gemalt auf die Mauer eines Fabrikgebäudes: „RAF heißt dem Volke dienen“. Jeder wußte damals, was das Kürzel „RAF“ bedeutete. „Rote Armee Fraktion“ stand für das Konzept des „Volkskriegs“.
Nach dem Selbstverständnis der linken Terroristen bildete man die Avantgarde – „Fraktion“ – eines zukünftigen „deutschen Cong“, also eines kommunistischen Partisanenheers, das den Kampf in die Metropolen tragen und dann das verhaßte „System“ stürzen sollte.
Selbstverständlich war die Vorstellung absurd, aber unbestreitbar besaß die RAF einen erheblichen Sympathisantenkreis. Dessen Zusammensetzung war nicht repräsentativ, sondern kopflastig, das heißt je höher der Bildungsgrad, desto wahrscheinlicher das Verständnis oder dann die „klammheimliche Freude“ bei Anschlägen, wahlweise gegen Sachen oder Menschen.
Aber es blieb selbst dort eine Ambivalenz. Auch in der linken Szene gab es Hemmungen, schwankte man zwischen Revolutionsromantik, Solidarität mit den „Genossen“ im Untergrund und dem schlechten Gewissen und wußte man genau, daß die schweigende Mehrheit die RAF für eine Verbrecherbande hielt.
Das Unbehagen erklärt auch, warum 1980, nach dem Anschlag auf das Oktoberfest in München wie den Bahnhof von Bologna, mit so triumphierender Geste auf die andere Seite gewiesen wurde, und warum die tonangebenden Medien sofort daran gingen, das Schreckbild eines ganz Europa umfassenden „rechten“ Terrorismus auszumalen, genährt durch die „Einseitigkeit“ des Kampfs der Behörden gegen RAF, IRA, ETA, , Brigate Rosse, Action Directe etc., gediehen auf einer immer noch faschistischen Mentalität der Masse.
Die Hintergründe der erwähnten Terrorakte sind bis heute ungeklärt, sehr schnell gab es Hinweise auf die Verwicklung von Geheimdiensten. Unbestreitbar war in jedem Fall die Isolation der Täter, nirgends existierte ein Milieu relevanter Größe, von dem sie Hilfe, Nachschub, Logistik erwarten durften.
Ob damals schon die Formel „Braune Armee Fraktion“ eingeführt wurde, wäre zu prüfen. Jedenfalls tauchte sie seit Anfang der neunziger Jahre regelmäßig auf, ganz gleich, ob es um das FAP-Verbot ging, unorganisierte fremdenfeindliche Ausschreitungen, die Aushebung neonazistischer Kleinstgruppen oder den Versuch, sich tragfähige Argumente im „Kampf gegen rechts“ zu verschaffen.
Insofern ist das, was jetzt geschieht, nicht neu, so wenig wie der linke Versuch, aus dem Entsetzen politischen Vorteil zu schlagen, sei es, daß man die Bürgerlichen unter Generalverdacht stellt, sei es, daß man die Töpfe der Antifa füllen will. Die Manöver sind immer gleich durchsichtig und gleich unappetitlich. Denn selbstverständlich kann jeder wissen, daß die Mörder des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ nichts als Mörder sind und nirgends der Satz auf einer Wand stehen wird „NSU heißt dem Volke dienen“.