als viele ihrer Pendants. Das lag vor allem an dem ehemaligen Hauptschullehrer Wolfgang Schenk, der durch Konfrontation mit der Wirklichkeit aus seinen multikulturellen Träumen aufgewacht ist.
Schenk ist ein alter (und ehemaliger) Linker, der bis 2007 an verschiedenen Berliner Schulen erlebt hat, wie sich das anfühlt, andauernd als „Schweinefleischfresser“ beschimpft zu werden. Hatten junge Türken ihre Hausaufgaben vergessen, lag dies am „Nazi“-Lehrer. Brachte jemand aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse schlechte Noten nach Hause, konnte dies nur daran liegen, daß der Lehrer etwas gegen die Religion der Schüler hatte.
Es ist gar nicht vorstellbar, was sich in diesem Mann angestaut haben muß, der jahrzehntelang diesen Schikanen ausgesetzt war. Und alle Entscheidungsträger, die ein bißchen Einblick in die Problemschulen haben, wissen es seit über 20 Jahren. Schenk mußte Anfang der 80er-Jahre von der Schulbehörde aus türkische Schimpfwörter lernen, damit er wenigstens verstehen könnte, was seine Schüler über ihn dächten.
Anhand selbst erlebter Beispiele konnten der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky und die Journalistin Güner Balci (Kampf im Klassenzimmer) ergänzen, mit welcher Verachtung die meisten jungen Türken und Araber aus der dritten Einwanderergeneration den Deutschen begegnen. Als die anderen Talkgäste wieder anfingen, von der „Diskriminierung durch die Mehrheitsgesellschaft“ zu faseln, platzte Buschkowsky der Kragen. Man müsse davon wegkommen, die jungen „Migranten“ per se als Opfer zu betrachten. Die Diskriminierungsthese ist schon deshalb abwegig, weil die jungen Ausländer entweder weitestgehend unter ihresgleichen bleiben oder – wie etwa in Neukölln – bereits die Mehrheit stellen.
Als Abschluß der Sendung hatte sich die Redaktion von Anne Will dann etwas Besonderes ausgedacht: Man fragte am Freitag zum Fußball-Länderspiel junge Türken mit deutschem Paß, für wen ihr Herz schlägt. Durchweg bekamen die Reporter gesagt, dies sei doch ganz klar, für die Türkei natürlich. Und wie ist das mit Özil? „Ein Verräter!“
Schade, daß die Reporter nicht auch in anderen Städten unterwegs waren: In München wurde nach dem Länderspiel ein Polizist krankenhausreif geschlagen, weil er bei den zu erwartenden „spontanen Feierlichkeiten“ (O‑Ton Polizei) der Türken deeskalierend eingreifen wollte.
Mehr aktuelle Fälle dieser Art gibt es auf deutscheopfer.de. Die Talkrunde von Anne Will kann man sich noch einmal anschauen, oder – wer abkürzen will – die Besprechungen auf stern.de („Auf den Schulflur pinkeln statt Deutsch lernen“) oder bei Welt-Online („Wenn das Herz immer noch für die Türkei schlägt“) nachlesen. Zum Buch Deutsche Opfer, fremde Täter mit dem theoretischen Hintergrund geht es hier.
S. Wunder
Bezeichnend fand ich die Diskussion mit der Kopftuchträgerin Nas darüber, ob man einer Dreizehnjährigen das Tragen eines Minirocks verbieten solle. In dieser Frage wurden die Bruchlinien des ansonsten nicht angesprochenen Identitätskonflikt offen sichtbar. Die vorsichtigen Kritiker der Überfremdung taten so, als sei das minirocktragende Kind ein positives Symbol deutscher Identität. Einige Wochen zuvor war schon die "Schlampe" zum Ideal deutscher Weiblichkeit erklärt worden, und Teilen der Islamkritik fällt bei Fragen nach ihrer identitären Positionierung nicht mehr ein als der Verweis auf den eigenen Alkoholkonsum. Manchmal fällt mir unter diesen Bedingungen der Glaube an Deutschland schwer.