dann legt diese Aussage für eine Akademie des IfS zum Thema Stil in mehrfacher Hinsicht die Grenzen fest: Zunächst steht damit die Forderung im Raum, sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten, sondern ins Zentrum der Frage nach dem Stil zu gehen. Weiterhin leitet sich daraus ab, daß es sich beim Reden über den Stil nur um Annäherungen an das handeln kann, was uns als Idee von Stil leitet. Am Ende jedoch entläßt uns das nicht aus der Pflicht, uns dieser Idee anzunähern.
Unter dieser Maßgabe waren am letzten Wochenende wieder vierzig Schüler, Studenten und junge Erwachsene auf dem Rittergut Schnellroda versammelt. Die verschiedenen Vorträge der Tagung schritten dabei das Spektrum ab zwischen dem, was wir vorfinden und dem, wie wir uns zu dem verhalten. Das konnte die Unterscheidung von linkem und rechtem Baustil im 20. Jahrhundert, die (anhand von Bildbeispielen) recht leicht nachvollziehbar ist, oder auch die komplexe Beschreibung verschiedener Kulturstile sein, die eine Aneignung umfangreichen ethnologischen Materials voraussetzt.
Ein weiterer Aspekt war das Verhältnis von äußerlich ablesbarem Stil und der inneren Haltung einer Person, das sich insbesondere als deutsche Frage entpuppte. Während es in Deutschland die unausgesprochene Forderung nach einer Übereinstimmung von innerem und äußerem Stil gibt, können andere Völker, beispielsweise Franzosen oder Engländer, gut (und erfolgreich) mit dem Schein leben, den der äußerliche Stil erzeugen kann. Insofern ist es kein Wunder, daß uns das Phänomen des Dandys in Deutschland bislang eher selten begegnet ist. Das liegt nicht zuletzt auch daran, daß der Deutsche eben einen anderen Stil pflegt, der dem Werden mehr Wert beimißt als dem Sein, was ihm regelmäßig den Vorwurf der Formlosigkeit einbringt. Nietzsches Worte aus der Götzen-Dämmerung zeigen warum:
Das höchste Gefühl von Macht und Sicherheit kommt in dem zum Ausdruck, was großen Stil hat. Die Macht, die keinen Beweis mehr nötig hat; die es verschmäht, zu gefallen; die schwer antwortet; die keinen Zeugen um sich fühlt; die ohne Bewußtsein davon lebt, daß es Widerspruch gegen sie gibt; die in sich ruht, fatalistisch, ein Gesetz unter Gesetzen: Das redet als großer Stil von sich.
Durch die ganze Akademie zog sich deshalb die Klärung der Frage, ob es denn einen eigenen Denkstil, einen eigenen Arbeitsstil derjenigen gibt, die sich unter dem Dach des Instituts für Staatspolitik versammeln. Daß auch da Abstufungen existieren, liegt in der Natur der Sache. Es ist jedoch ebenso deutlich, daß das, was da regelmäßig als Akademie, als Sezession, als Staatspolitsiches Handbuch oder als Studie entsteht, deutlich von anderem unterschieden werden kann (und insofern das wichtigste Kriterium des Stil erfüllt). Nicht zuletzt die Stil-Akademie war wieder ein Beleg dafür: die einzelnen Momente der Vorträge, der Debatten, der Nachfragen, der Antworten, der Geselligkeit, des Sports und der gerichteten Gemeinschaftsarbeit überhaupt erzeugen das, was den “eigenem Stil” ausmacht.