Guttenberg und der eigentliche Skandal

Die letzten Tage kannten nur ein Thema: Verteidigungsminister zu Guttenberg und seine Promotionsschrift. Erst sah es so aus,...

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

als ob sich Juris­ten aus der lin­ken Ecke an Gut­ten­berg abar­bei­ten woll­ten und glück­lich waren, als sie die Nadel im Heu­hau­fen gefun­den hat­ten und ihm eini­ge Pla­gia­te nach­wei­sen konnten.

Mitt­ler­wei­le hat der belieb­tes­te Poli­ti­ker Deutsch­lands ein ernst­haf­tes Glaub­wür­dig­keits­pro­blem und manch einer sieht es nicht ungern, daß Gut­ten­berg mal ins Schwit­zen gerät. Aller­dings lenkt die Auf­re­gung um sei­ne Dis­ser­ta­ti­on von dem eigent­li­chen Skan­dal, sei­nem Ver­sa­gen als Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter, ab.

Die Aus­set­zung der Wehr­pflicht zum 1. März 2011, die Gut­ten­berg wie neben­bei durch­ge­setzt hat, war zwar nur der letz­te Schritt eines lan­gen „Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses“, der die Bun­des­wehr vor allem effek­ti­ver und bil­li­ger machen soll­te. Der Geist, in dem die­ser Pro­zeß jetzt von Gut­ten­berg for­ciert wur­de, hat sich aller­dings radi­ka­li­siert. Die Bun­des­wehr ist mitt­ler­wei­le vor allem das Expe­ri­men­tier­feld einer Gleich­heits­ideo­lo­gie – mit allen Kon­se­quen­zen, die sich dar­aus ergeben.

Wem das bis­her noch nicht klar war, der muß­te die­sen Sach­ver­halt ange­sichts des „Skan­dals“ um die „Gorch Fock“ zur Kennt­nis neh­men. Der Skan­dal liegt aber ent­ge­gen der media­len Dar­stel­lung nicht in den „Zustän­den“ an Bord, son­dern in dem, was sie aus­ge­löst hat: die Wei­ge­rung von Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter zu Gut­ten­berg, das inne­re Gefü­ge des Mili­tärs gegen die Zivil­ge­sell­schaft zu schüt­zen. Daß es Extrem­si­tua­tio­nen gibt, daß der „Arbeits­platz“ eines Sol­da­ten gefähr­li­cher als der eines Zivi­lis­ten ist, daß Befeh­le auch in sehr lau­tem Ton gege­ben wer­den müs­sen, daß das Leben in der mili­tä­ri­schen Gemein­schaft sich von dem in jeder ande­ren unter­schei­det, daß ein Segel­schul­schiff kei­ne Ein­zel­zim­mer hat – all das ist nach Maß­stä­ben der Öffent­lich­keit unmensch­lich und Ursa­che für den Tod der Kadettin.

Gut­ten­berg scheint das ähn­lich zu sehen: Um das Heft des Han­delns in der Hand zu behal­ten, ent­hob er den Kapi­tän der „Gorch Fock“ sei­nes Kom­man­dos. Wenn Gut­ten­berg sei­nen Pos­ten als Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter aller­dings ernst­neh­men wür­de, müß­te er sich einem ganz ande­ren Pro­blem zuwen­den: Dem ideo­lo­gisch begrün­de­ten Ein­satz von Frau­en in den Streit­kräf­ten und sei­nen Kon­se­quen­zen, zu denen nicht zuletzt der tra­gi­sche Tod der bei­den Kadet­tin­nen gehört.

Die­sem The­ma wid­met sich die neue Stu­die des Insti­tuts für Staats­po­li­tik unter dem Titel Die Frau als Sol­dat. Der “Gorch Fock”-Skandal, Minis­ter zu Gut­ten­berg und der Ein­satz von Frau­en in den Streit­kräf­ten in aller Aus­führ­lich­keit: Sie zeich­net den Skan­dal um die “Gorch Fock” in allen Ein­zel­hei­ten nach, beleuch­tet die Per­son Gut­ten­berg, schil­dert den Inte­gra­ti­ons­pro­zeß von Frau­en in die Bun­des­wehr, ana­ly­siert die Fak­ten, die gegen einen Ein­satz von Frau­en an der Waf­fe spre­chen und zeigt den Krieg als Män­ner­sa­che. Die Stu­die ging heu­te in die Druckerei.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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