aufgelöst hat, ist das eine – Tagespolitik, die uns Sezessionisten nicht über die Maßen interessiert. Das munter wechselnde Farbenspiel dünkt uns, grundlegend betrachtet, als bläßliche Einheitssoße. Interessant ist, wie die Verlierer des ephemeren Randspektakels, namentlich die FDP, nun anläßlich der Niederlage nun in die Tasten der „Privatsphäre“-Klaviatur greifen.
Der Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale, Lasse Becker, beklagte sich bitterlich, daß die Meldung vom Koalitionsbruch zeitlich mit der Geburt von Lina Sophie zusammenfiel, der kleinen Tochter des saarländischen FDP-Vositzenden Oliver Luksic. Man hätte damit doch auch einen Tag warten können, so Becker. Das unmenschliche Vorgehen zeige “wie weit es bei der CDU mit dem C noch bestellt ist”.
Ah, das berühmte „C“, hier genau wird also sein endlich Fehlen deutlich! Auch der neue FDP-Chef Patrick Döring zeigte sich pikiert:
„Also zunächst muss man das Stilempfinden der Frau Ministerpräsidentin schon als merkwürdig empfinden. Unser Landesvorsitzender, der Kollege Luksic, befand sich bei der Entbindung seiner Frau im Kreißsaal.“
Für den betroffenen Luksic selbst darf man hoffen, daß das Durcheinander von schöner und schlechter Nachricht kein Geburtstrauma auslöste: „Ich saß mitten im Kreißsaal, als die SMS von Parteifreunden eintrafen, die mich fragten, was da los sei“.
Ich selbst kenne nun ganz ehrlich weder einen Kreißsaal von innen noch wüßte ich genaueres über die Tätigkeit eines Mannes während der Geburt, um so erstaunter frage ich mich: Ist das so? Daß der Mann mitten im Kreissaal hockt? Mit dem Telephon in der Hand? Auch noch eingehende Nachrichten abrufend? Während die Frau sich herumquält und vermutlich dringend den Beistand des Gatten wünscht – sonst wäre er ja nicht mitten im Kreißsaal?
Wir müssen annehmen: So ist es, so war es in jenem Fall, höchst tragisch. Muß man nun daraus das ganz große „Privat-ist-Politik“-Ding machen, ausgerechnet als Vertreter einer liberalen Partei? Anscheinend ist es en vogue, private Umstände geltend zu machen. Christian Wulff ist auch wegen seiner mutmaßlich teuren Scheidung so klamm, daß er auf Privatkredite angewiesen ist, Guttenberg war zur Zeit der Abfassung seiner Dissertation als „junger Familienvater“ gestreßt; wo soll das enden?
Ich weiß es und kann es Ihnen sagen – leider ruft gerade meine Tochter vom Treppenhaus her, sie hat sich anscheinend den Fuß verstaucht. Schlechtes Stilgefühl und unchristlich, wenn ich, noch dazu als kleines Licht ohne politische Verantwortung, hier noch länger argumentiere würde…
Frau Kramp-Karrenbauer übrigens fühlte sich von der Stilkritik nicht sonderlich getroffen und blickte zwischen ihren wuchtigen Brillenbügeln erstaunlich klar und hoffnungsfroh in die Zukunft: »Diese Sezession wird spannend wie nie zuvor!«, rief sie ihren frenetisch applaudierenden Zuhörern am Sonntag zu. Und: da hatte sie recht!
Mag aber sein, wir hätten uns verhört. Hätte sie etwa „Session“ gemeint und die Karnevalisten ansprechen wollen?