Bürgerstreife Chemnitz-Ebersdorf: Auf frischer Tat ertappt!

Im Chemnitzer Stadtteil Ebersdorf gibt es seit zwei Monaten eine Bürgerstreife, die jeden zweiten Freitag...

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

einen abend­li­chen Gang zum Asyl­be­wer­ber­heim unter­nimmt. Die Anwoh­ner wol­len damit Poli­tik und Medi­en wach­rüt­teln und ein Zei­chen set­zen gegen die all­täg­li­che Kri­mi­na­li­tät in ihrem Stadtteil.

Doch beim letz­ten Rund­gang am 21. Sep­tem­ber blieb es nicht allein beim Spa­zie­ren­ge­hen. Einer der Teil­neh­mer der Bür­ger­strei­fe berich­tet:

Es war eine Mischung aus Enga­ge­ment und Zufall: Als ein Teil­neh­mer der Ebers­dor­fer Bür­ger­strei­fe einen ande­ren Weg als sonst zum ver­ein­bar­ten Treff­punkt nahm, mach­te er eine Beob­ach­tung: Aus einem Klein­gar­ten in Hil­bers­dorf kam ein Süd­län­der direkt über den Zaun geklet­tert, wäh­rend sein eben­falls süd­län­disch aus­se­hen­der Beglei­ter mit zwei Fahr­rä­dern davor war­te­te. Bei­de fuh­ren dann zum Asyl­be­wer­ber­heim Adal­bert-Stif­ter-Weg. Was der Mann im Gar­ten tat, konn­te zwar nicht beob­ach­tet wer­den, der has­ti­ge Aus­stieg über den Gar­ten­zaun spricht jedoch nicht gera­de dafür, daß er ein­ge­la­den war.

Die ange­ru­fe­ne Not­ruf­num­mer 110 war zunächst nicht erreich­bar, dann war eher rou­ti­nier­te (oder resi­gnier­te?) Lan­ge­wei­le am ande­ren Ende der Lei­tung fest­zu­stel­len. Als sich die Teil­neh­mer auf ihrem Rund­gang zur Asyl­be­wer­ber­un­ter­kunft bega­ben, ent­deck­te der besag­te Teil­neh­mer mit Erstau­nen, daß der an einem auf­fäl­li­gen Klei­dungs­stück gut erkenn­ba­re „Gar­ten­be­su­cher“ vor dem Tor stand, eif­rig tele­fo­nier­te und auf jeman­den zu war­ten schien. Sofort wur­de die Poli­zei erneut alar­miert, die dies­mal deut­lich mehr Inter­es­se zeig­te und einen Strei­fen­wa­gen schick­te. Anzei­ge wur­de erstattet.

Nicht uner­wähnt blei­ben soll­te übri­gens die Kol­lek­ti­on von Fahr­rä­dern, wel­che vor der Asyl­be­wer­ber­un­ter­kunft parkt. Alt und bil­lig sind da defi­ni­tiv die fal­schen Attribute.

An der Ebers­dor­fer Bür­ger­strei­fe betei­li­gen sich jedes Mal in etwa ein hal­bes Dut­zend Anwoh­ner – von jung bis alt. Ihre Bot­schaft ist auf jeden Fall schon bei Poli­zei, Pres­se und Poli­tik ange­kom­men. Vor eini­gen Wochen stand die Poli­zei bei mir vor der Haus­tür und erkun­dig­te sich nach der Bür­ger­strei­fe. Das Ziel die­ser Maß­nah­me ist natür­lich klar: Gera­de bei ehe­ma­li­gen Bür­gern der DDR zeigt bereits ein sol­cher Besuch schnell Wir­kung, weil die Leu­te unter­be­wußt sofort die Asso­zia­ti­on „Hohen­schön­hau­sen“ haben.

Die Pres­se hat auch sehr schnell reagiert. Nach­dem die Lokal­zei­tung Freie Pres­se unse­ren Vor­trags­abend über Aus­län­der­ge­walt im Mai sehr posi­tiv bewer­te­te, hat End­sta­ti­on Rechts direkt nach Grün­dung der Bür­ger­strei­fe im Juli ein schnel­les „Weh­ret den Anfän­gen!“ hin­aus­po­saunt. Die Bür­ger­strei­fe wür­de die Asyl­be­wer­ber unter Druck set­zen und ver­su­chen, „sie so aus Ebers­dorf zu vertreiben“.

Selbst­jus­tiz ist jedoch straf­bar und kann die ört­li­chen Pro­ble­me nicht lösen; eine offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen allen Betrof­fe­nen schon eher.

Wie das Bei­spiel vom letz­ten Frei­tag zeigt, hat die Bür­ger­strei­fe nicht vor, Selbst­jus­tiz aus­zu­üben. Vie­le der Teil­neh­mer (z.B. Rent­ner und Frau­en) wären dazu auch kör­per­lich gar nicht in der Lage. Was sie wol­len, ist gera­de die von End­sta­ti­on Rechts ange­spro­che­ne „offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on“ über das Problem.

Neben der kon­ser­va­ti­ven Bür­ger­be­we­gung Pro Chem­nitz hat ein­zig die Links­par­tei nach Ankün­di­gung der Bür­ger­strei­fe eine Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung durch­ge­führt und sich öffent­lich geäu­ßert. Der lin­ke Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Hans-Joa­chim Sie­gel betont:

Es kann nicht sein, dass die „Brau­nen“ voll­mun­dig tönen dür­fen, alle Asyl­be­wer­ber sei­en “Sozi­al­schma­rot­zer”, “Wirt­schafts­flücht­lin­ge” oder “kri­mi­nel­le Aus­län­der”. Die­se Stig­ma­ti­sie­rung ist men­schen­ver­ach­tend. Es hilft aber auch nicht, die Pro­ble­me bei der Umset­zung des Asyl­rech­tes tot­zu­schwei­gen oder schönzureden.

Wo fin­det denn tat­säch­lich die von der Ober­bür­ger­meis­te­rin pro­kla­mier­te Berei­che­rung unse­rer Kul­tur durch die Asyl­be­wer­ber statt? Rea­li­tät in Chem­nitz ist, das die Asyl­be­wer­ber mög­lichst abge­schot­tet in ihrem Heim blei­ben und kei­nen Kon­takt zur Bevöl­ke­rung haben sollen.

Es muss zum gesell­schaft­li­chen Kon­sens wer­den, dass Men­schen, die in Hei­mat­län­dern ver­folgt wer­den, bei uns Asyl­recht genie­ßen und dass wir ihnen die Hand in einer für sie schwie­ri­gen Situa­ti­on rei­chen. Und zugleich muss es Kon­sens sein, dass wir stän­di­ge Ver­stö­ße gegen unse­re Rechts­ord­nung nicht dau­er­haft dul­den und die Hand­lungs­op­tio­nen des Aus­län­der­ge­set­zes auch kon­se­quent genutzt werden.

Abge­se­hen davon, daß nie­mand in Chem­nitz gesagt hat, alle Asyl­be­wer­ber sei­en kri­mi­nell, hat Sie­gel im Gro­ßen und Gan­zen recht. Iso­la­ti­on, feh­len­de Bil­dung und Per­spek­ti­ven sind natür­lich pro­ble­ma­tisch. Asyl­miß­brauch und Kri­mi­na­li­tät gehö­ren aber eben­so auf die Agen­da der Politik.

Ein Anwoh­ner, der sich trotz Sym­pa­thie für die Bür­ger­strei­fe nicht an ihr betei­li­gen möch­te, brach­te es vor ein paar Wochen beim Gespräch „über den Gar­ten­zaun“ auf den Punkt: Sobald jemand offen anspre­che, daß es bei den Asyl­be­wer­bern eine erschüt­ternd hohe Kri­mi­na­li­täts­ra­te gebe, wer­de er als „Nazi“ dif­fa­miert. Aus die­sem Grund kön­ne er sich (aus beruf­li­chen Grün­den) nicht an der Bür­ger­strei­fe betei­li­gen. Sein Hund wis­se aber, von wem die Gefahr aus­ge­he, teilt er augen­zwin­kernd mit.

Mehr Fäl­le von Aus­län­der­ge­walt gibt es auf deutscheopfer.de! Am 16. Okto­ber fin­det zudem der nächs­te Vor­trag in Leip­zig statt.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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