„Jugendgewalt“: Eine Verurteilung, ein Tod und das alltägliche Zurückweichen

Das Thema „Jugendgewalt“ kocht derzeit wieder hoch. Das liegt zum einen an der Verurteilung von Torben P. (18).

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

Der von Kant inspi­rier­te U‑Bahnschläger wur­de zu zwei Jah­ren und zehn Mona­ten Haft ver­ur­teilt. Das Gericht ver­län­ger­te aller­dings vor­erst die Haft­ver­scho­nung. Zum ande­ren kam es am Sonn­abend zu einer ver­häng­nis­vol­len Begeg­nung zwi­schen zwei tür­ki­schen Inten­siv­tä­tern und einem Ita­lie­ner, der auf der Flucht vor ihnen vor ein Auto rann­te und dabei starb.

Giu­sep­pe M. (23) befand sich zusam­men mit sei­nem Freund Raoul S. (22) nach einer lan­gen Nacht gegen fünf Uhr auf dem Heim­weg. Am U‑Bahnhof Kai­ser­damm stell­ten sich drei jun­ge Män­ner den bei­den in den Weg, woll­ten erst Ziga­ret­ten und schlu­gen dann auf sie ein. Giu­sep­pe und sei­nem Freund gelang zunächst die Flucht. Doch vor lau­ter Angst rann­te der Ita­lie­ner vor ein Auto, das ihn erfaß­te. Jede Hil­fe kam danach für ihn zu spät.

Einen Tag spä­ter stell­ten sich zwei Tür­ken aus Neu­kölln (20/21) der Poli­zei, die eine Betei­li­gung an der Hetz­jagd zuga­ben. Es han­delt sich dabei um poli­zei­be­kann­te jun­ge Män­ner, die bereits mehr­mals wegen Raub und Gewalt­ta­ten auf­ge­fal­len sind.

Aus der Erfah­rung von mitt­ler­wei­le rund 400 Fäl­len Aus­län­der­ge­walt des Pro­jekts deutscheopfer.de zeich­net sich ab, daß sich die Opfer­su­che instink­tiv bin­nen Sekun­den abspielt. Die Täter fra­gen sich: Wer gehört nicht zu uns? Wer schaut ängst­lich? Wer ist ein leich­tes Opfer? Selbst­ver­ständ­lich kann es da auch einen wenig gebräun­ten, vom äuße­ren Erschei­nungs­bild her sehr wei­chen Ita­lie­ner wie Giu­sep­pe treffen.

Der tra­gi­sche Tod des Soh­nes eines ita­lie­ni­schen Restau­rant­be­sit­zers auf der Flucht vor zwei tür­ki­schen Schlä­gern zeigt aber noch etwas ande­res: Das lin­ke Gere­de von Dees­ka­la­ti­on ist nicht nur voll­kom­men naiv, son­dern kann auch fata­le Fol­gen haben. In ver­schie­de­nen Medi­en heißt es, Giu­sep­pe habe vor Kur­zem erst einen „Anti-Eska­la­ti­ons-Kurs“ mit­ge­macht. Ab Okto­ber hät­te er zudem bei der Bun­des­wehr gedient – wie er sagt, weil er „an das Gute und den Frie­den in der Welt“ glaub­te und die­sen ver­tei­di­gen wollte.

Ich kann mir gut vor­stel­len, was Giu­sep­pe bei sei­nem „Anti-Eska­la­ti­ons-Kurs“ gelernt hat, weil ich als Selbst­ver­tei­di­gungs­trai­ner vor eini­ger Zeit ein­mal an einem Lehr­gang in Ber­lin teil­nahm. Wir wur­den von den Lei­tern die­ses Lehr­gangs in der obli­ga­to­ri­schen Vor­stel­lungs­run­de gefragt, was wir jun­gen Leu­ten raten wür­den, um aus Gewalt­si­tua­tio­nen heil her­aus­zu­kom­men. Alle Trai­ner außer mir erklär­ten dar­auf­hin, man kön­ne kri­ti­sche Situa­tio­nen auch mit Wor­ten – etwa einem beherz­ten „Stop!“ – klä­ren. Von eige­ner Gewalt­an­wen­dung woll­te nie­mand etwas wis­sen. Gera­de das ist aber das Gefährliche.

In einer Situa­ti­on wie der von Giu­sep­pe am Sonn­abend hilft nur noch eins: Wer nicht gelernt hat, wie man rich­tig zuschlägt, der muß als Not­wehr wild um sich schla­gen, dem Täter in die Weich­tei­le tre­ten, ihn anspu­cken und laut schrei­en. Die Sta­tis­tik zeigt, daß 80 Pro­zent der Täter von ihrem Opfer ablas­sen, wenn es sich ent­schie­den genug wehrt. Das belegt auch die Chro­nik von „Deut­sche Opfer“: Erstaun­li­cher­wei­se gelingt es vor allem Frau­en, in sol­chen Situa­tio­nen das Rich­ti­ge zu tun. In bes­ter Erin­ne­rung ist mir eine 26-Jäh­ri­ge aus Wat­ten­scheid geblie­ben, die sofort auf einen Sexu­al­straf­tä­ter mit ihrer Hand­ta­sche ein­schlug, ihn mit ihren Stie­feln trat und dabei laut schrie.

Ver­mut­lich wur­de Giu­sep­pe dage­gen in sei­nem „Anti-Eska­la­ti­ons-Kurs“ eine Harm­lo­sig­keit emp­foh­len, die sich nun fatal aus­wirk­te. Ganz frisch in unse­rer Chro­nik fin­den sich zwei Fäl­le, bei denen die Opfer in der Über­zahl waren, aber trotz­dem von gleich­alt­ri­gen Aus­län­dern abge­zo­gen wur­den. War­um las­sen sie sich das gefal­len? War­um schlägt nicht mal einer so rich­tig kräf­tig zurück?

In man­chen Ecken die­ser Repu­blik ist es für Gegen­wehr schon zu spät – etwa für die ver­blie­be­nen drei deut­schen Schü­ler an der Jens-Nydahl-Grund­schu­le. Dort aber, wo die Ver­hält­nis­se noch rela­tiv aus­ge­gli­chen sind, ste­hen die jun­gen Deut­schen vor der Her­aus­for­de­rung, sich hand­fest zu weh­ren, wenn es not­wen­dig ist.

Hier geht es zu deutscheopfer.de.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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