30. März 2009
Sellering und die Insel
Erik Lehnert
Eine Woche ist es nun schon wieder her, daß der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung meinte, die DDR verteidigen zu müssen. Sie sei kein "totaler Unrechtsstaat" gewesen, wenn zu ihr auch immer "ein Schuß Willkür und Abhängigkeit" gehört habe. Dafür hat Sellering ordentlich Kritik einstecken müssen, lediglich die Genossen (sowohl der SPD als auch der Linken) haben ihn verteidigt. Als Wessi, so lautete der Vorwurf ehemaliger Bürgerrechtler, könne er das gar nicht beurteilen.
Für Sellering gilt: Wer nicht viel weiß, kann viel behaupten. Als Politiker und Wessi muß er sich bei den Mecklenburgern irgendwie beliebt machen und sei es eben, indem er auf der anhaltenden Ostalgie-Welle mitschwimmt. Allen, die es etwas genauer wissen wollen, empfehle ich dringend einen Roman über die DDR-Zeit. Es ist nicht "Der Tum" und auch nicht "Das Land der Wunder", sondern "Die Insel" von Matthias Wegehaupt.
Der Roman hat einen autobiographischen Hintergrund und spielt auf einer fiktiven Insel an der Ostseeküste, also in Mecklenburg-Vorpommern, und schildert die schleichende Besitzergreifung dieser Insel durch den Stasi-Staat. Im Mittepunkt steht ein junger Maler, der sich auf diese Insel zurückgezogen hat, um sich dem Zugriff des Staates zu entziehen. Am Ende gelingt es dem Stasi-Apparat, das stillschweigende Vertrauen der Menschen untereinander zu zerstören. Eindringlich schildert Wegehaupt das subtile System von Zuckerbrot und Peitsche, die um sich greifende Gleichgültigkeit und die Ausweglosigkeit der Situation. Warum der Roman, als er 2005 erschien, nicht mehr Aufsehen erregt hat, weiß ich nicht. Trotz einiger Klischees (die schöne Stasi-Frau und der Naturbursche) wird es auf den 1000 Seiten nicht langweilig. Und schließlich sagt so ein Buch mehr über die DDR aus als die zahlreichen Bände der Enquete-Kommission zur "Aufarbeitung der SED-Diktatur".
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