Unsere hauptsächliche Argumentation wird grundsätzlich längst in den anspruchvollsten Zeitschriften thematisiert (die zwar keine Massenauflage haben, dadurch aber um so leichter mit Begriffen wie Nation und Souveränität umgehen können.
Selbst wenn der Name Carl Schmitt fällt, kündigt dort niemand das Abonnement. Der „Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken“ mag als nur ein Beispiel dafür gelten.
Sowohl der Abbau nationaler Souveränitätsrechte und die forcierte Aufgabe von Identität als auch der damit zusammenhängende demagogische Sprachgebrauch haben mittlerweile ein Niveau erreicht, das selbst jene erschüttert, die EFSM, EFSF und ESM nicht aus dem Stegreif zu definieren vermögen. In Europa ist ein Wandel eingeleitet, der „Europa“ klären wird.
Vielfach wurde beschrieben, wie die Europäische Währungsunion den Nationalstaaten ihre geldpolitischen Befugnisse entwand und sie der Europäischen Zentralbank übertrug; und längst ist erlebbar, daß damit nicht nur finanzielle, sondern nationale Sicherheiten in Frage stehen. Wäre die EZB tatsächlich geworden, was sie sein sollte, ein politisch unabhängiger Stabilitätsgarant nach den Konstruktionsprinzipien der Deutschen Bundesbank, hätte man sich nicht so erregen müssen; aber sie stellt mittlerweile das Gegenteil dar. Was geschützt werden sollte, ist aufgegeben, denn „Europa“ degenerierte längst zur Defizit‑, Haftungs- und Transfergemeinschaft in einem.
Rainer Hanke, Chef der Wirtschaftsredaktion der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, greift mit Blick auf den Bruch sämtlicher Maastrichter Grundvereinbarungen im “Merkur” zu biblischen Vergleichen:
Die Rettung des Euro begann mit einem Rechtsbruch. Wie stets seit dem Rechtsbruch Adam und Evas im Paradies zieht eine einzelne Sünde viele weitere nach sich, weshalb die Geschichte der Euro-Rettung inzwischen als ‚Chronik einer angekündigten Katastrophe’ (Paul Krugman) viel mehr ist als eine Finanzkrise. Sie ist eine Katastrophe für den souveränen Staat.
Beschädigt wurden eben nicht nur die vermeintlich Stärkeren als Geber, sondern hinsichtlich der Souveränität auch die tatsächlich Schwächeren als Nehmer. Rast eine Troika durchs Land, die als apokalyptische Reiterei wahrgenommen wird und kommissarisch über Haushaltsauflagen bestimmt, so ist es mit der Selbstbestimmung eines einst stolzen Landes zu Ende, und zwar in so totaler Weise wie noch nie seit Herausbildung der Nationalstaaten, sieht man von der Besetzung durch fremde Mächte in Kriegen ab.
Die von der Gemeinschaftswährung ausgelösten Verlockungen, sich hoch zu verschulden, weil zu erwarten steht, man würde von anderen dann mitgetragen, hat eine ursprünglich funktionierende Politik der früher selbständigen Staaten vergiftet. Und die „Gemeinschaft“ sowieso! Hanke weist darauf hin, daß die Staaten sich vom Finanzmarkt und von Rating-Agenturen abhängig gemacht hätten, nicht umgekehrt.
Es ist politisch und ökonomisch entweder von völliger Unkenntnis zeugend oder eben bewußt demagogisch und manipulativ, wenn es von Cohn-Bendit über Habermas bis Schäuble klingt: “Mehr Europa!“ Weg mit der nationalen Souveränität! Wer den Nationalstaat wählt, wählt den Krieg! – Es ist gefährlich, in welcher Weise von links bis Mitte eine Sprache erzeugt wird, die Kritiker diskreditiert und so tut, als würde „Europa als Idee“ unrettbar verloren sein, wenn man schlimmste Fehler korrigierte.
Noch einmal Hanke:
Europa zu sakralisieren, das idealisiert, romantisiert und immunisiert eine Staatengemeinschaft, deren Geschichte bestenfalls durchwachsen, deren Gegenwart gespalten, deren Währung gescheitert und deren Zukunft mehr als ungewiß ist. Dabei merken die Euromantiker gar nicht, daß sie, bei aller antinationalistischen Rhetorik, deren nationalistische Struktur auf postnationaler, europäischer Ebene nur wiederholen.
Im Gegenteil: Die Rettung liegt seit der Ära der bürgerlichen Revolutionen, deren amerikanische Variante mit der Forderung „No Taxation without representation!“ begann, in der Wahrung des Prinzips der Subsidiarität! Ein „Europa der Vaterländer“ kann diesbezüglich als redlicher Begriff gelten. Trage jeder seine Verantwortung – gegenüber sich und anderen! Wo Ländern die Souveränität entzogen wird, da drohen Verfall und Bürgerkrieg. Das gilt so seit Bodin, Hobbes und, ja, Carl Schmitt. Die „Euromantiker“ verstellen sich den Blick oder lügen, wenn sie argumentieren, „mehr Europa“ wäre die Rettung, die „Kleinstaaterei“ der Fluch. Umgekehrt!
Und da wir alsbald erleben werden, wie der Draghismus das Gegenteil von dem bewirken wird, was er vorgibt, und wie die supranationale Demokratisierung und Integration den Völkern die Souveränität über ihre eigenen Entscheidungen entzieht, werden wir uns im Theoretischen nicht mehr lange abarbeiten müssen, weil der Augenschein des Tatsächlichen die Leute schon genug belehrt. Aber wir werden hoffen, daß es dann nicht schon wieder zu spät ist mit der Regulierbarkeit nationaler und internationaler Konflikte.
Gottfried
Allerbilligste Hütchenspielereien in Sachen Semantik.
Es treten immer wieder solche typischen Antagonismen auf wie "Anständige Demokraten und Demokratinnen" (Gerhard Schröder, sic) versus Demokraten (Grundgesetzanhänger, "Alle Macht geht vom Volke aus").
Oder hier eben "Europa" (gleichgeschaltete EU und ESM) versus Europa (die ganz Vielfalt der einzelnen Heimaten, Staaten und Völker von Norwegen bis Portugal).
Weil das Volk womöglich gar erschrickt, wenn das Wort "Krieg" ertönt, verwende ich für den Inhalt Krieg in Zukunft eben doch lieber das Wort "Frieden". Nichts Neues mehr im Westen, man gewinnt langsam den Eindruck, es werden eigentlich nur noch Romane nachinszeniert, die schon vor längerer Zeit geschrieben worden sind.
Immanente Logik dieses Identitätszerstörungspaketes: Gegensätze auslöschen, damit verschwindet dann auch jegliche Spannung nebst derem Gefährdungspotential.
Man kennt die schreckliche und uralte Geschichte der Rosenkriege. Wenn nun aber nicht mehr Mann und Frau Tisch und Bett teilen, sondern "Menschen" (nach einer erfolgreich abgeschlossenen "gender"-Hauptverströmung), erst dann dürften diese gräßlichen (post-)ehelichen Gemetzel der Vergangenheit angehören.