Auf rasendes Interesse ist sie bislang nicht gestoßen, obwohl das MDR-Radioprogramm in seinen Nachrichten einen Tag lang wieder und wieder darauf hinwies. Seitdem haben 409 Interessierte das Video auf youtube angeschaut. Kommentiert hat es dort keiner, wieso auch?
Die Kernaussage: Haseloffs größtes Vorhaben für die nächste Zeit sei es, Sachsen-Anhalt zum kinder- und familienfreundlichsten Land zu machen – per Ausbau der Krippen- und Kindergartenplätze, wie sonst! Dabei ist unser Land auf diesem Feld schon einsame Spitze, nirgendwo sonst besuchen mehr Kinder (sowohl solche ab sechs Monaten als auch klassische Kindergartenkinder) „Einrichtungen“.
Abgesehen von den wenigen Großstädten im Land gibt es kaum Wartelisten. Wo will Haseloff wohl ausweiten? Bislang dürfen nur berufstätige Eltern und solche in Aus- und Weiterbildung den Ganzstagsplatz (ab 10 Stunden Betreuung/Tag) in Anspruch nehmen, der erwerbslose Rest darf das Kind nur fünf Stunden abgeben. Hier dürfte nachgebessert werden, denkbar wären freilich auch Plätze in den Abend-oder Nachtstunden oder vor 6 Uhr, das Landesmotto heißt bekanntlich „Wir stehen früher auf“.
Zeitgleich mit Haseloffs Botschaft („ein Signal für das Kind!“) erreichte mich ein Brief von Norbert Bischoff, seines Zeichens sachsen-anhaltischer Minister (SPD) für Arbeit und Soziales. Er hat mir die Verlängerungsmarke für meinen FamilienPass beigelegt, den ich seit fünf Jahren artig im Geldbeutel mit mir führe und noch nie eingesetzt habe. Er soll für „Vergünstigungen im täglichen Leben und bei gemeinsamen Aktivitäten der Familie“ sorgen. Daß bereits „fast 12.000 Exemplare“ des FamilienPasses ausgegeben wurden (wenn ich richtig rechne, sind also 0,5 % der Einwohnerschaft „im Boot“), zeigt Herr Bischoff, daß „Familienfreundlichkeit punktet“.
Das Kärtchen soll zudem die „Politik zum Hierbleiben und Herkommen“ unterstützen. Herr Bischoff schreibt mir, daß Familienfreundlichkeit ja nicht „von oben verordnet“ werden könne, sondern „vor Ort gelebt“ werden müsse. Das soll der FamilienPass bewerkstelligen. So.
Was nun leistet er tatsächlich? Ein, zwei beitragsfreie Jahre im Kindergarten wie in anderen Ländern? Kostenloser Eintritt in Museen wie in Sachsen? Ab dem 3. Kind kein zusätzlicher Eintritt in städtisch/kommunalen Institutionen?
Nein. Mit den vergünstigten „gemeinsamen Aktivitäten der Familie“ ist etwas anderes gemeint, vornehmlich Shoppingtouren. Mein Familienpaß ermöglicht mir (wahllos, doch einigermaßen repräsentativ aus einem breiten Angebot herausgegriffen):
3% Ermäßigung bei Bestellung in einem Linkshandartikel-Versand, 1% bei einer „Heizung und Sanitär GmbH“, 10% Nachlaß bei Inanspruchnahme einer Babytrageberatung in der Trageberatung Magdeburg; die Franckeschen Stiftungen wollen bei Vorlage des Passes gar ein Ausmal- und Quizheft herschenken, das Babyland Leißling gewährt 3% , aber nur ab 50 Euro Einkauf; ein Hundesalon ermäßigt das Komplettpaket (und nur dies) um 10%; das Museum Brikettfabrik Zeitz gewährt exakt 1 Euro Nachlaß, ebenso das Strandbad in Höhenmölsen, aber nur, wenn man die große Familienkarte nimmt; diverse Hotels lassen Kinder sogar kostenfrei im Doppelbett der Eltern (Anmerkung: Babybett wird nicht aufgestellt!) mitschlafen, und eine logopädische Praxis in Magdeburg verschenkt „nach Behandlung“ tatsächlich eine „selbst besungene/bespielte CD“.
Ja, das ist eine wirklich coole Politik des Hierbleibens und Herkommens. Familien, kommt nach Sachsen-Anhalt! Wunderhübsch, wie hier Wirtschaft und Politik als starke Partner in die Vollen greifen. Rund 2,9 Millionen Einwohner hatte Sachsen-Anhalt 1990, heute sind es knapp 2,3 Millionen, Tendenz: eklatant schwindend. Wir hier dürfen uns zum mageren „Plus“ zählen, leider nicht „deshalb“, sondern „trotzdem“.