die Anwürfe gegen den frischgebackenen Chefredakteur der Studentenzeitschrift “Campus” aus der linksextremistischen Ecke kommen, hoffte nicht nur Böcker selbst auf den Beginn der sachlichen Auseinandersetzung mit seiner Zeitschrift und den darin geäußerten Stellungnahmen zur “Frau als Soldat”.
Aber es kam anders: spiegel-online legte heute nach und zitierte den SPD-Landtagsabgeordneten und Uni-BW-Honorarprofessor Peter Paul Gantzer mit den Worten, der Verteidignungsminister müsse den Fall untersuchen und “gegebenenfalls disziplinarrechtlich regeln”. Gantzer will extrem frauenfeindliche Töne ausgemacht haben und bekräftigte das heute noch einmal im Deutschlandfunk. Dort sieht er sich umgeben von “tollen Studentinnen und Studenten, die alle ganz demokratisch geimpft sind.” Einer wie Böcker schade dort nur. Insgesamt aber ist der Radiobeitrag nicht schlecht: Auf den linksextremistischen Zuträger Robert Andreasch wird kritisch verwiesen, Professoren, die Böcker beispringen, kommen zu Wort.
Das Schmiermittel der Demokratie – soviel sei vorausgeschickt – ist das Gespräch, der Dialog, und mehr: der wohlwollende, auf Verständnis und Verständigung angelegte Austausch und Streit mit Worten, an dessen Ende der Kompromiß, jedenfalls keine Ausgrenzung steht. Dieser Austausch wird Böcker bis heute verweigert: Er hat sich für das Normalste zu rechtfertigen – für eine andere Meinung, für einen Debattenanstoß.
Hier kommt er einmal selbst zu Wort.
SEZESSION: Herr Böcker, haben Sie bei Erscheinen der ersten von Ihnen verantworteten Campus-Ausgabe mit solchen Reaktionen gerechnet?
BÖCKER: Nein, nicht mit solchen Reaktionen. Ich habe gehofft, daß die äußerst klugen Artikel von Professor Gottfried Küenzlen und Dr. Jochen Bohn rege diskutiert werden. Daß das Gespräch sich um das Verhältnis zwischen Soldat und Nation dreht. Daß der Begriff des Staatsbürgers in Uniform diskutiert wird. Die Leute hätten sich auch gerne über jeden Text in der CAMPUS empören können. Aber daß sich dann alles um meine Person dreht, und selbst gestandene Professoren wie der SPD-Politiker Herr Gantzer meinen Rücktritt und sogar disziplinarische Maßnahmen fordern, hätte ich nicht gedacht.
SEZESSION: Den Stein losgetreten hat Ihre Präsidenten, Frau Professorin Niehuss. Können Sie das verstehen?
BÖCKER: Ich unterstelle der Präsidentin, daß sie in echter Sorge um mich und die Bundeswehr-Universität gehandelt hat. Ich kann aber den Grund für diese Sorge nicht erkennen: Ich habe nichts Verbotenes getan. Ich habe das Recht, mich zu äußern, ich habe das Recht, Argumente des Instituts für Staatspolitik aufzugreifen und zur Debatte zu stellen; und ich habe sogar das Recht auf Irrtum. Ich bitte darum, mich zu korrigieren. Ich höre gern zu, und ich diskutiere gern.
SEZESSION: Ihre Präsidentin sieht aber bereits in Ihrer Vorlage zur Debatte über die „Frau als Soldat“ einen Verstoß gegen, wie soll man sagen – gegen den Konsens aller wachsamen Bürger und Soldaten, Argumente von rechts nicht zuzulassen.
BÖCKER: Mir ist nicht klar, warum Sie die Argumente zum Thema „Frau als Soldat“ für rechts halten. Aber das ist ein anderes Thema. Mir ist viel wichtiger, eines klarzustellen: Konsens ist langweilig, wenn er am Anfang der Debatte steht. Er kann am Ende stehen, muß es aber nicht. Am Anfang muß nur der Konsens über die Diskussionsregeln stehen: keine Tiefschläge, Austausch von Argumenten, ein gutes Gespräch, keine Distanzierungsaufforderungen. Ich war mir tatsächlich nicht sicher, ob es funktionieren würde. Jetzt weiß ich, daß es in diesem Fall nicht funktioniert hat. Vielleicht funktioniert es ja beim nächsten Mal.
SEZESSION: Und nun?
BÖCKER: Ich wünsche mir drei Dinge. 1. Man möge mein Recht auf freie Meinungsäußerung respektieren; 2. Man möge sich dann vor mich stellen, wenn über einem Beitrag des Bayrischen Rundfunks am Ende steht: „Unterlaufen Neonazis Studentenzeitung?“ Da ist der Maßstab völlig abhanden gekommen: Ein Neonazi, und selbst ein „rechter Aktivist“, wie es so schön hieß, ist etwas ganz anderes als ein katholisch-konservativer Offizier – so wie ich es bin.
SEZESSION: Und drittens?
BÖCKER: 3. Ich bitte um Sachargumente. Ich habe ständig Fragen danach zu beantworten, ob ich dürfe, was ich tue. Ich akzeptiere diese Fragestellung nicht: Natürlich darf ich es. Ich bin Oberleutnant, diene seit 2005 und bin mündiger Student. Ich will jetzt endlich über die Sache reden.