“Es geht nicht in der CDU” – Fragen an Sebastian Pella

Sebastian Pella schrieb unter anderem für die Sezession. Nach Auffassung seiner Partei, der CDU, ist er damit untragbar geworden. ..

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Sezes­si­on sprach mit Pel­la, der unter ande­rem auch sei­nen Arbeits­platz als Refe­rent im hes­si­schen Land­tag (Weg­wei­ser sie­he Bild) verlor.

SEZESSION: Herr Pel­la, ein anony­mer Mail-Schrei­ber hat Sie in Ihrer Hei­mat­stadt mit dem Vor­wurf denun­ziert, Sie sei­en Autor rechts­extre­mer Blät­ter. Sie haben sich gegen die­se Ver­wür­fe ver­wahrt und sind den­noch aus der CDU aus­ge­tre­ten, um Scha­den von der Par­tei abzu­wen­den. Wie­so das?

SEBASTIAN PELLA: Eine der vie­len Ver­fäl­schun­gen in der Pres­se­be­richt­erstat­tung: Kei­nes­wegs trat ich aus der CDU aus, „um Scha­den von der Par­tei abzu­wen­den“, son­dern um das Zei­chen zu set­zen, rechts­kon­ser­va­ti­ve Posi­tio­nen sind in der CDU nicht (mehr) behei­ma­tet. Indem mir das Ver­trau­en auf den Par­tei­ebe­nen ent­zo­gen und die Unver­ein­bar­keit legi­ti­mer rech­ter Posi­tio­nen mit den „Grund­sät­zen“ der CDU bedeu­tet wur­de, zog ich die Kon­se­quenz des Par­tei­aus­tritts und wich kei­nen Zen­ti­me­ter von Ansich­ten, Publi­ka­tio­nen oder Wort­wahl zurück.

SEZESSION: Sie haben von allen drei Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten die frist­ge­rech­te Kün­di­gung erhal­ten, nach­dem Ihre Autor­schaft in der Sezes­si­on, der Preu­ßi­schen All­ge­mei­nen, bei eigen­tüm­lich frei und in der Neu­en Ord­nung skan­da­li­siert wor­den ist. Der Zusam­men­hang ist offensichtlich …

PELLA: Ich kann mich zu sol­chen Ver­mu­tun­gen aus arbeits­recht­li­chen Grün­den nicht äußern.

SEZESSION: Muß­ten Sie ange­sichts ihres publi­zis­ti­schen Wir­kens in den genann­ten Zeit­schrif­ten nicht mit der nun ein­tre­ten­den Pres­se­kam­pa­gne und den damit ver­bun­de­nen Ein­schnit­ten in ihr beruf­li­ches, poli­ti­sches und pri­va­tes Leben rechnen?

PELLA: Ange­sichts media­ler Hys­te­rie und gera­de­zu maschi­nell ein­set­zen­den Betrof­fen­heits­be­kun­dun­gen bei allem „Rech­ten“ defi­ni­tiv ja. Wie schrieb schon Moh­ler im „Nasen­ring“ zum Fall Jen­nin­ger: „Damit ver­letz­te er die Spiel­re­geln, und er muß­te gehen“. Gleich­wohl ver­hehl­te ich mei­ne rechts­kon­ser­va­ti­ve Ein­stel­lung und ins­be­son­de­re mei­ne jour­na­lis­ti­schen Aus­flü­ge nie­mals. Inner­halb der CDU waren die­se Posi­tio­nen bekannt und gedul­det, auf der unters­ten Par­tei­ebe­ne sogar geteilt und zustim­mend bejaht. Die kla­re inhalt­li­che Posi­tio­nie­rung als Rechts­kon­ser­va­ti­ver ver­folg­te ich kon­se­quent und ver­such­te hier­über den zu ver­zeich­nen­den Link­s­trend in der Uni­on in mei­nem unmit­tel­ba­ren Wir­kungs­um­feld auf kom­mu­na­ler Ebe­ne ent­ge­gen­zu­tre­ten. Hier­mit sowie den publi­zis­tisch getrof­fe­nen Äuße­run­gen ver­letz­te ich die „Spiel­re­geln“ und wur­de „ent­fernt“. Die durch­schau­ba­re Kam­pa­gne lin­ker Denun­zi­an­ten (der anony­me Brief­schrei­ber unter­zeich­ne­te mit „Es lebe der Kom­mu­nis­mus“) führ­te zu der der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Medi­en­öf­fent­lich­keit inhä­ren­ten Reak­ti­on, wirft aber auch ein­mal mehr ein bezeich­nen­des Licht auf die Stand­fes­tig­keit und Prin­zi­pi­en­treue in Rei­hen der Union.

SEZESSION: War Ihr Enga­ge­ment in der CDU also ver­lo­re­ne Liebesmüh?

PELLA: Nein. Erfah­run­gen, selbst nega­ti­ver Art for­men Mensch und Cha­rak­ter. In mei­ner Eigen­schaft als His­to­ri­ker beschäf­tig­te ich mich stets mit meta­po­li­ti­schen The­men, stand vor eini­gen Jah­ren aber vor der Fra­ge, ob und wie ich – anstatt im theo­re­ti­schen Raum rechts­in­tel­lek­tu­el­ler Dis­kus­si­ons­zir­kel – kon­kret vor Ort poli­tisch mit­ge­stal­ten kann. In der CDU erkann­te ich auf loka­ler und kom­mu­na­ler Ebe­ne noch einen boden­stän­di­gen Kon­ser­va­tis­mus der „klei­nen Leu­te“ an der Par­tei­ba­sis und sam­mel­te hier­mit wert­vol­le Erfah­run­gen. Die­ser aus Erfah­rung, Tra­di­ti­on und Hei­mat­ge­fühl gespeis­te Kon­ser­va­tis­mus besitzt aber die ent­schei­den­de Schwä­che, die par­tei­po­li­ti­schen Rea­li­tä­ten auf Lan­des- und Bun­des­ebe­ne nicht ändern zu wol­len, son­dern „Die da oben“ schal­ten und wal­ten zu las­sen. D.h. sei­tens lei­ten­der Par­tei­funk­tio­nä­re wer­den die­se wert­kon­ser­va­ti­ven Anschau­un­gen der ein­fa­chen Par­tei­mit­glie­der instru­men­ta­li­siert, um Wahl­kämp­fe, Finan­zie­rung und Orga­ni­sa­ti­on zu gewähr­leis­ten. Ein Ein­drin­gen die­ser Vor­stel­lun­gen ober­halb der Orts­ver­bands­ebe­ne ist jedoch uner­wünscht. Fakt ist: In der CDU kann eine Hei­mat für rechts­kon­ser­va­ti­ve Denk­an­sät­ze und Über­zeu­gun­gen nicht mehr ver­or­tet wer­den! Es gilt nicht mehr, den „Link­s­trend in der CDU zu stop­pen“, son­dern den Link­s­trend in Deutsch­land zu bekämp­fen. Und das geht nicht in und mit der CDU!

SEZESSION: Aber mit wel­chen Kräf­ten sonst? Sehen Sie poli­ti­sche Alternativen?

PELLA: Par­tei­po­li­tisch bedarf es – ana­log zu den euro­pa­weit exis­ten­ten Par­tei­en­land­schaf­ten – einer rechts­de­mo­kra­ti­schen Alter­na­ti­ve zu unse­rem eta­blier­ten Par­tei­en­spek­trum, doch erach­te ich die Neu­grün­dung einer rech­ten Split­ter­par­tei als nicht ziel­füh­rend. Der Wind muß sich inner­halb des Gemein­we­sens dre­hen und eine Art Gras­wur­zel­be­we­gung außer­par­la­men­ta­ri­schen Druck erzeu­gen, dem sich wie­der­um die Par­tei­en – ihrem Stre­ben nach Macht­er­halt fol­gend – anschlie­ßen oder eine Alter­na­tiv­par­tei Optio­nen aus­lo­ten kann. Anzei­chen für einen Men­ta­li­täts­wan­del wer­den bereits im per­sön­li­chen Umfeld, gleich­sam in gesell­schaft­li­chen Umbrü­chen greif- und sichtbar.

Im Ange­sicht glo­ba­li­sier­ter Kri­sen­er­schei­nun­gen wächst die Sehn­sucht, mit­tels „fes­ter Ver­an­ke­run­gen“ und „funk­ti­ons­er­prob­ter Bin­dun­gen“ eine kon­ser­va­ti­ve Alter­na­ti­ve zu begrün­den – „sei­en es nun die Bin­dun­gen der Hei­mat oder des Berufs, der Fami­lie oder der Reli­gi­on, der Land­schaft oder der Nati­on, der Kul­tur oder der Moral“, wie das Frank-Lothar Kroll ein­mal aus­ge­drückt hat. Die­ser tra­di­tio­na­le Kon­ser­va­tis­mus darf sich – in den Wor­ten Micha­el Stahls – nicht als „Gegen­po­si­ti­on zum ‚lin­ken‘ Lager“ ver­ste­hen, son­dern muß kraft Über­zeu­gung und dem Wil­len zu einer geis­ti­gen Erneue­rung vor­an­schrei­ten. Die­se Avant­gar­de des Geis­tes wur­zelt aber auch im kon­kre­ten Erfah­rungs­ho­ri­zont und der Lebens­welt „ein­fa­cher“ Men­schen, die in ihrem fami­liä­ren und Freun­des­kreis Tra­di­tio­nen, Kul­tur und Brauch­tum hegen und bewah­ren. Die­ser Aus­tausch von intel­lek­tu­el­len Vor­den­kern des Kon­ser­va­tis­mus mit den in ihrer all­täg­li­chen Lebens­welt vor Ort „das Kon­ser­va­ti­ve“ bewah­ren­den Bür­gern muß der Ansatz­punkt für eine erfolg­rei­che neue Bewe­gung sein!

Götz Kubitschek

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