Wir Golfspieler

von Felix Springer

Bei der immensen Nachrichtendichte, erst aus Nordafrika, dann aus Japan, die wir zur Zeit erleben dürfen,...

fin­den ande­re bemer­kens­wer­te Ereig­nis­se nur schwer­lich ihren Weg in den Auf­merk­sam­keits­stru­del des Medi­en­be­triebs. So dürf­te den meis­ten ent­gan­gen sein, dass unser Land seit eini­gen Wochen einen Grund mehr hat, stolz auf sich zu sein:

Mit dem Rhein­län­der Mar­tin Kay­mer steht gegen­wär­tig ein Deut­scher auf dem hart umkämpf­ten ers­ten Platz der Welt­rang­lis­te der Golf­spie­ler. Applaus, Applaus – wahr­lich eine schö­ne Sache und zugleich der Ein­tritt in ein klei­nes Bild von star­ker dia­gnos­ti­scher Kraft.

Armin Moh­ler schrieb über das Golfen:

„Wie­so ist eigent­lich noch nie jeman­dem auf­ge­fal­len, wie puri­ta­nisch das Golf­spiel, die­ser eng­li­sche Sport par excel­lence ist? Es gibt kaum eine ande­re Sport­art, aus der das Ago­na­le so sehr aus­ge­fil­tert wur­de. Ein Kampf­sport ist es nicht, jeder sucht für sich sein wei­ßes Kügel­chen in ein Loch zu trick­sen. Nicht von Leis­tung gegen Leis­tung. Man kann sei­nem Bäll­chen nach­schlen­dern und jedem zei­gen, daß man nicht schwitzt. Man betreibt die­sen Sport, weil man etwas tun muß, weil man sich sonst (noch mehr) lang­wei­len wür­de. Das ein­zi­ge, was das Golf­spiel erfor­dert, ist Aus­ge­wo­gen­heit und Küh­le, um den Ball rich­tig zu tref­fen. Die berühm­te impas­si­bi­li­té. Es ist wirk­lich der Sport des­sen, der neben sich selbst hergeht.“

Das „neben uns selbst Her­lau­fen“ kön­nen wir Bun­des­deut­sche jetzt also end­lich auch amt­lich beschei­nigt am bes­ten. Wir haben es ja schon seit län­ge­rem eif­rig kul­ti­viert und täg­lich geübt und machen öffent­lich bereits fast gar nichts ande­res mehr. Die zum Unend­li­chen ten­die­ren­de Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät unse­rer Eti­ket­ten­dis­kur­se schlägt täg­lich einen neu­en Ball aufs Grün und trot­tet dann sich selbst hin­ter­her. Am Ende wer­den fried­lich die Punk­te notiert und das Spiel beginnt von vorn. Gegen die Son­ne tra­gen wir Bril­len oder (die Muti­gen unter uns) einen Schirm an der Müt­ze und im Golf­car liegt eine küh­le Fla­sche Zucker­li­mo­na­de zur Erfri­schung bereit.

Manch­mal kommt es auch tat­säch­lich zur Dis­kus­si­on, das ist dann die „offe­ne Gesell­schaft“: Man strei­tet dar­über, wel­cher Schlä­ger für die nächs­te Run­de geeig­net ist oder, ganz sel­ten, sogar über Regel­de­tails. Das Spiel­prin­zip – „Aus­ge­gli­chen­heit durch Unbe­tei­ligt­sein“ (Moh­ler) – stand noch nie zur Debat­te. Wer es doof fin­det, der spielt halt nicht mit, ganz ein­fach. Ist Golf nicht auch das Spiel, bei dem es von Vor­teil ist, vie­le „Han­di­caps“ zu haben oder so ähnlich?

So gol­fen wir, jeder den Blick auf sei­nem klei­nen Bäll­chen. Aber die Schlä­ge wer­den hek­ti­scher und die Schrit­te län­ger, man bemüht sich mit viel Kraft und Selbst­be­herr­schung, den Blick auf dem Ball zu behal­ten und nicht zu sehen, dass schon ges­tern Wol­ken auf­ge­zo­gen sind. Aber irgend­wann ser­viert auch der Coun­try-Club kei­ne Cock­tails mehr.

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