Da ich nicht den Nerv dazu habe, die immergleichen Sottisen täglich zu verfolgen, filtert mir ein kluger Freund, dessen absolut geschmackssicheres Idiotensensorium mich immer wieder verblüfft, die Rosinen aus dem Medienkuchen und versorgt mich mit einer Mischung aus Ekel und semi-masochistischer Belustigung regelmäßig mit Links zu Meldungen wie dieser von der Netzseite der Welt (Alternativ: Junge Freiheit) :
Wie das ARD-Politikmagazin “Kontraste” erfuhr, existieren interne Lehrbücher (sc. für die Bundeswehr), die eindeutig vom Geist der Wehrmacht geprägt sind. Sie werden von Ausbildern benutzt. In den beiden Büchern mit den Titeln “Einsatznah ausbilden” und “Üben und schießen” wimmelt es von Wehrmachts-Kriegsgeschichten.
Im Landser-Jargon werden zum Beispiel die Erlebnisse eines Panzervernichtungstrupps aus dem Jahr 1944 erzählt. Auch werden Wehrmachtsvorschriften und ‑richtlinien zitiert. (…)
Der Militärhistoriker Detlef Bald ist dagegen entsetzt über die Lehrbücher: Sie seien ein absoluter Skandal und verharmlosten die Wehrmacht.
Was täten wir bloß ohne all die “entsetzten” Detlef Balds dieser Welt?? Ein besonders atemloses “Huch!” entfuhr mir an dieser Stelle:
An anderer Stelle wird ein junger Offizier aus dem Jahr 1943 zitiert, der sich über fehlenden “Kampf- und Abwehrwillen” der eingeschlossenen Wehrmachtstruppen in Stalingrad empört.
In einem Kästchen links auf der Seite darf man an einer Umfrage zum Thema “Darf sich die Bundeswehr in ihren Ausbildungsbüchern positiv auf Schlachten des Zweiten Weltkriegs beziehen?” teilnehmen und zwischen einem “praktischen” und einem (selbstverständlich historisch unbedarften) “moralischen” Argument wählen (was auch immer nun ein “positiver Bezug” eigentlich sein soll):
* Ja, denn so kann sie Taktik unterrichten
* Nein, der Zweite Weltkrieg war ein verbrecherischer deutscher Angriffskrieg
* Kann ich nicht beurteilen
(Das Ergebnis auf dem heutigen Stand ist immerhin 55% pro zu 43% dagegen, mit 2% Stimmenthaltungen).
Das unsäglich Schrottdumme dieser ganzen Angelegenheit bedarf wohl keines weiteren Kommentars; allenfalls, daß heute offenbar nicht einmal mehr die Militärhistoriker wissen, wozu ein Militär eigentlich da ist. Mein getreuer Zulieferer schreibt mir:
Woher sollen die BWler denn sonst einsatznahe Infos erhalten, wenn nicht aus dem letzten Krieg?? Sogar die Israelis waren da wenig zimperlich, wenn sie was lernen konnten.
Diese Aufregung, dass auch Namen von Waffen-SSlern, Ritterkreuzträgern etc. genannt würden, ist derartig widerlich. Es erinnert an atavistische Reflexe, wo man versucht hat, unliebsame Konkurrenten und Vorgänger durch Tilgung ihrer Namen von allen Denkmälern und Aufzeichnungen vergessen zu machen.
Und wenn ich höre, daß ein linker Historiker “entsetzt” ist, weiß ich, daß da jemand was richtig gemacht haben muß!
In diesem Zusammenhang sei also nochmal an das allseits bekannte und beliebte Zitat von Martin van Crefeld erinnert:
Die Wehrmacht war ein großartiger Kampfverband, der hinsichtlich Moral, Elan und Zusammenhalt unter den Armeen des 20. Jahrhunderts nicht seinesgleichen fand.
Ein Urteil, das van Creveld später in einem Interview mit dem Focus wiederholte:
FOCUS: Herr Professor van Creveld, war die Wehrmacht, wie viele Kriegsteilnehmer meinen, die beste Armee der Welt?
VAN CREFELD: In Sachen Organisation, Training, Lehre, Taktik und Operationskunst mag das stimmen. Die Wehrmacht hat dem Gegner stets größere Verluste zugefügt, als sie selbst erlitt. Die Feldzüge der Jahre 1940–41 sind nahezu legendär geworden, nicht umsonst haben Offiziere auf der ganzen Welt sie studiert.
Und auch in van Crefelds Heimatland hat man gelernt – wie man weiß, mit Erfolg:
In Sachen Strategie, Organisation, Doktrin und dem Verhältnis zwischen den drei Waffengattungen ähnelte keine Armee des 20. Jahrhunderts mehr der Wehrmacht als die israelische. Wir in Israel können das jedoch nicht eingestehen.
Auch General Patton (der angeblich auch neidisch auf die schnieken Uniformen der “good looking bastards” war) hatte eine hohe Meinung von den soldatischen Qualitäten des Feindes:
Ich habe eine große Achtung vor den deutschen Soldaten. Die Deutschen besitzen eine große militärische Tradition. Sie haben sich als geschickt in der Kriegskunst erwiesen.
Diese Zitatenliste ließe sich beliebig verlängern. “Deutscher Soldat”: das ist, – oder vielmehr war einmal- , so etwas wie “russische Ballerina”, “französischer Koch” oder “englischer Adeliger”. Und gerade um diese einzigartige Tradition soll sich die Bundeswehr herumdrucksen wie um den heißen Brei, weil es die Hypermoral der bien-pensants so will, derjenigen, die naiverweise denken, einen “guten” Soldaten mache die “gute” Sache aus. Eine zutiefst subjektive Angelegenheit: Wer hat denn jemals einen Krieg geführt, ohne an dieselbe zu glauben, und in welchem Krieg wurde sie nicht tausendmal verraten, sogar ad absurdum geführt? Wäre Herr Bald denn nicht “entsetzt” und zufrieden, wenn die Lehrbücher “Kriegsgeschichten” der Roten Armee oder des US Marine Corps enthielten? (Man ahnt es: vermutlich ja.)
Halten wir also außerdem fest, daß andere Länder nicht so dumm waren, die Lehre aus den Strategien der Wehrmacht und assoziierter Verbände zu verschmähen. Obenstehendes heroisches Gemälde etwa ziert angeblich den Hall-of-Fame-Wandelgang der berühmten United States Military Academy in Westpoint, wo die großen Krieger der Geschichte auf die Novizen herabblicken. Hans-Dietrich Sander bemerkte einmal treffend zu diesem Komplex:
Als Generaloberst Rendulic am 7. Mai 1945 in Steyr seine Heeresgruppe übergab, begrüßte ihn ein amerikanischer General mit dem Satz: “Wie konnten Sie diesen Krieg verlieren?” (…) Nach dem Ende des Krieges ließen sich die Amerikaner von deutschen Militärs Skizzen anfertigen, um von der Wehrmacht und von der Waffen-SS zu lernen. Während seiner Präsidentschaft riet Richard Nixon der amerikanischen Wirtschaft, von der Kriegswirtschaft im Dritten Reich Krisenmanagement zu lernen. Für die unterworfenen Deutschen gilt: quod licet Jovi non licet bovi.