und – dies ganz ernstgemeint – auch nicht, daß es gar keine sicheren Zahlen darüber gibt, wie viele Kinder jährlich von der Trennung ihrer Eltern betroffen sind. 2010 gab es knapp 150.000 Kinder, deren Eltern sich scheiden ließen. Über die Anzahl der Kinder aus unehelichen Paarungsbrüchen weiß man wenig. In Westdeutschland kommt jedes dritte Kind unehelich zur Welt, im Osten über 60%. Im aktuellen Magazin der Süddeutschen Zeitung erfahren wir, wie ein Nach- Scheidungs-Leben für die Kinder einigermaßen heiter gestaltet werden kann:
„Heimspiel“ titelt das Magazin und illustriert das Setting mit der hübsch nostalgischen Zeichung einer Familie im 50erJahre-Stil: Mutti und Töchterchen tragen adrette Kleidchen, der pfeiferauchende Papa Anzug; der kleine Bub lächelt kurzbehost und krawattenbehängt. Gut, und nun müssen sie sich also scheiden lassen. So ist das Leben, sind die Zeiten! Muß man doch nicht greinen deshalb!
„Warum müssen immer die Kinder pendeln, wenn die Eltern sich trennen?“, fragt Autorin Gabriela Herpell und präsentiert einen cleveren „Gegenvorschlag“: Das Nestmodell! Hierbei verhalten „sich die Eltern wie Vögel, die abwechselnd zum Nest fliegen, um ihre Küken zu füttern.“ Extrem niedlich! Das Problem sei ja, daß normale Trennungskinder innerhalb ihres strapaziösen „Wechselmodells“ dauernd „die Turnhose, die Geige, das Kuscheltier brauchen“, wenn sie besuchsweise zu Mama oder Papa ziehen. Dabei könnte man all diese unschönen Belastungen vermeiden! Nur, das nette Alternativmodell ist quasi arkanes Wissen: „Weil es keiner macht, weiß auch keiner davon.“ Einige Ex-Paare aber leben es vor: Die Eltern pendeln. Es gibt die feste Kinderwohnung, in der mal Papa, mal Mama wohnt und daneben je einen Ort für Mamas und Papas kinderfreies Leben. „Die Idee ist so einfach. Und so gut.“
Bei dem Vorzeige-Ex-Ehepaar hier klappt das super, jedenfalls für die Eltern. Die beiden waren erst befreundet, hatten dann „wunderschöne Jahre“ miteinander und haben sich eben in pragmatischem Wohlgefühl „getrennt, bevor es unschön wurde.“ Die Kinder sind natürlich „traurig“, that´s life. Dabei „hat sich für sie ziemlich wenig verändert. Der Vater brät in seiner Woche nach wie vor Tofuwürstchen und die Mutter welche aus Fleisch.“ Kinder, die da noch rumheulen, sollten vielleicht einfach mal Luft holen und sich besinnen: Wie mag es erst Kindern gehen, die gar keine Würstchen kriegen? Na! Oder all den tiefverunsicherten Wechselkinder, auf die Frau Herpell hinweist, die immer fürchten müssen daß ihre „Spielsachen oder Kuscheltiere nicht mehr da sind, wo sie hingehören.“ Weil diese materiellen Anhaltspunkte ja das Entscheidende am kindlichen Wohlbefinden sind!
Natürlich waren die beiden Mädchen unseres 1a-Scheidungspaares erst mal tüchtig „durch den Wind“. Dann haben die Eltern „mit ihnen geredet. Klartext.“ Cool! Der Vorzeige-Nestvater, der seine Mädels einst mit der abgepumpten Milch seiner damaligen Frau fütterte, mag seine Frau irgendwie immer noch, und das Töchterchen kräht hoffnungsvoll: „Ein bißchen liebt ihr euch auch noch, sonst könntet ihr euch nicht mögen.“ Ja, die Hoffnung der Nestkinder stirbt zuletzt. Auch mal ein Ansatz.
Tief beeindruckt zeigt sich Autorin abschließend von einem zukunftsweisenden Modell in den Niederlanden: Dort haben einige „neu gebaute Apartments extra Einliegerwohnungen, damit ein Elternteil im Fall der Trennung zwar auszieht, aber nicht wegziehen muss.“ Das ist es: statt eines klaren „Jas“ ein vorausschauendes „Jein“, dann sind die Kollateralschäden wenigstens hübsch eingefriedet.