, wenn man denen, die ins Land durf­ten, nun ihre reli­giö­se Sym­bo­lik oder eine bestimm­te Frau­en­tracht ver­bie­ten möch­te. War­um soll­te die­se erzwun­ge­ne Anglei­chung an ein west­li­ches Einer­lei plötz­lich gut sein, wo man Glau­ben­s­ernst und wür­di­ge Klei­dung ob ihrer Bin­dungs- und Ori­en­tie­rungs­kraft doch für das eige­ne Volk gern in eine Renais­sance ein­tre­ten sähe? Das »Feind­bild Mos­lem« sei in Wahr­heit eine wohl­fei­le Pro­jek­ti­ons­flä­che für ein Ver­sa­gen, das dem Staat anzu­las­ten sei, argu­men­tiert Lichtschlag.

»Unse­re Schwä­che ist deren Stär­ke« – Licht­schlag bohrt aus­gie­big und gut begrün­det in die­ser Wun­de. Wie scha­de aber (aus rech­ter Sicht) und wie kon­se­quent (aus liber­tä­rer Sicht), daß er am Ende so etwas wie das ame­ri­ka­ni­sche Modell preist: Mul­ti­kul­ti ja, aber knall­hart mode­riert, als Leis­tungs­ge­mein­schaft der Star­ken, die sich über alle eth­ni­schen und kul­tu­rel­len Gren­zen hin­weg ver­ste­hen und berei­chern (im dop­pel­ten Sin­ne!). Spä­tes­tens da wird klar, daß ein Liber­tä­rer mit »Volk« kein Volk mei­nen kann. Aber das nimmt dem Bänd­chen nichts von sei­nem sta­che­li­gen, ori­gi­nel­len Ton.

 

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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