Tag der Kosmonauten

Morgen ist der Tag der Kosmonauten, von dem weder die Deutschen noch hier die Spanier viel wissen ...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

… (für spät­ge­bo­re­ne West­deut­sche: Kos­mo­naut = Astro­naut). Wie hef­tig er in Ruß­land gefei­ert wird, ent­zieht sich unse­rer Kennt­nis – Ostern fei­ert man dort ja erst eine Woche spä­ter. Jeden­falls war es ein 12. April, als Juri Gaga­rin 1961 den ers­ten bemann­ten Welt­raum­flug unternahm.

Vom Kos­mos kom­me ich auf eine deut­lich nie­de­re Sphä­re: Die des deut­schen Schre­ber­gar­tens, die unser Mit­blog­ger Adolph Przy­by­szew­ski kürz­lich unter die Lupe genom­men hat­te. Der nicht unmit­tel­bar nahe­lie­gen­de Zusam­men­hang zwi­schen Kos­mo­nau­ten und Klein­gärt­nern erschließt sich so:

2002 lief eher unbe­ach­tet ein wun­der­voll-trau­ri­ger Film in den Kinos, er hieß „Der Brief des Kos­mo­nau­ten”. Dar­in gings um eine deutsch­stäm­mi­ge Fami­lie, die aus den Wei­ten der sibi­ri­schen Step­pe nach West­deutsch­land umsie­del­te. Sohn Hein­rich, ein Schul­kind, hat vor allem ein Inter­es­se: das Welt­all. Er möch­te Kos­mo­naut wer­den. Der wei­te Him­mel scheint ihm greif­ba­rer als die­ses selt­sa­me Deutsch­land, wo es zig Regeln gibt, die gar nicht befolgt wer­den. Wie­so gibt es rote Ampeln, wenn doch kei­ner war­tet, bis es grün wird?

Für Hein­richs streng­gläu­bi­gen Vater wie­der­um ist Juri Gaga­rin der Anti­christ und die Welt­raum­sehn­sucht sei­nes Jun­gen ein Cha­rak­ter­feh­ler. Er reißt die mühe­voll gesam­mel­ten Raum­schiff-Pos­ter von den Kin­der­zim­mer­wän­den. Sein Ehr­geiz: einen Platz ist der Schre­ber­gar­ten­ko­lo­nie zu erhal­ten. Ein weit gesteck­tes Ziel, denn die Regeln, die im Klein­gar­ten­ver­ein herr­schen, sind strikt und recht­wink­lig. (Was nicht aufs Dreh­buch, son­dern die Rea­li­tät zurück­geht.) Sie zu befol­gen, trau­en die Ver­eins­vor­de­ren dem daher­ge­lau­fe­nen Rus­so­deut­schen nicht ohne wei­te­res zu. Der tut alles, um die­sen Mus­ter-Deut­schen zu gefal­len. Sei­nem Sohn ver­sucht er das Fami­li­en­ziel begreif­lich zu machen: „Hein­rich, stel­le dir vor, dann hät­ten wir Land, ein klei­nes Stü­ckel zwar nur, aber doch Land, das uns gehört!”
Es kommt alles ganz anders. Denn sind die Zäu­ne erst­mal gefal­len, die Rabat­ten zer­tram­pelt, dann ist vie­les mög­lich zwi­schen alt­deut­scher Schre­ber­ord­nung und dem Welt­all. Ein zutiefst melan­cho­li­scher Film von Vla­di­mir Tobri­ca, den es längst auch auf DVD gibt.

Unse­re (klei­ne­ren) Kin­der (die mit eher anar­chis­ti­scher Beet­füh­rung und Bren­nes­sel­tee auf­wach­sen) übri­gens sagen „Stre­ber­gar­ten” und gehen fest davon aus, daß das auch die rich­ti­ge Bezeich­nung ist.

Bild­quel­le: back garage

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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