14. März 2009
Subversion und Subvention
Ellen Kositza
Widerstand und Subversion sind höchst beliebte Kategorien, in die sich mancher gern einreiht, vor allem, wenn er zur literarischen Klasse gehört. Ein kluger Mensch behauptete, der vielbelächelte Deutsche Michel (= der begeisterungsfähige Ja-Sager) sei unter der Hand zu einem vom Aussterben bedrohten Exemplar geworden, längst hätte der Ohne-Mich-el die Oberhand gewonnen. Ja, alle schwimmen sie gern „gegen den Strom", dieser Spaß ist zu einem anstrengungslosen Massensport geworden. Auch auf der Buchmesse.
Ähnliches ließ sich nun feststellen mit dem bloß 26.000 Euro schweren Kurt-Wolff-Preis, der an den Peter Hammer-Verlag verliehen wurde. Man sei immer subversiv geblieben, sagte die Geschäftsführerin des (seinerzeit von Johannes Rau mitbegründeten) linken Verlags. Das erfolgreichste Buch des Hauses (vom Maulwurf, dem jemand auf den Kopf geschissen hatte) ist über 1 Million mal verkauft worden - ganz schön viel Subversion. Oder das Buch von Matthias Frings über den an Aids gestorbenen schwulen Schriftsteller Ronald M. Schernikau. Diese Würdigung über „der letzten Kommunisten" (ein Titel, den die Junge Welt als leicht beleidigend empfand) ist nur knapp am Leipziger Buchpreis vorbeigeschrammt. Frings sagte sinngemäß, daß Schernikau in Ost- und Westdeutschland verachtet wurde, spreche bereits für ihn. Soviel Verachtung, so viel Subversion! Und doch eine Nominierung und Dutzende Rezensionen! Wunderland!
2. Am Antaios-Stand fand sich eine junge, hochengagierte Dame ein, die „farbentragend" war. Eine Verbindungsstudentin. So was gibt es. Die fechten auch, aber nur mit Argumenten - so die Selbstdarstellung. Erste Frage der äußerst selbstbewußten Frau: „Sie verharmlosen?" - „Inwiefern, und was?" - „Sie verharmlosen Rechtsaußen?" Du meine Güte. Wie jetzt das verstehen, und warum? „Na, hier steht ein Buch über Vertreibung. Muß es solche Bücher geben?!" Es wurde ein Gespräch von Adam und Eva bis zur Gegenwart. So ein ungeheuer ermüdendes Gespräch. Ob notwendig, ob fruchtend? Man weiß es halt nie. Was soll man denn sagen? Die Dame, eine JuSo, befand etwa: Das Problem sei, daß alles Linke unorganisiert sei und sich nur als vielgescholtener Mob artikulieren könne. Demgegenüber sei man „Rechtsaußen" straff organisiert und wohlsubventioniert. Hm. Bedenkenswert! Gut: Rechtsaußen haben wir uns nie gesehen, wahrscheinlich erwischte uns auch deshalb der Preisregen diesmal nicht.
3. Wahrer Widerstand: Den fand ich dort, wo Sprachdoktor Bastian Sick sprach. Sick ist es gewohnt, mit seiner klugen bis neunmalklugen Apostroph-Schelte ganze Fußballstadien zum Lachen zu bringen. Vor dem Leipziger Publikum begann er seinen launigen Vortrag damit, die Aussprache des Taxifahreres zu imitieren, der ihn zur Messe brachte. Das kam schlecht an. Weil jegliche Publikumsreaktion ausblieb, wiederholte Sick die mundartliche Redeweise. Niemand lachte. Eisiges Schweigen. Den Kakao, durch den man gezogen wird, auch noch trinken? Nicht mit den Leipzigern. Das nenn ich Widerstand.
Bildquelle: food for action
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