über die sportliche Leistung. Trainer Ralf Müller betont: „Klar, die Enttäuschung ist immer groß, wenn man ausscheidet. Die Mädels können aber erhobenen Hauptes vom Platz gehen.“
Doch dann passiert das: Am Mittwoch enthüllt eine anonym geführte Antifa-Internetseite, was schon lange bekannt ist. Die Rostockerin Nadja Drygalla ist seit Jahren mit einem Mann liiert, der in der Kameradschaftsszene aktiv ist und Kontakte zur NPD hat. Bis heute früh dauert es dann, bis die Konsequenzen aus der „Enthüllung“ gezogen werden: Dyrgalla muß nach Hause. Sportfunktionäre hatten sie zu diesem „freiwilligen“ Entschluß gedrängt und treten das Thema nun in der Öffentlichkeit breit.
Zwar habe die Sportlerin „glaubwürdig“ ein Bekenntnis zu den olympischen Werten abgelegt und mehrfach beteuert, „mit der rechten Szene nichts zu tun zu haben“, aber das nützt ihr wenig. Anstatt sich schützend vor seine Athletin zu stellen und den Vorfall intern aufzuarbeiten, gibt der Vorsitzende des Deutschen Ruderverbandes (DRV), Siegfried Kaidel, zum Besten, man werde „noch im August ein weiteres Gespräch mit Nadja Drygalla führen. Danach werden wir gemeinsam die weitere Vorgehensweise besprechen und natürlich auch kommunizieren.“ Was heißt das im Klartext? Darf Drygalla nun weiter rudern oder nicht? Oder muß sie erst mit ihrem Freund Schluß machen, um auch in Zukunft Leistungssport treiben zu dürfen?
Drygalla rudert seit ihrer Kindheit. Sie hat die mittlere Reife erlangt, danach eine Ausbildung zur Sport- und Fitneßkauffrau absolviert. Mit 19 Jahren geht sie schließlich zur Landespolizei, um als Mitglied der Sportfördergruppe ihre sportliche Laufbahn fortsetzen zu können und sich trotzdem eine berufliche Perspektive aufzubauen. Im Gespräch mit dem Polizei Journal sagt sie, ihre Uniform fühle sich noch „ein wenig unsicher“ an. 2011 erfährt dann ihr Ausbilder (und damit zugleich das Innenministerium), in wen sie sich in ihrem Ruderverein verliebt hat. Nadja Drygalla scheidet daraufhin „freiwillig“ aus dem Polizeidienst aus. Sie macht genauso wie jetzt keinen Rabatz, sondern läßt alles über sich ergehen. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Freund schon nicht mehr Mitglied im Ruderverein. Man hatte den ebenfalls sehr erfolgreichen jungen Mann 2010 ausgeschlossen, weil er aus seiner Gesinnung nie ein Geheimnis machte. Drygalla stand damals auch schon auf der Kippe, rettete ihre sportliche Karriere aber mit einer Distanzierung von rechtem Gedankengut.
Inzwischen hat die gesamte etablierte Presse über den „Neonazi-Skandal“ (Focus) berichtet. Spiegel Online schreibt jedoch nicht: „Anonymes Antifa-Portal wirft Ruderin Rechtsextremismus vor.“ Nein, das würde zu unseriös klingen. Deshalb beginnt der Satz mit:
Laut ARD gibt es Hinweise darauf, dass …
Einige Politiker haben trotz Sommerpause ebenfalls sofort angebissen: Petra Pau von der Linkspartei läßt von ihrem Pressesprecher ausrichten, der Ruderin werde „ein strammer Hang ins Nazi-Millieu nachgesagt“.
Das ist nicht neu, und das war nicht unbekannt. Dennoch wurde sie sportlich von Behörden und Organisationen zur Olympia-Reife gefördert und in das deutsche Vorzeige-Team berufen. Die Geschichte sei nicht unproblematisch, räumt der Chef der Deutschen Mission Vesper höchst zurückhaltend ein. Von nun an wird es oberfaul.
„Oberfaul“ ist auch, daß Andreas Speit für die taz diese Stellungnahme ebenso schnell aufgriff wie die bürgerliche Welt. Währenddessen sie das per Copy&Paste auf ihre Seiten rüberziehen, löschen indes Spiegel Online und die Zeit fleißig die Kommentare der Leser.
Das Volk spricht von „Sippenhaft“, DDR-Methoden und vielem mehr. Politiker, Journalisten und Sportfunktionäre hingegen sortieren weiter aus. Wer wie die griechische Sportlerin Paraskevi Papachristou einen unbedachten Spruch fallen läßt oder wie Drygalla die falschen Leute kennt, der wird nicht etwa nur unter vier Augen vom Trainer zurechtgestutzt, wie es unter Umständen aus Sorge um die Athleten zu verstehen wäre.
Es läuft anders: Die „Badewannenabteilung“ (Zitat Lothar Späth über Journalisten) kommt schneller, als man denken kann, und läßt solange Wasser ein, bis sich das Opfer in die Wanne hineinlegt und die Pulsadern aufschneidet.