Ende der Diskussion

 

von Martin Böcker

Es ist ein Gemeinplatz, daß auf Positionen und Äußerungen rechts des mainstreams schräge Blicke warten. Mindestens.

Die Ska­la der gesell­schaft­li­chen Sank­tio­nie­rung scheint nach oben offen zu sein, müßig das an die­ser Stel­le wie­der­holt dar­zu­stel­len, genug ande­re haben das getan. Die Sank­tio­nie­rer sind kei­ne guten Gesprächspartner.

Wer kein guter Gesprächs­part­ner ist, kann weder über­zeu­gen noch über­zeugt wer­den. Die hoch­ge­zo­ge­ne Augen­braue ist das Sym­ptom für ein durch­aus berech­tig­tes Miss­trau­en, näm­lich das der Gläu­bi­gen gegen­über dem Ket­zer, so ist die­ser doch in der Lage, den Mythos und damit die Welt zu zerstören.

Von wel­chen Gläu­bi­gen schrei­be ich? Ernst Jün­ger bemerk­te in sei­nem Essay über die Tota­le Mobil­ma­chung, daß er den „Fort­schritt für die gro­ße Volks­kir­che des 19. Jahr­hun­derts“ hielt. Die Volks­kir­che hielt durch, und spä­tes­tens nach dem zwei­ten Welt­krieg sind fast alle Deut­schen bekehrt. Jün­ger ver­glich die Ver­fas­sung einer Demo­kra­tie mit der geweih­ten Obla­te in der katho­li­schen Kir­che. Und tat­säch­lich wird die in der Ver­fas­sung pos­tu­lier­te Wür­de des Men­schen wie eine Mons­tranz vor den Gläu­bi­gen her­ge­tra­gen. Doch, ganz anders als die kon­se­krier­te Hos­tie, ist der Begriff der Wür­de hin­sicht­lich sei­nes Sinns belie­big. Er eig­net sich als Argu­ment für alles und nichts, one world, Gleich­wer­tig­keit der Welt­an­schau­un­gen, Scham für das, wor­in man über­le­gen ist. Wis­sen wir ja alles schon.

Die Zwei­fel der Fortschrittler

Der Kate­chis­mus des Fort­schritt­lers beinhal­tet die Gewiß­heit, daß schon heu­te aus­rei­chend Strom über alter­na­ti­ve Ener­gie­quel­len gewon­nen wer­den kann, daß jedes Kind in sei­ner Zukunft jedes Amt aus­füh­ren könn­te, daß Mann und Frau wenigs­tens theo­re­tisch alles gleich gut kön­nen, daß die Ras­sen, sofern es sie denn über­haupt gibt, ein­an­der hin­neh­men und fried­lich koexis­tie­ren wer­den – nicht nur kön­nen, son­dern wer­den! Und die Pri­vi­li­gier­ten tra­gen die Schuld am Leid der Schwa­chen, nie sind die Schwa­chen es selbst.

Aller­dings haben sich Zwei­fel ein­ge­schli­chen. Das Ende der Geschich­te ist nicht ein­ge­tre­ten, es zeich­net sich nicht ein­mal ab. Die mul­ti­kul­tu­rel­le Roman­tik eines Films wie Almanya, in dem Tür­ken und Deut­sche in einer Groß­fa­mi­lie ver­eint wer­den, wird uns in der Rea­li­tät sel­ten begeg­nen. Auch eif­ri­ge Gläu­bi­ge kön­nen kaum noch igno­rie­ren, daß selbst die mis­sio­nier­ten Wil­den ihre heid­ni­schen Bräu­che nicht able­gen. Sie beherr­schen zwar die For­meln, und sie for­dern ihre Rech­te als Kir­chen­mit­glie­der ein. Aber wenn ein Mis­sio­nar beim Beten heim­lich zum Bank­nach­barn her­über schielt, so über­kommt ihn hin und wie­der das beklem­men­de Gefühl, daß der Wil­de die Hän­de gefal­tet und die Augen geschlos­sen haben könn­te, ohne dabei den Fort­schritt wirk­lich anzu­be­ten. Ähn­lich wie ein Katho­lik, der sich fragt, ob die Hos­tie nach der Wand­lung nun wirk­lich zum Leib Chris­ti gewor­den ist, betet der Fort­schritts­gläu­bi­ge wei­ter, bekennt sich und ver­tei­digt – vor allem – sei­nen Mythos. Denn schlim­mer noch als das Gebet zu einem Trug­bild wäre die Auf­ga­be des Welt­bil­des oder die Kon­ver­si­on zum Bekämpf­ten. Qua­si die Kon­ver­si­on zu den Anhän­gern des Leib­haf­ti­gen, manch­mal kommt’s einem ja wirk­lich so vor.

Debat­ten dre­hen sich um Letztbegründungen

Wer authen­tisch kon­ser­va­tiv (sprich: ungläu­big) ist, braucht nicht auf Fair­neß zu hof­fen, wie Car­lo Cle­mens kürz­lich in einem Inter­view mit der Pickel­hau­be fest­ge­stellt hat. Und gegen die Hydra der plu­ra­lis­ti­schen „Men­schen­wür­de“ kom­men wir ohne­hin nicht an. Cle­mens meint, daß es kon­se­quent wäre, inhalt­lich und cha­rak­ter­lich uner­bitt­lich zu blei­ben, und unter ande­rem in Dis­kus­sio­nen mit geziel­ten, durch­dach­ten Regel­ver­stö­ßen die Har­mo­nie zu stören.

Cle­mens irrt, ver­mu­te ich, wenn er Dis­kus­sio­nen für wirk­sam hält. Gläu­bi­gen den „Fort­schritt“ zu wider­le­gen, dürf­te ein schwie­ri­ges Unter­fan­gen wer­den. Selbst dann, wenn sie Zwei­fel an ihrer geweih­ten Hos­tie hegen. So sind Dis­kus­sio­nen mit den Fort­schritt­lern allen­falls ein gutes Trai­ning für Schlag­fer­tig­keit und die Anwen­dung rhe­to­ri­scher Taschen­spie­ler­tricks. Doch wenn der ande­re nicht ver­ste­hen will, dann kann man noch so rich­tig lie­gen, am Ende dreht sich die Debat­te im Kreis. Sie behar­ren auf ihren Letzt­be­grün­dun­gen: Alle Men­schen sind gleich, Men­schen­wür­de, etc. Wit­zi­ger­wei­se hegen sie manch­mal sogar noch Aver­sio­nen gegen die ande­ren Reli­gio­nen, Chris­ten, Juden, Mos­lems und so, weil „Reli­gio­nen gefähr­lich und der Grund für so vie­le Krie­ge sind“. Natür­lich ehr­los, aber tak­tisch doch sehr klug.

Wir haben recht, ihr nicht

Also kön­nen wir die Dis­kus­sio­nen been­den. Im Blog der Jun­gen Frei­heit habe ich wenig fein gegen Augsteins Frei­tag pole­mi­siert. Dar­auf­hin kri­ti­sier­te mich ein Leser­kom­men­ta­tor, weil ich in der Kolum­ne nicht über ein Schwarz-Weiß-Den­ken hin­aus­ge­kom­men sei. Das bin ich tat­säch­lich nicht, prin­zi­pi­ell hat­te die­ser Leser recht. Frei­lich nur prin­zi­pi­ell und nur gesetzt den Fall, wir wür­den bei der Ver­tei­lung des Dis­kurs-Kuchens ange­mes­sen behan­delt. Wenn das nicht der Fall ist (und es ist nicht der Fall), dann muß die Dis­kus­si­on dem State­ment wei­chen: Wir haben recht, ihr liegt falsch. Right is right and left is wrong. Soll­te sich dann trotz­dem noch ein Gespräch ent­wi­ckeln, betrei­ben wir höf­lich die Gegen­auf­klä­rung: Die eige­nen Begrif­fe wer­den gebraucht, dem Gegen­über blei­ben Ableh­nung oder Verständnisfragen.

Ist das ein erfolg­ver­spre­chen­des Modell? Nein. Die Dis­kus­sio­nen aber auch nicht. Und wenn die Fort­schritt­ler irgend­wann ahnen, daß ihre Regen­tän­ze der Dür­re kein Ende berei­ten, dann wer­den sie sich eher an ein State­ment erin­nern, als an eine Dis­kus­si­on, die sich im Kreis gedreht hat. Ich schrei­be nicht vom Rück­zug, nicht vom Ende der Prä­senz, nicht vom Ende der Aus­ein­an­der­set­zung, nicht vom Ende sach­be­zo­ge­ner Gesprä­che und erst recht nicht vom Ende der Par­ti­zi­pa­ti­on. Nur vom Ende der Dis­kus­si­on mit Andersdenkenden.

Nichts schreibt sich
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Kommentare (16)

mfh

23. Mai 2011 10:36

Volle Zustimmung! Die Erkenntnis, mit Diskussionen nichts zu erreichen, außer vielleicht mieser Laune auf Parties zu verbreiten, da es zum Ende immer hitzig wird, hat sich erst nach Jahren bei mir eingestellt. Unwissenheit mit Argumenten beizukommen ist unmöglich, wenn sie auf Verblendung - oder eben unbedingtem Glauben - beruht. Seinen Standpunkt verdeutlichen sollte man immer, sich in Diskussionen mit Schwachköpfen zu verlieren bringt leider gar nichts. Wozu auch? Die Zukunft wird zeigen, ob unsere Überzeugung ihre Berechtigung hat. Falls nicht, gehen wir mit ihr zugrunde, während die anderen ihre Zeit im selbstgewählten Verlarvungszustand verbringen. Für unsere Nachkommen können wir nur das Feuer weitergeben und hoffen, daß irgendwann ein Flächenbrand daraus wird. "Unsere Zeit kommt", sagt Weißmann. Es ist zu hoffen, denn erzwingen kann man es leider nicht.

Ewald Knülle

23. Mai 2011 11:28

Herr Böcker, einen solchen Artikel gerade von Ihnen zu lesen überrrascht mich schon etwas. Sie haben doch Ihre Diskussionsbereitschaft bei dasgespraech.de sehr fruchtbar zum Einsatz gebracht.

Es geht vielleicht gar nicht darum, die Gläubigen zu bekehren, sondern jene, die vernünftigen Argumente noch zugänglich sind, von der prinzipiellen Berechtigung konservativer Positionen zu überzeugen. Clemens' Auffassung finde ich insofern sinnvoll, als bei vollständigem Rückzug in die Rautenklause geistige Inzucht droht. Wer sich der Diskussion verweigert, wer letztendlich den Deutschen den Rücken kehrt, kann nicht hoffen, noch irgendetwas positiv beeinflussen zu können.

Was die Verfassung angeht, so steht darin, wie Michael Klonovsky bemerkte, zunächst auch etwas vom deutschen Volk und der Verantwortung vor Gott. So schlecht ist das GG gar nicht.

Daniel Michulke

23. Mai 2011 14:18

Also ich würde meinen, dass das ein wenig zu kurz gefasst ist. Ich verstehe die Ausweglosigkeit, die sich einem darbietet, wenn man vergeblich versucht, andere von einem falschen Standpunkt zu überzeugen.

Allerdings (und ich weiß nicht, ob Du, lieber Herr Böcker, das sagen wolltest) haben die anderen einen Grund, an ihrer Position festzuhalten. Die meisten Leute vertreten mit Ihrer Meinung keine faktisch begründeten Sachverhalte, sondern ein Wertesystem. Das Wertesystem "Links" wird in Deutschland ziemlich hochgehalten, weil es sozial, nett zu den Menschen und was weiß ich nicht alles ist. Für viele Menschen ist ein Sachargument "gegen Links" daher ein Angriff auf das Wertesystem, daher wird dann unterstellt, man sei Misanthrop oder gar Antihumanist.
Das ist natürlich Schwachsinn. Sätze wie "Ich kritisiere nicht das 'was', sondern das 'wie'" helfen da manchmal.

Davon abgesehen gibt es noch einen zweiten Punkt. Ich glaube, jeder der eine begründete Meinung hat, sollte irgendwann auch ohne die Kriegsfarben "links", "rechts", "konservativ", "fortschrittlich" oder sonstwas ins Feld ziehen einziehen. Denn einerseits verwenden Parteien diese Kriegsfarben und ich verabscheue (neben vielem anderen) v.a. die hohle Polemik dieser Parteien. Zweitens gibt es die Gefahr, dass einem die Positionen anderer Leute mit den gleichen Kriegsfarben unterstellt werden. Und drittens ist der Großteil der Entscheidungen, welche ein Problem langfristig lösen (und solche Entscheidungen gibt es viel zu wenige) sowieso eindeutig und bietet keinen Spielraum für "soziale", "demokratische" oder "konservative" Wege.

Martin Lichtmesz

23. Mai 2011 14:39

Wenn das nicht der Fall ist (und es ist nicht der Fall), dann muß die Diskussion dem Statement weichen: Wir haben recht, ihr liegt falsch. Right is right and left is wrong.

Solche Fälle, gibt es leider oft genug, und dann nagelt man die Kiste eben mit dem Statement zu. Es hat keinen Zweck, mit Linken herumzustreiten, ob das Gras grün ist, oder wie die Schwerkraft funktioniert. Diskussion ist auch da überflüssig, wo man darüber zu debattieren genötigt wird, ob man nun die Lecks im Schiff (lies Nationalstaat) stopfen oder es lieber untergehen lassen soll... oder wo man erstmal darüber diskutieren muß, ob es das Schiff gibt, das Leck gibt und das Meer gibt.

eo

23. Mai 2011 20:29

Recht so !
Keine Perlen vor
die Säue. Mit Alternaivlingen,
und wenn sie auch meinen, Zeitgeist
zu sein, bzw. denselben auf ihrer
Seite zu haben, ist einfach
nicht (ernsthaft) zu
diskutieren.
Es sei
denn, man
macht sich einen
Spaß draus zu provozieren
und den advocatus diaboli zu spielen.
Aber dazu muß ma dann schon
aufgelegt sein. Halte mich
ansonsten lieber an
die altehrwürdige
Devise - aquila
non captat
muscam.

juergen

24. Mai 2011 00:05

Einen Beitrag mit dem Titel "Ende der Diskussion" zur Debatte zu stellen ist -- nun ja -- seltsam? Aber gut, mit den gleichen Argumenten wird doch der Rechten jeder Beitrag zur Diskussion verweigert. Die wollen doch nur ... . Man unterstellt also bestimmten Mesnchen ein gänzlich undiferenziertes Weltbild. Gibt es so etwas (außerhalb der Politik und ihrer Vertreter)? Nö, immer schön weiter diskutieren, lüftet auch das eigene Hirn durch. Geistige Selbstbefriedigung (wir haben recht, ihr nicht, ätsch) können andere betreiben.

John Haase

24. Mai 2011 09:21

Man kann die Gespräche zwischen gebildeten Rechten (die wir ja alle sind) und irgendwelchen dahergelaufenen Liberalen sowieso nicht als Diskussionen bezeichnen. Der Begriff Diskussion impliziert zumindest einen gewissen Gedankenaustausch, dieser findet aber nicht statt, aus zwei Gründen:

1. Leute wie wir interessieren sich zwangsläufig für Themen wie Politik, Marktwirtschaft und Geschichte, daher lesen wir entsprechende Bücher und versuchen uns mit Gleichgesinnten auszutauschen. Der übliche Feld-, Wald- und Wiesenliberale hat aber gar nichts dazu gelesen sondern glaubt unausgesprochen daran, man könne die ernsthafte Beschäftigung mit diesen Themen mit der richtigen Gesinnung ersetzen und dennoch wertvolle Beiträge liefern. Man fühlt sich gegenüber solchen Leuten ein wenig wie Faust, der mit Gretchen über Religion spricht. Der Wissensstand ist einfach zu verschieden. Daraus folgt, daß...

2. ...wir alle ihre Argumente schon kennen. Wer sich gegen den Zeitgeist stellt, der muß ihn zuerst geistig überwinden. Dies haben wir getan. Auf dem Weg dahin muß man sich zwangsläufig mit den linken Dogmen auseinandersetzen, die den Menschen heute in Fleisch und Blut übergegangen sind. In fairen Diskussionen gewinnen wir also immer.

Zum Ende einer geistigen Auseinandersetzung mit einem Liberalen landet man dann zwangsläufig bei eben jenen liberalen Dogmen. So man die Axt an diese legt, schlägt zu diesem Zeitpunkt die bis dahin eher vage vorhandene Ablehnung oder manchmal auch Zustimmung in Abscheu oder sogar Haß um. Einer wünschte mir mal, ich möge niemals Kinder bekommen damit sich Leute wie ich nicht fortpflanzen, obwohl das Gespräch in durchaus freundschaftlicher Atmosphäre stattgefunden hatte. Ein seltsamer, gleichsam liberaler Vernichtungswunsch.

Man kann also nicht mit dem Feind diskutieren, aber wenn ich es doch tue oder tun muß, dann achte ich mittlerweile auf mehrere Dinge:

1. Nicht mit mehreren gleichzeitig diskutieren, man verliert immer. Im Einzelgespräch muß der andere sich ernsthaft mit dem Gesprächsinhalt auseinandersetzen, in der Gruppe wird die Minderheitsmeinung (=unsere) einfach ausgegrenzt.

2. Wie oben gesagt: nicht Hand an linke Dogmen legen, die müssen von selber fallen. Tut man es dennoch so erntet man bei Neuen immer schärfsten Widerstand. Stattdessen Zweifel sähen. Hat ein Staudamm erst ein ausreichend großes Loch so bricht er von alleine. Um den ganzen Staudamm auf einmal einzureißen fehlt uns der Sprengstoff (durchaus auch im Wortsinne).

3. Sich am besten auf Themen einschießen, bei denen die Mehrheit uns grundsätzlich zustimmt. Zum Beispiel Feminismus, Kriminalitätsbekämpfung und ganz besonders der Islam. Islamkritik ist ein hervorragender Türöffner. Niemand mag Moslems: jeder war schon mal in einem islamischen Land (und sei es für eine Woche am Strand) und jeder fühlt sich unwohl wenn ihm drei Südländer im richtigen Alter entgegenkommen. Man kann dann anhand der Trostlosigkeitkeit der islamischen Länder die grundsätzliche Überlegenheit unserer Kultur darlegen. In diesem Zusammenhang wird der Gesprächspartner uns beipflichten. Das vulgär-linke Dogma, daß alle Kulturen gleichwertig sind hilft aber dabei, andere linke Dogmen zu stützen. Wenn wir also ersteres beschädigen geraten früher oder später zwangsläufig letztere mit unter die Räder.

4. Manchmal hilft es, die größten Absurditäten einfach auszusprechen um eine günstige Reaktion beim Gegenüber auszulösen. Zum Beispiel kann es hilfreich sein darauf hinzuweisen, daß unser Staat es bis etwa 2030 geschafft haben wird das deutsche Volk in jeder, wirklich jeder einzelnen Großstadt zur Minderheit zu machen. Manche sind demgegenüber gleichgültig, die meisten aber geschockt.
Wenn man über die Grünen (finden alle toll wegen AKW) herziehen möchte so kann man dies mit der Bemerkung tun, dies sei ja die Partei, die auf der einen Seite so umweltfreundlich sei, daß man mittlerweile sieben verschiedene Mülltonnen habe, auf der anderen Seite aber kein Problem darin sehe die ganze Nordseeküste mit Windmühlen vollzupflastern. Auch wollten die Grünen den Bahnhofsbau des S21 aufhalten, weil man auf dem Baugelände den seltenen Juchtenkäfer gefunden habe, der ausschließlich im bedrohtesten aller Lebensräume gedeihe: im Zentrum deutscher Großstädte. Solcherart lassen sich viele Beispiele finden.

5. Wenn man merkt daß dem Gegenüber unwohl wird aufhören (am besten aber noch davor) und Thema wechseln. Fußball, Wetter, Musik.

Patricius

24. Mai 2011 18:06

an Juergen:

So seltsam ist das gar nicht, wenn man den Artikel aufmerksam gelesen hat. (oder glauben Sie, hier schreiben viele "Fortschrittler")
Im Weiteren vergleichen Sie Äpfel mit Birnen.

Ich für meinen Teil, kann Böcker vollends nachfühlen. Wenn die Prämissen und gedanklichen Bezugssysteme (siehe auch M. Lichtmesz - Leck, Schiff, Meer) völlig andere sind, ist keine "Diskussion" sinnvoll oder erträglich. Den individuellen, jahrelangen "dialektischen" Prozess, den - angenommen - ein jeder von uns durchlaufen hat, kann man nicht durch ein, zwei kluge Sätze wiedergeben oder durch wenige vermeintlich evidente Wahrheiten erschöpfen.
Was freilich nicht den Ausschluss bestimmter Meinungen aus dem öffentlichen Raum/Diskurs rechtfertigt.

Rudolf Schmid

24. Mai 2011 23:17

Eine Diskussion mit DIESEN Andersdenkenden hat es nie gegeben. Sie haben nie mit uns diskutiert, sie wollten nie etwas anderes als konditionieren und prägen.

Christian Lehmann

24. Mai 2011 23:28

Die Klassifikation des Zeitgeistes als Ersatzreligion ist überaus treffend; brilliant die Metapher der Regentänze.
Wichtig scheint mir jedoch die Erkenntnis (und sie gibt, um das vorwegzunehmen, Anlass zur Hoffnung und zur weiteren Diskussionsanstrengung), dass die Zeitgeistreligion den "Fortschritt", an den sie glaubt, sehr eng definiert. Technologischer Fortschritt, Globalisierung und der Siegeszug der amerkanischen Popkultur gehören nicht dazu - hier sind die (Neu-)Linken seit Jahrzehnten ein eher konservatives Korrektiv. Das ist der erste Widerspruch, den es offenzulegen gilt: Darlegen, dass etwa Umweltschutz ebenso wie der Schutz bedrohter Kulturen Werte sind, für die die links-alternative Bewegung traditionellerweise streitet. Da sind die Anliegen der Konservativen nicht allzu fern.
Der zweite große Widerspruch: Die Zeitgeistreligion glaubt an Fortschritt im Sinne von Überwindung der Menschennatur. Der Mensch gelangt zur Erlösung, indem er seine niedrige biologische Natur durch Erziehung ablegt. - Andererseits propagiert die Linke den Geist der Aufklärung, insbesondere wenn es um den (scheinbaren oder tatsächlichen) Streit mit der Kirche geht: Unter den Feindbildern der ersten Reihe rangieren bekanntlich die Kreationisten, weil sie die Evolutionstheorie nicht akzeptieren. Die evolutionäre Anthropologie jedoch auf das menschliche Verhalten (Natur der Geschlechter, Aggression, Populationsdifferenzierung etc.) zu beziehen, verweigern die Linken wiederum. Sie machen sich also das aufklärerische Denken nur selektiv zueigen und verschließen sich der naturwissenschaftlichen Sichtweise, sobald die eigenen Heiligtümer betroffen sind. Hier sollte es - jedenfalls theoretisch - möglich sein, sachliche Aufklärungsarbeit zu betreiben.
Daher plädiere ich dafür, den Regentänzen vermehrt Wetterkarten entgegenzusetzen.

Meyer

25. Mai 2011 17:33

Sehr geehrter Herr Böker,

Sie haben schlicht recht. Und Ihre Forderung auf ein Ende der (zwecklosen) Diskussionen habe ich selbst ebenfalls an anderer Stelle (https://korrektheiten.com/) erhoben.

Gläubig ist man nicht aus Verstand oder Einsicht, sondern aus Charaktergründen. Deswegen nützen alle Einwirkungen auf den Verstand und den Intellekt mittels Gespräch, wie auch immer geführt, auch nichts.

Der säkulare Glaube funktioniert hirnphysiologisch wohl genauso, wie der richtige Glaube. Und psychisch wird man wohl sagen können, daß der Glaube nicht nur ein Dafürhalten ist, sondern vor allem ein Hoffen und Wünschen. Und diese tief liegenden Wünsche basieren auf Ängsten. Und diese kann man den Menschen nicht durch Gespräche nehmen, schon gar nicht durch Argumente nehmen. Unmöglich.

Etwas konsequenter und vor allem machtpolitisch weitergedacht, kommt man zu dem Schluß, daß man diese Menschen nicht braucht. Sollen Sie bleiben, wo der Pfeffer wächst. Wenn diese Leute eines Tages auf die "unsrige" Richtung umschwenken, werde ich wissen, daß diese "unsrige" Haltung dann bereits hoffungslos falsch sein wird: Der Lage einfach nicht mehr angemessen.

Unke

26. Mai 2011 09:07

John Haase:

Einer wünschte mir mal, ich möge niemals Kinder bekommen damit sich Leute wie ich nicht fortpflanzen. Ein [...] Vernichtungswunsch.

Diesem Wunsch wird ja institutionalisiert mit größtem Nachdruck entsprochen. Mit einer fast schon bewundernswerten Rafinesse wird mittels eines materiellen und psychologischen Malus/Bonus- Systems seit Jahrzehnten der indigenen Bevölkerung das Kinderkriegen verleidet und die Gewinnung von Nachwuchs an das Ausland (Einwanderung) und die (geistig und materiell) Behinderten outgesourced. Eine der Operationalisiserungen des obersten Credos der herrschenden Zivilreligion, das da lautet: "Deutschland verrecke".

Der in der Diskussion verwendete Begriff "Liberale" irritiert mich immer wieder; allerdings habe ich auf sezession.de noch keinen Beitrag entdeckt, der sich dieses hier doch sehr speziell aufgeladenen Begriffs annimmt. Das empfinde ich als ein Mangel.

Immerhin ahne ich, was hier mit den "Liberalen" gemeint ist. Die Drahtzieher in Politik und Medien können es nicht sein, denn das sind Bolschewisten. "Liberale" sind die Mitläufer, die, ohne an der Macht teilzuhaben die Zivilreligion vertreten. "Liberal" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine durch eigene Denkleistung wenig geformte, am (staatlich dominierten) Mainstream orientierte Meinung; immer jedoch in einer "soften" Verpackung.
Naja. Das als "liberal" zu bezeichnen halte ich nicht für glücklich --aber, wie erwähnt, das wäre separat zu thematisieren.

c.schulz

28. Mai 2011 23:18

bei "werten" und nur bei "werten" gewinnt man immer...
auch wenn der gegner auf die barrikaden geht...

Flash

6. Juni 2011 15:22

Rechte und Konservative(*) können ganz allgemein auf diese Erfahrung verweisen. Ich sehe es genau wie der Autor: es gibt keine Diskussion, weil es immer um Letztbegründungen geht und diese für die verschiedenen Gruppen/Weltanschauungen sowohl völlig verschieden als auch völlig unvereinbar sind.

Näheres noch unter "Keine Diskussionsbasis"

*) zugegebenermaßen sieht das die Gegenseite natürlich genauso

Flash

6. Juni 2011 15:23

@c. schulz:

Nein, leider nicht - dann wäre es ja einfach. Es ist aber leider so, daß gerade die Werte des Gegners fundamental andere sind. Man redet also von völlig verschiedenen Grundlagen, die unvereinbar sind.

Dornröschen

20. August 2011 15:46

Für Intellektuelle ist es eine Zumutung, wenn irgendwer abgestraft wird mit Blick auf Wirkungen. In Deutschland ist es der reaktionär linke Mainstream, der political correctness Terror der Medien, bei der Bundeswehr das Unverständnis gegenüber den Grünen, in den USA die FOX-Hetze. Es ist das Bedürfnis nach Denunziation, das mir so negativ aufstößt, und der Mangel an Haltung.

Dieses Winner-takes-all-hafte ärgert mich. Die Sanktionierung einer anderen Meinung sobald die Mehrheit erlangt ist. Das Rumprügeln auf den schwächeren Teilnehmern am politischen Prozess.

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