die “Provokation als Methode” ging, sollte es in Hamburg eine Antwort sein auf die Frage “Was können Konservative heute tun?”
Was können Konservative heute tun? Ich habe vor und nach dem Vortrag in Hamburg von einem Teilnehmer jeweils Briefe erhalten, in denen er Parallelen von den Vor-68ern zu uns heute zieht.
Ich zitiere aus dem ersten Brief:
Damals war es doch so: Die linke Theorie hat erstmal kaum einer verstanden (Soziologen-Chinesisch), die Mehrheit schaute halb ablehnend-ängstlich, halb mit wohligem Grusel den Radikalen zu. Dann wurde es plötzlich “schick”, links und “underground” zu sein, und über dieses popkulturelle Moment wurden breitere Kreise der Jugend angesprochen.
Ich gleiche diese Analyse mit dem ab, was mir Günter Maschke immer über die Situation der Vor-68er erzählt. Er nennt stets: Aussichtslosigkeit, Resignation, einen politischen Existentialismus (im Sinne einer Reduzierung des politischen Anspruchs auf die eigene Profilierung), aber auch die Überzeugung, daß man etwas Notwendiges tut, daß man Verhaltensweisen einübt und – vor allem – Szenetypen, Milieutypen kreiert und daß man irgendwann die richtigen Themen findet. Der Vortragsteilnehmer aus Hamburg stellt fest, daß
nur letzte Nachzügler noch glauben, daß links etwas Spannendes passiert. Könnte man also nicht sagen, daß sich die Neue Rechte heute (gemessen an dieser Zeitachse) kurz vor 1968 befindet? Wahrscheinlich eher noch einige Jahre früher. Wird es diesmal wieder eine außerparlamentarische oder gleich eine Opposition mit Parteienstatus geben? Wer wird der Benno Ohnesorg, also der Märtyrer der neuen Rechten sein, wer der Dutschke?
Ist es hilfreich, die Situation der Vor-68er so mit unserer Situation zu vergleichen? Aus Hamburg kommen Vorschläge, welche drei Punkte in der Strategie-Diskussion künftig unbedingt berücksichtigt werden müssen:
1. Das popkulturelle Moment (Musik, Mode, usf.).
2. Tabu und als Befreiung erlebter Tabubruch (die Rechte ist heute noch tabuisiert, das muß aber keineswegs so bleiben, der Tabubruch wird ungeahnte Energien freisetzen).
3. das auslösende Ereignis (damals: der Schah-Besuch und der Tod von Benno Ohnesorg). Ist dieser Punkt überschritten, geht es fast von alleine weiter. Theorie wird immer erst später rezipiert (außer natürlich von den Chef-Ideologen und Rädelsführern).
Die Aussicht lockt und blockiert zugleich. Aber auch das ist typisch, sagt Maschke immer, wenn er von der subversiven Aktion erzählt. Man fragt sich immer: Geht es in diese Richtung weiter?
John Doe
"Was können Konservative heute tun? (...) Geht es in diese Richtung weiter?"
Ich denke Konservative sollten vor allem realistisch bleiben und sein. Die konservativen Eigenschaften, also ein klarer Blick, Vernunft und eben Realitätssinn, das sind die "Schlüssel" zum Erfolg. Es wurde doch eigentlich alles schon gesagt und geschrieben, es gibt keine Geheimnisse mehr. Die Grundlage, das Fundament steht. Und somit geht es, meiner Meinung nach, durchaus weiter in diese Richtung. Vielleicht ist der Begriff des Erfolges missverständlich? Denn was ist denn der Erfolg? Wir sind keine Partei und ein Wahlsieg als Erfolg fällt weg. Wir können nur kleine Erfolge sammeln, die dann zu einem größeren Erfolg verschmelzen. Konsequente konservative Gegenöffentlichkeit. Es kann uns eigentlich egal sein, wer das Richtige tut, wenn es unseren Grundlagen entspricht.
Mit dem 68er Vergleich habe ich so meine Probleme. Jene, die zu dieser Zeit ihren Marsch durch die Institutionen begonnen haben, sitzen heute ganz oben, an den Hebeln der Macht quasi. Diese Leute müssen es doch aus eigener Erfahrung wissen, wie man ein "zweites 68" verhindert. Man wird doch alles tun um sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Das soll aber nicht heißen, dass man es nicht versuchen kann. Nur "verheizen" sollte man sich nicht.
Zu den drei Punkten:
1. Das kann man nicht erzwingen. Popkultur entsteht nicht, weil wir das jetzt gerne mal wollen. Hier könnte man höchstens versuchen und hoffen. (Ich würde mir da z.B. ein blaues T-Shirt wünschen, der Fahne des IfS entsprechend. "Uns wird es immer geben!" und vorne Abbildungen von entsprechenden Personen.)
2. Diesen Tabubruch können wir nur bedingt leisten. Wir sind ja bereit, es sind nunmal die Anderen, die den Schritt machen müssen. Antaios und IfS hatten ihren Stand auf der Buchmesse, mehr ging in diesem Fall nicht. Wenn sie keinen Zulauf hatten, dann bestimmt nicht selbstverschuldet. Ärgerlich ist das natürlich trotzdem.
3. Kann man ein auslösendes Ereignis konstruieren? Ich denke nein. Vielleicht ist es sogar schwer in heutiger Zeit ein solches Ereignis überhaupt zu erkennen. Vielleicht ist es ja schon geschehen?!
Hoffentlich habe ich jetzt nicht zu sehr dem Klichee des "unbeweglichen" Konservativen entsprochen. Ich habe für mich aber einfach gelernt, dass es wohl immer fünf vor zwölf ist. Also nie zu spät etwas zu verändern, aber auch noch genug Zeit um nicht in planlosen Aktionismus zu verfallen. Letzteres möchte ich natürlich niemanden unterstellen.