Volksprophetin

Kurz vor Mitternacht noch ein schneller Geburtstagsgruß an Louise Otto-Peters zum 190.! Die Bürgerstochter aus wohlhabendem mitteldeutschen Hause ...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

…hat nicht nur zahl­rei­che lieb­li­che Ver­se zu Orten und Stät­ten unse­rer Wahl­hei­mat ver­faßt. Sie war über­dies eine stram­me Patrio­tin des Vor­märz. Gedich­te wir ihr “Römisch und Deutsch” (1845) wür­den, heu­te ver­faßt, wohl einer Zen­sur zum Opfer fal­len. Sogar das Libret­to zu einer durch und durch vater­län­di­schen Oper über Theo­dor Kör­ner stammt aus ihrer Feder. Oft nutz­te sie das Pseud­onym “Otto Stern” – das tat sie als Femi­nis­tin. Wer Otto-Peters heu­te rühmt, tut dies des­halb.  Sie zähl­te zu den Grün­dungs­müt­tern des All­ge­mei­nen Deut­schen Frau­en­ver­eins und gab die ers­te Frau­en­zei­tung her­aus, die mit sol­cher Leit­idee auf dem Titel warb: Dem Reich der Frei­heit werb´ ich Bür­ge­rin­nen! Die  “Teil­nah­me der Frau an den Inter­es­sen des Staa­tes” stell­te für sie “nicht ein Recht, son­dern eine Pflicht” dar. Mit der zwei­ten deut­schen Frau­en­be­we­gung, für die Ali­ce Schwar­zer steht, hat­te das alles wenig gemein.

Ein paar( u.a.!) jah­res­zeit­lich ange­mes­se­ne Ver­se aus ihrem Gedicht­schaf­fen sei­en angefügt:

Wir dür­fen kei­nem Früh­ling je vertrauen
So lang sich nicht die ers­te Schwal­be zeigt,
Noch nicht beginnt ihr trau­tes Nest zu bauen,
Noch nicht mit Zwit­schern auf und niedersteigt,
Und fröh­lich ein­zieht in den alten Kreis -
Sie erst bringt uns des Früh­lings dau­ernd Reis.

Und also ist es auch im Völkerleben!
Schon manch­mal ward ein har­tes Joch gesprengt,
Schon manch­mal hat es freie Flut gegeben
Und fri­sches Grün, das sich hervorgedrängt.
Schon manch­mal schiens, als sei es Frühlingszeit -
Dann kam ein Sturm – und alles war verschneit!

Ein War­nungs­ruf! doch soll er uns nicht rauben
Das fro­he Hof­fen, daß es Früh­ling wird,
Den ewi­gen, den hohen Zukunftsglauben!
Er bleib in jedem Her­zen unbeirrt.
Doch nie­mand sei in Sicher­heit gewiegt,
So lan­ge nicht zum Nest die Schwal­be fliegt.

So lan­ge nicht zu uns aus schö­nem Süden
In jedes Haus ein Frie­dens­bo­te kam -
So lan­ge nicht am Her­de, den wir hüten
Der Frei­heit Lied ein jedes Ohr vernahm -
So lan­ge nicht von allen Dächern reden
Nach kecker Schwal­ben­art die Volkspropheten!

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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