mit dem gewalttätigen und totalitären Charakter der islamischen Religion auseinandergesetzt. Mittlerweile geht er jedoch weit über diese Feindbeschreibung hinaus. Das zeigt auch ein Interview mit ihm, das vergangene Woche in der Jungen Freiheit erschienen ist.
Wäre die Islamkritik alles, was Fjordman zu sagen hätte, es wäre wenig originell: Zu offen liegen die negativen Seiten des Islams zutage, zu drängend sind die Probleme, die sich jetzt schon aus seiner Präsenz in Europa ergeben, als daß man sie ignorieren könnte, es sei denn aus ideologischer Verblendung.
Fjordman stellt die in diesem Zusammenhang sich aufdrängende Frage, woher es kommt, daß diese ideologische Verblendung so große Teile der europäischen Öffentlichkeit so fest im Griff hat. Indem er nach den Verantwortlichen fragt, geht er den entscheidenden Schritt über die bloße Islamkritik hinaus. Nur die ersten drei von zehn seiner in Europa verteidigen erstmals auf Deutsch in Buchform erschienenen Essays befassen sich noch mit dem Islam. Mehr und mehr rücken Kultur- und Globalismuskritik in den Mittelpunkt. Daß der Islam ein Dschihadsystem ist, das sich ausbreitet, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt, ist unter kritischen Beobachtern Konsens. Warum er diese Gelegenheit bekommt: Daran scheiden sich die Geister.
Es gibt immer noch Menschen, die glauben, die herrschenden Eliten, die der islamischen Invasion Tür und Tor öffnen, täten dies lediglich aufgrund eines Irrtums; manche glauben auch, man könne die politische Linke von ihrem islamophilen Kurs abbringen, indem man ihr vor Augen führt, daß der Islam – vom Antisemitismus bis zum Gewaltkult – Alles verkörpert, was diese Linke in jedem anderen Zusammenhang ohne weiteres „faschistisch“ nennen würde. Es gibt, kurz gesagt, Menschen, die den Islam kritisieren, aber die voranschreitende Islamisierung nicht wirksam bekämpfen können, weil sie sich von deren Ursache keinen adäquaten Begriff machen. Islamkritik bleibt zahnlos, wenn sie nicht die tödlichen Schwächen einer Kultur benennt, die sich trotz ihrer Überlegenheit in nahezu allen relevanten Bereichen – Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie, Militär – immer willenloser der Zerstörung von außen öffnet. Und vor allem: öffnen läßt.
Fjordman hat es in dem sehr lesenswerten Interview mit der Jungen Freiheit auf den Punkt gebracht:
Muslime und andere Außenseiter unterwandern zwar die westlichen Gesellschaften, indes ist es in der Tat unwahrscheinlich, das sie dazu imstande wären, könnten sie nicht den inneren Verfall und Niedergang des Westens dafür ausnutzen. Manchmal habe ich die Befürchtung, daß wir in der westlichen Welt in einer Art ideologischem Krieg zwischen westlichen und sagen wir mal „post-westlichen“ Menschen gefangen sind. (…) Das heißt, zwischen jenen, die noch eine emotionale und praktische Loyalitat gegenüber traditionellen europäischen Kulturen und Nationen haben, und jenen, die die europäischen Nationen abwickeln wollen, indem sie offene Grenzen und Masseneinwanderung fordern und fördern. Strenggenommen ist der Islam in der Tat ein zweitrangiger Spieler in diesem Spiel – aber dennoch ein sehr gefährlicher. Die Verfechter des kulturellen Marxismus beziehungsweise des Marxismus in all seinen Formen haben zum Niedergang des Westens beigetragen, daneben sind hier aber auch andere Kräfte am Werk.
Zum Beispiel ein neoliberaler entgrenzender und entorteter Kapitalismus nebst den ihn propagierenden und durchsetzenden Eliten, überhaupt jene Schicht international vernetzter Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Manche von ihnen agieren vor, die meisten hinter den Kulissen. Nach dem Ort des alljährlichen Weltwirtschaftsforums könnte man sie die „Davos-Kultur“ nennen. Man erkennt sie an ihrem Jargon, wie man die Hallstatt-Kultur an ihren Fibelformen erkennt. Die Davos-Kultur wird durch ein ideologisches Paradigma, in dem menschliche Gruppen nicht mehr vorgesehen sind, als Gruppe, genauer: als Klasse zusammengehalten.
Es fiel dieser Klasse nach 1989 nicht schwer, auch Marxisten zu kooptieren und deren destruktiven Elan für die Zerstörung gewachsener, nicht marktkonformer Strukturen einzuspannen. Die politische Linke ist heute geradezu die Speerspitze jener global herrschenden Klasse. Ihre selten gewordenen Rückgriffe auf klassenkämpferische Rhetorik haben nicht einmal mehr den Charme putziger Folklore; sie sind nur noch verlogen. Sie sind damit das linke Pendant jener sentimentalen Phrasen „konservativer“ Politiker, die in ihren Reden bisweilen (ebenfalls immer seltener) eine „Heimat“ beschwören, an deren Zerstörung sie sich selbst mit besonderer Tatkraft beteiligen.
Indem Fjordman den zentralen Konflikt als einen zwischen westlichen im Sinne von abendländischen Menschen einerseits, „post-westlichen“ Menschen andererseits beschreibt, spricht er eine besondere Tiefendimension an:
Es handelt sich nicht einfach um den Antagonismus verschiedener Gesellschaftsauffassungen und auch nicht nur um einen Klassenkampf von oben. So richtig beides ist: Im Kern geht es um die Abschaffung eines Menschentyps und seine Ersetzung durch einen anderen. Die Bejahung des einen oder des anderen Menschentyps ist das Kriterium, nach dem Freund und Feind zu unterscheiden sind.
Ideologien, die sich emanzipatorisch nennen, sind definitionsgemäß solche, die Bindungen lösen wollen, weil sie in Bindungen nichts als Fesseln sehen können. Es ist nicht etwa ein Wortspiel, sondern beleuchtet die Natur dieses Zusammenhangs, dass der aus Bindungen „gelöste“ zugleich der „lose“ Mensch ist. Gemeinsamer Fluchtpunkt liberalistischer wie marxistischer Ideologien aller Schattierungen ist demgemäß der gottlose, der kinderlose, der geschichtslose, der vaterlandslose, der ortlose Mensch, der zugleich und eben deshalb der manipulierbare und beherrschbare Mensch ist.
Es liegt in der Natur der Sache, daß dieser post-westliche Mensch eine Übergangserscheinung ist. Der transzendenzlose Mensch, der alle Eigenschaften verloren hat, derentwegen seine Vorfahren in der Lage waren, eine große Kultur zu errichten, wird mitsamt dieser von ihm aufgegebenen Kultur verdrängt und verschwindet aus der Geschichte.
An diesem Prozeß ist nichts „Natürliches“, und er geschieht nicht von selbst. Er ist das Ergebnis von Entscheidungen, die von benennbaren Verantwortlichen getroffen worden sind, und er ist buchstäblich beispiellos. Die historischen Parallelen, nach denen man unwillkürlich greift, um diesen Vorgang zu beschreiben – der Untergang Roms etwa – unterscheiden sich ungeachtet aller Ähnlichkeiten von dem, was wir heute erleben, in einem entscheidenden Punkt:
Nie und nirgends war der Untergang einer Kultur das Ergebnis einer darauf abzielenden Politik ihrer eigenen Eliten, nie und nirgends Ergebnis eines monströsen Verrats. Fjordmans Verdienst ist es, diesen Verrat zu beschreiben und etliche der verantwortlichen Kräfte beim Namen zu nennen.
Hier gehts zum JF-Interview und
hier zu Fjordmans Buch Europa verteidigen.