Schreibtisch, Garten, Alltag (X): Es brennt

Saß gestern Abend auf der Holzbank unter dem vorkragenden Dach des Hühnerstalls und drückte Maiskörner von den...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

durch­ge­trock­ne­ten Kol­ben. Ein paar Schrit­te wei­ter: ein Feu­er­chen aus Mais­blät­tern und ‑strün­ken, das in der Wind­stil­le glimm­te und qualm­te. Las neben­bei in einem Manu­skript von so elen­der Qua­li­tät, daß mich der Drang befiel, dies alles zu beenden.

Die Vor­stel­lung, auch in zwan­zig Jah­ren hier noch zu sit­zen und irgend­je­man­dem, der zu kei­ner Äuße­rung beru­fen ist, auf die Sprün­ge zu hel­fen, wur­de uner­träg­lich. Ich ver­brann­te das Manu­skript und sehn­te mich danach, etwas Gül­ti­ges zu hören oder selbst aus­zu­drü­cken. Aber immer dräng­ten sich die Empö­rungs­wel­len der ver­gan­ge­nen Tage in den Vor­der­grund: die Moham­med-Film-Debat­te, die ESM-Debat­te, die Busch­kow­sky-Empö­rung – die­se Wel­len, auf denen man – bei Lich­te betrach­tet – immer nur mit einem mehr oder weni­ger aus­ge­präg­ten Sinn fürs ver­le­ge­ri­sche Geschäft mit­rei­ten kann, deren Gang und Wucht, Dau­er und Bran­dung aber stets jen­seits des­sen lie­gen, was “ange­faßt” wer­den könnte.

Wie­der also wur­de es nicht still, ges­tern Abend. Und nie ist es mög­lich, den Gang der Welt für eine Stun­de anzu­hal­ten, um inner­lich auf­zu­ho­len, also: ein­mal im Begrei­fen, Sor­tie­ren, Gewich­ten auf der Höhe der Stun­de zu sein. War­um noch für etwas bren­nen? War­um nicht das meis­te ver­bren­nen? Wir wis­sen schon genug und haben wohl die ein, zwei Bücher gele­sen, nach denen zu leben, zu han­deln, zu kämp­fen wäre.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (19)

Kolkrabe

21. September 2012 11:46

Wer nicht mehr brennt, ist ausgebrannt. Machen Sie mal Urlaub, Mensch! Ein "Besuch auf Godenholm" könnte helfen.

Im Ernst: Warum lassen Sie nicht die Empörungswellen achtern vorbeirauschen? Dann bliebe Ihnen mehr Zeit für das Gültige, Stille, Wesentliche, Zeitlose hinter den Erscheinungen. Dort finden die entscheidenden Kämpfe statt.

Gruß

Ein Fremder aus Elea

21. September 2012 11:50

Seien Sie dankbar für diese Momente, Herr Kubitschek, ich laboriere zur Zeit an einer Magendarmgrippe herum, wobei meine Dankbarkeit Herrn Scholl-Latour für seine Begleitung in diesen schweren Stunden gilt.

Außerdem habe ich einem Professor zugehört, welcher über Oswald Spengler referierte. Da gibt es jede Menge Berührungspunkte mit meinem Denken, auch wenn ich vieles anders auffasse, ich frage mich nur, ob ich selbst diese Überlappungen besprechen sollte oder es besser anderen überlassen.

Und heute hat mich der Clown auf einen Ray Dalio's aufmerksam gemacht.
Der paßt, denke ich, ganz gut zu Ihrem Thema hier, denn Dalio's als tiefste Selbstverständlichkeit empfundene Hinnahme des Marktes in seiner bestehenden Form, dieses amoralische, aber intelligente Monster, illustriert doch, daß Sie nicht der einzige sind, welcher die bestimmenden Ströme unserer Zeit nicht anfassen kann.

Aber alles kann noch lange Zeit so weitergehen. Glücklicherweise, denke ich, wer etwas aufbauen will braucht Zeit und kann keine chaotischen Turbulenzen gebrauchen. Und andererseits liegen die Verhältnisse mittlerweile so klar zu Tage, daß nur ein Mangel an Vernunft oder eine niedere Gesinnung einen davon abhalten wird, selbst die Initiative zu ergreifen und zu einer anderen Zukunft aufzubrechen.

Hesperiolus

21. September 2012 12:03

In der Rautenklause hat man diese Tage des Spleens bei geschlossenen Läden mit Rebholzfeuer im Kamin, mit Duftamphoren und schweren Kerzen aus rhodensischem Bienenwachs gefeiert. Im Glanze von Nigromontans Spiegel.

H.F.

21. September 2012 13:17

Es erfüllt mich mit Hoffnung, wenn ein fähiger Kopf die Geduld verliert.
Als kleine verlorene Schar sind wir Sezessionisten ja immer zwischen der Scylla einer immer weitergehenden Zersplitterung und Charybdis der voraussetzungslosen Aufnahme aller Interessierten und Heimatlosen in unsere Reihen.
Näher und vor allem gefährlicher ist aber m.E. letztgenanntes Ungeheuer, denn unsere Denkrichtung zieht leider auch die an, die nicht wegen ihrer kühnen Gedanken von anderen Feuern (und Fleischtöpfen) vertrieben wurden, sondern wegen charakterlicher Mängel, fehlender fachlicher Eignung und ähnlichen Dingen.
Wenn wir Elite sein wollen, müssen wir dem Wortsinne nach "Auslese" betreiben, also die faulen Trauben aus der Ernte sortieren, egal wie deutsch und treu sie daherkommen.

Steffen

21. September 2012 14:46

Ein gesunder Aktionismus ist in kleineren Dosen nicht zu verachten. Auch abseits von den Kommentarspalten im Netz und einem "Zwischentag" bietet sich täglich der öffentliche Raum als freies Feld. Und auch die Möglichkeiten nicht durchweg persönlich in Erscheinung zu treten und somit angreifbar oder überhaupt erfassbar zu werden existieren. Man mag es subversiv - "exit through the gift shop"?

Nihil

21. September 2012 15:41

Wohltuende Worte von Götz Kubitschek. Alles schwimmt an der Oberfläche inkl. "Altrechter" - und die ganz normale Dummheit (besser: Instinktlosigkeit). Allein sich dem geistig zu entziehen und trotzdem nicht zu weichen, das ist die Schwierigkeit. Ich befürchte derzeit hilft kein Skalpell, vielleicht ein Buschmesser?

S. Pella

21. September 2012 16:36

An H.F.:
Ihren Ausführungen mag in bezug auf die Auslese von Führungspersonal zuzustimmen sein, doch existieren bereits viel zu viel selbst ernannte Leitwölfe und intellektuelle Köpfe. "Charakterliche Mängel" sollten wahrlich stets ein Ausschlußkriterium sein, jedoch in keinster Weise die "fachliche Eignung" zu einer Abschottung von den in der Lebenswirklichkeit tagtäglich bestehenden Konservativen/Rechten/Nationalen führen. Denn mitnichten ist es "egal wie deutsch und treu sie daherkommen", genau diese Attribute und das Bewußtsein über sein Deutschtum in Verbindung mit der Charaktereigenschaft der Treue und Loyalität adeln jedweden Mitstreiter - gleich ob Akademiker oder Handwerker, Bankier oder Bauer.
Mir ist jeder bodenständige Landwirt mit Familie und Heimatbewußtsein hier in der ländlichen Region lieber als so manch rechtskonservative, insbesondere anti-islamische Phrasenschwinger.

Schnippedilderich

21. September 2012 18:11

Ernst Jünger sammelte ein halbes Jahrhundert in Wilflingen Käfer, jätete Unkraut, spazierte im Walde, trank starken Wein und schuf nebenbei
Weltliteratur. Was sind dagegen zwanzig Jährchen in Schnellroda?
Und gute Texte gibt es die Fülle, wenn ich an Lissons "Homines" denke,
Welche dem lesenden Publikum beharrlich vorenthalten werden...

D

Raskolnikow

21. September 2012 20:12

Potzblitz,

Herr Kubitschek, aber das ist er doch der Kampf! Was sind denn die Schlachten der Weltkriege, gegen diese Gemetzel in den Köpfen.

Wie Gregor Samsa, durchhalten, fremd sein ... Hier und jetzt stehen zu bleiben, abseits und ohne Orden ... Irre!

Das Lesen und die "Bildung" (Pfui!) sind ohnehin Irrwege. Nur ist der Pfad in die Unschuld des Analphabetismus für immer verlegt.

Sie, Schnippedilderich,

(Ihr Name ließ ja Gutes vermuten, leider kam dann nicht so viel hinten raus; egal!) Wollen wir nicht eine Neuauflage der Döblinger-Bande versuchen? "Spaziergänge eines Menschenfreundes - Die Rückkehr" ...

Mit cordialen Grüßen,

R.

Ein Fremder aus Elea

21. September 2012 22:09

Bei Interesse, über Spengler, konnte es nicht lassen.

https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2012/09/unterschiede-zwischen-meiner-zyklischen.html

(zu den Klängen von Coriolan)

mcbad

21. September 2012 22:11

Die dunklen Wolken...ja...aber da muß man allein durch. Zum Trost etwas für die triste Seele:

https://www.youtube.com/watch?v=TSf246tdR_g

Beste Grüße!

mcbad

Toni Roidl

21. September 2012 22:46

Wäre dies nicht der Moment, statt Maisfeuer die KSA wieder zu befeuern?

hubschrauberpilot

22. September 2012 12:05

mit jener eigenschaft der groszen puncher: / schläge hinnehmen können / stehn, // feuerwasser in der kehle gurgeln usw. // nicht sagen: wiederkehr / nicht denken: halb und halb, / maulwurfshügel freigeben / wenn zwerge sich vergröszern wollen, / allroundgetafelt bei sich selbst / unteilbar / und auch den sieg verschenken können ...

Th.R.

22. September 2012 17:41

Ehrlich gesagt, ganz genau verstanden habe ich Ihre Worte nicht, Herr Kubitschek. Da stecken einige Doppeldeutigkeiten drinnen, die verschiedene Auslegungen zulassen und die einige Fragen beim Leser aufwerfen.

War es denn jetzt das elende Geschmiere eines Unberufenen, das ihnen die Galle hat hochkommen lassen, oder ist Ihr Unmut umfassender, und wenn ja, um wieviel?

Haben Sie als Verleger mit langjähriger Erfahrung im Geschäft etwa den Glauben verloren, dass die Ziele, die Sie sich einst gesetzt, mit und durch ein Verlagsgeschäft hinreichend erreichbar wären? - Und ich meine hier nicht den finanziellen Aspekt, sondern vielmehr die gestalterischen Möglichkeiten, den metapolitischen Einfluß und daraus resultierende Enwicklungsveränderungen auf die gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse, die einst erhofft waren?

Ich denke, dass alle aus unserem Lager es nachvollziehen würden, wenn Sie zweifeln, ob dieser Weg zum Ziel wirklich (immer noch) der ausschließliche und einzig alleinige sein kann, weil hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen Irrfahrt des deutschen Schiffes partout weit und breit kein rettendes Land in Sichtweite gerät und überhaupt die große Wende zum Guten sich nicht einstellen will.

Vielleicht irre ich mich, aber ich habe Ihre Worte so verstanden: Nach all den Jahren im"Geschäft" haben Sie Rückblick gehalten. Sie haben nachgerechnet, was Sie an Kraft und Energie in die Sache hineingesteckt haben - und Sie sehen auf der anderen Seite, was Sie an "metapolitischem" Ertrag herausbekommen haben. Und das Ergebnis scheint Sie nicht recht zufrieden stellen zu wollen, vor allem auch der Ausblick auf die nächsen 20 Jahre.

Doch was Sie wohl am meisten zu betrüben scheint, das ist - so vermute ich es jedenfalls - die Lücke an tauglichen Mitstreitern sehen zu müßen, die an die Front, also zu Ihnen und zu den anderen Sezessionisten, eigentlich hätten hinzustoßen müssen, und die irgendwie einfach nicht nachgekommen sind.

Aber wenn dem so sein sollte, dann ist das nicht die Schuld der Sezessionisten, zu denen neben Ihnen Weißmann, Lehnert, Lichtmesz, Kleine-Hartlage und natürlich Ellen Kositza zählen. Sie alle haben große Verdienste im Kampf für die Idee - für Deutschland - erworben, und hauptsächlich Ihnen und Ihrer Kraft, Ausdauer und Bereitschaft zur Entbehrung ist es zu verdanken, dass die Rechte nach 1945 überhaupt Spuren im Sand hinterlassen konnte. Dafür möchte ich mich bei Ihnen allen vollumfänglich bedanken. Ihr Werk ist zweifelsohne ein Licht in dieser Zeit der totalen Finsternis, seien Sie sich dessen gewiß, auch wenn viele es Ihnen nicht danken, weil diese den dahinterstehenden Aufand und die Kraftanstrengungen nicht zu erblicken vermögen!

OJ

22. September 2012 18:25

Ich sehs auch so: KSA tut Not!

Alexander

22. September 2012 19:27

Toni Roidl & OJ:
Dann packen WIR's an!
Durch die Vernetzungskartei dürften sich bald etliche neue Möglichkeiten ergeben.

OJ

23. September 2012 00:39

Gerne, bin dort eingetragen. Bin gespannt, ob sich Eigeninitiative darüber bündeln lässt.

Lilo Müller

23. September 2012 22:30

Klingt ein wenig deprimiert. So geht es vielen, die älter werden. Man hat nach einigen Jahrzehnten auf der Erde eben schon genug gesehen, gelesen, gehört, um im Zweifelsfall ganz fix entscheiden zu können: Kenne ich, will ich nicht, weg damit. Dann verbrenne ich eben den Mist. Vergeude nicht mehr Zeit mit Leuten, Büchern etc., die mir nichts sagen. Ja aber was stattdessen? Unvermutet steht man vor einem Leerraum, der ein wenig drückt. Man muss erst erkennen, dass auch daraus Neues entsteht. Eine mögicherweise unerfreuliche Zeit, die sich taub anfühlen kann.

eo

24. September 2012 00:36

Die Stimmung
kenn ich wohl auch -
zur Genüge. Ist zu eim Gutteil
dem heranbrausenden Herbst geschuldet
und zum anderen der allwaltenden IGNORANZ,
auf die man hierzulande immer wieder
stößt. Aber dann nehme ich
Zuflucht bei diesem
galgenhumorigen
Spruch, der da lautet:
Wir halten auch weiter die Stellung
- auf verlorenem Posten.
Oder ich rufe
mir eins meiner Lieblingsgedichte ins Gedächtnis
und spreche es laut vor mich hin - dies bittersüße Sonett
von Andreas Gryphius über die Vergänglichkeit
und damit die Vergeblichkeit, das Kika
so gut gefallen hat, nämlich:
Es ist alles eitel.

Andreas Gryphius

Es ist alles eitel

Vanitas vanitatum et omnia vanitas

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden;

Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden;
Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmelstein.
Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach ! Was ist alles dies, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum, die man nicht wieder find't!
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten.

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