Patrick Bahners und die “Campus Drei”

Eine unerwartete und vorzüglich argumentierte Schützenhilfe bekamen heute in der FAZ die "Campus Drei" (Martin Böcker, Felix Springer, Larsen Kempf) ausgerechnet von Patrick Bahners.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Sie wiegt umso mehr, als sich Bah­ners nicht von poli­ti­schen Sym­pa­thien lei­ten läßt, son­dern die Sache ganz grund­sätz­lich und prin­zi­pi­ell abklopft. Das bedeu­tet erst­mal, die Reiz­wör­ter und Klin­gel­phra­sen links lie­gen zu las­sen, und sich bei­spiels­wei­se anzu­se­hen, was in der inkri­mi­nier­ten Zeit­schrift “Cam­pus” denn nun wirk­lich drin­nen steht, seit die Böse­wich­ter sie über­nom­men haben.

Und dort ent­deckt Bah­ners zu unser aller größ­ten Ver­blüf­fung kein “ultra­kon­ser­va­ti­ves” (O‑Ton Spie­gel) Gedöns, son­dern einen nüch­ter­nen, offe­nen Ton­fall und Plä­doy­ers für “ehr­li­che Debat­ten”, mit­samt Pro- und-Con­tra-Mei­nungs­bei­trä­gen zu einem The­ma, das auch er selbst als “hei­ßes Eisen” aner­kennt, des­sen Dis­kus­si­on durch­aus legi­tim sei.

Der Chef­re­dak­teur von „Cam­pus“, Mar­tin Böcker, teilt im Edi­to­ri­al über die Absicht hin­ter dem Dis­put mit: „Wir fas­sen auch das hei­ße Eisen der miss­lun­ge­nen Inte­gra­ti­on der Frau in den Streit­kräf­ten an: Bei Lob und Kri­tik gilt die Dis­kus­si­on jeweils der Struk­tur, nicht der Kame­ra­din – auch ihr Dienst ist dan­kens­wert, edel und gut.“ In Lori­ots Film „Ödi­pus­si“ wird ein Ver­ein zur Inte­gra­ti­on der Umwelt und der Frau in den Kar­ne­val aus der Tau­fe geho­ben, des­sen Grün­der über­zeugt sind, „drei ganz hei­ße Eisen“ ange­fasst zu haben. Böcker hat gelernt, dass man sich tat­säch­lich die Fin­ger ver­brennt, wenn man das Schei­tern der Inte­gra­ti­on der Frau in die Bun­des­wehr als Tat­sa­che und Aus­gangs­punkt einer Struk­tur­dis­kus­si­on hin­stellt. Doch der Ort für den Wider­spruch zu die­sen Ansich­ten des Chef­re­dak­teurs wäre ein Leser­brief oder Gegenartikel.

Statt­des­sen wur­de ver­sucht, Böcker wegen sei­ner kon­ser­va­ti­ven poli­ti­schen Aus­rich­tung zu stig­ma­ti­sie­ren und damit zur Unper­son zu erklä­ren. Zwei anti­fan­ti­sche Reprä­sen­tan­ten des Gen­res schaff­ten es sogar, sich als “Repor­ter” des  Bay­ri­schen Rund­funks zu ver­kau­fen und sich von die­ser Platt­form aus in gewohnt mie­ser Wei­se (“Unter­lau­fen Neo­na­zis Stu­den­ten­zei­tung?”) über die “Campus”-Redakteure aus­zu­las­sen.  Dabei durf­ten die bei­den mun­ter von der Leber weg phantasieren:

Die Bun­des­wehr ist gera­de in einem Umbruch, die Wehr­pflicht ist abge­schafft, wir haben die Berufs­ar­mee . Vie­le haben schon im Vor­feld der Reform befürch­tet, wir könn­ten hier so eine Art Staat im Staa­te bekom­men, mit auto­ri­tä­ren Zügen, und da ist es natür­lich beson­ders pro­ble­ma­tisch, wenn sich Offi­zie­re mit ganz offen­sicht­lich einem rech­tem Hin­ter­grund dann auf ein­mal breitmachen…

Klar, all das kann ja nur dazu füh­ren, daß Mar­tin Böcker zu einem Gene­ral Fran­co oder Pino­chet auf­steigt und eines Tages gegen die hilf­lo­se Repu­blik putscht, was ohne Zwei­fel sein ins­ge­hei­mes Lang­stre­cken­ziel ist. Komi­scher­wei­se hat gera­de die Jun­ge Frei­heit, für die Böcker gele­gent­lich Kolum­nen schreibt, in einer gan­zen Arti­kel­se­rie gegen die Aus­set­zung der Wehr­pflicht ange­schrie­ben, aber das ist wohl nur Teil einer abge­feim­ten Täuschungsstrategie.

Dies sind die alt­be­kann­ten Waf­fen aus dem Arse­nal der “Herr­schaft des Ver­dachts”, oder wie Mathi­as Brod­korb sagen wür­de, der “Mimi­kry-Ent­lar­vung”:

In ihrem Elek­tro­brief führt die Prä­si­den­tin (der Uni­ver­si­tät, Merith Nie­huss) aus: „Weder die ‚Jun­ge Frei­heit’ noch das ‚Insti­tut für Staats­po­li­tik’ sind der­zeit Objekt der Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz. Somit kann der Bezug der Schrif­ten grund­sätz­lich jeder und jedem Ein­zel­nen, auch jeder und jedem ein­zel­nen Stu­die­ren­den, nicht unter­sagt wer­den. Ich möch­te den­noch dar­auf hin­wei­sen, dass nach mei­ner Auf­fas­sung hier eine poli­ti­sche Nähe zum Rechts­extre­mis­mus nicht aus­zu­schlie­ßen ist und dass die­se Affi­ni­tät zur ‚Neu­en Rech­ten’, die mit der Schal­tung der Anzei­ge in unse­re Uni­ver­si­tät ein­zieht, eine poli­ti­sche Rich­tung auf den Cam­pus bringt, die weder an der Uni­ver­si­tät noch auch im Bereich des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Ver­tei­di­gung hin­ge­nom­men wer­den kann.“

Der letz­te Halb­satz hat Mit­glie­der des Lehr­kör­pers zu der Ver­mu­tung ange­regt, dass die Prä­si­den­tin auf Auf­for­de­rung aus Ber­lin tätig gewor­den sein könn­te. Das Spek­trum der poli­ti­schen Rich­tun­gen, an denen sich Sol­da­ten ori­en­tie­ren dür­fen, ohne dienst­li­che Nach­tei­le fürch­ten zu müs­sen, deckt sich mit dem Ver­fas­sungs­bo­gen. Den „Staats­po­li­ti­kern“ vom Rit­ter­gut müss­te Frau Nie­huss also staats­feind­li­che Betä­ti­gung oder Gesin­nung vor­wer­fen kön­nen. Doch die Begrün­dung ihres Ver­wei­ses beschränkt sich auf ein Han­tie­ren mit Reiz­wör­tern. Dass „der­zeit“ kei­ne Beob­ach­tung durch den Ver­fas­sungs­schutz statt­fin­det, bedeu­tet den Anfang eines Anfangs­ver­dachts. Anti­fa-Akti­vis­ten mögen sich einer sol­chen wahn­haf­ten Logik der Ver­däch­ti­gung um jeden Preis hin­ge­ben. Hier haben wir es aber mit der Äuße­rung einer Uni­ver­si­täts­prä­si­den­tin in Wahr­neh­mung ihrer dienst­li­chen Auf­ga­ben zu tun.

Wobei Nie­huss’ Vor­ge­hen durch­aus eine gewis­se Metho­de hat:

Gemein­sam mit sei­nem poli­tik­wis­sen­schaft­li­chen Kol­le­gen Car­lo Masa­la hat es Wolff­sohn als „Sys­tem­bruch im Rah­men der Demo­kra­tie“ gerügt, dass die Prä­si­den­tin unlieb­sa­me, aber unspe­zi­fi­zier­te Mei­nun­gen per Anord­nung vom Cam­pus ver­ban­nen will. In der ame­ri­ka­ni­schen Recht­spre­chung zur Rede­frei­heit gibt es den Begriff des „chil­ling effect“. Vage Umschrei­bun­gen des Unsag­ba­ren durch die Auto­ri­tä­ten sen­ken die Gesprächs­tem­pe­ra­tur und füh­ren auch ohne aus­drück­li­che Rede­ver­bo­te dazu, dass ein Unter­ge­be­ner sei­ne Zun­ge hütet. Ein eisi­ger Wind weht einen an, wenn Frau Nie­huss über ihre Pres­se­stel­le mit­tei­len lässt, dass sie die Mei­nungs­frei­heit ver­tei­di­ge. Die­ser Zei­tung stand sie für ein Gespräch nicht zur Verfügung.

Bah­ners sieht die Prä­si­den­tin also ein­deu­tig um Unrecht, und kann den Ange­grif­fe­nen sei­nen Respekt für ihre Stand­haf­tig­keit nicht versagen:

In der Mit­tei­lung von Frau Nie­huss heißt es wei­ter: „Wenn­gleich die Uni­ver­si­tät die Mei­nungs­frei­heit des Ein­zel­nen als hohes Gut der Demo­kra­tie schützt und garan­tiert, sehen wir doch in einer Ver­brei­tung die­ses geis­ti­gen Gedan­ken­guts einen poten­ti­el­len Herd für eine Nähe­rung an den Rechts­extre­mis­mus, die wir schon im Grund­satz ver­hin­dern wol­len.“ Man muss die Geis­tes­stär­ke der stu­den­ti­schen Redak­teu­re von „Cam­pus“ bewun­dern, die durch die eige­ne Hoch­schul­lei­tung an den Pran­ger gestellt wer­den und sich in ihrer Stel­lung­nah­me den Hin­weis nicht ver­knei­fen, dass man schon am Sprach­li­chen, am Pleo­nas­mus des „geis­ti­gen Gedan­ken­guts“ das Undurch­dach­te und Halt­lo­se der Akti­on der Prä­si­den­tin erkennt.

Da Dro­hen und “chil­ling effects” erst­mal nicht gehol­fen haben, hat nun ein Teil der Pro­fes­so­ren­schaft eine ande­re Stra­te­gie ein­ge­schla­gen, und eine alber­ne Jam­mer- & Kum­mer­fal­ten-Reso­lu­ti­on ver­ab­schie­det, frei nach dem Mot­to “Was seid ihr doch für böse Kin­der, daß ihr uns so weh tun müßt, schämt ihr euch denn gar nicht?”

„Es besorgt uns, dass das Sprach­or­gan der Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten von Stu­die­ren­den mit extre­men Ansich­ten gelei­tet wird. Es besorgt uns, dass die­se Per­so­nen offen­sicht­lich in die­se Posi­tio­nen gewählt wur­den. Es besorgt uns, dass die Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten ‚erst ein­mal abwar­ten’. Es besorgt uns, dass es extre­mis­ti­sches Gedan­ken­gut über­haupt gibt und dass es bei uns ver­brei­tet wird. Es besorgt uns, dass es in der Stu­den­ten­schaft kei­nen ‚Auf­schrei’ gibt.“

Daß es “extre­mis­ti­sches Gedan­ken­gut über­haupt gibt”! Oh Weh, welch Schmerz über die­se böse, böse Welt!

Bah­ners kom­men­tiert das gänz­lich unge­rührt mit einem lako­ni­schen Satz:

Ob Stu­den­ten sich von Pro­fes­so­ren auf Stu­den­ten het­zen las­sen wer­den, steht in Neu­bi­berg noch dahin.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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