stieß zu der Ecke vor, in der Tonbänder mit eingelesenen Geschichten und ganzen Romanen und Hörspiele lagerten. Mitte der Neunziger trat das Hörbuch dann seinen Siegeszug an: Die CD reduzierte das Format und machte alles handhabbar, und wer den Trend witterte, gründete einen Verlag oder wenigstens eine neue Sparte und stecke seinen Claim ab.
Heute scheint das Land aufgeteilt. Scheint! Man reißt die Augen auf, wenn man das Programm der jungen, ganz auf Hörbücher konzentrierten Edition Apollon studiert: Kann es möglich sein, daß keiner der großen Verlage den Roman Der Trinker von Hans Fallada einlesen ließ, wo Fallada doch gerade noch einmal neu entdeckt wird, vor allem im Ausland? Es ist möglich, und so ist Der Trinker nun also in Königs Wusterhausen bei Edition Apollon erschienen: Sechs CDs (602 min, 24.99 €) liegen in einer famos gestalteten Box – Rotweinränder abgestellter Gläser führen gleich ins Thema ein. Die Stimme Christian Melcherts spielt über Stunden mit den guten Vorsätzen, der Verzweiflung, der Weinseligkeit und der herrischen Unlogik des Falladaschen Säufers von Format.
Nun hat der Verlag sich Ernst Jüngers Waldgang angenommen. Er ist in vollständiger Lesung (200 min, 23.99 €) jüngst bei Edition Apollon erschienen, und wer schon einmal mit den Gralshütern des Jünger-Nachlasses über die Abdruckrechte eines Werks oder Briefs oder Bilds verhandelt hat, der weiß, daß die Hörbuch-Verleger ein Schlupfloch gefunden haben müssen. Hoffentlich wird es nicht verstopft, wir entbehren noch der Stahlgewitter und des Wäldchens 125 und vor allem des Leutnants Sturm, alles eingelesen und ähnlich wunschlos gut gestaltet wie nun zunächst Der Waldgang. Aber: Man möchte dann einen anderen Sprecher hören. Thomas Arnolds Stimme gibt dem Jüngerschen Waldgänger, dem Widerständigen keine rechte Glaubwürdigkeit, sie ist einen bißchen zu wenig weise, ein bißchen zu sehr – BRD.
Der Waldgang ist kein bißchen BRD, sondern jenseits der Systeme. Er ist nicht leicht zu lesen, nicht gerade vertrackt, aber hintergründig. Vor allem ist er souverän. Und natürlich gewöhnt man sich auch an eine Stimme, die nicht ganz paßt, zumal Arnold sich einschwingt.
Die Lesung der Kosaken von Leo Tolstoi hat man André Beyer anvertraut – eine glänzende Wahl. Tief, satt ist die Stimme, die den Hörer in den Kaukasus zieht, dorthin, wo Tolstoi einen Teil seiner Offizierszeit verbrachte: Die Kosaken (408 min, 21.99 €) gehört zu seinen weniger bekannten Werken, und es ist – durch diesen Sprecher – zu einem großen Ton geworden: Man freut sich auf den Winter, auf die Vorlesezeit. Trinker, Waldgang und Kosaken – bei Edition Apollon ist ein Kenner am Werk.