er würde ab jetzt Nachrichtenleicht anbieten, einen „Wochenrückblick in leichter Sprache. Er richtet sich an alle Menschen, die aus welchen Gründen auch immer von den klassischen Informationsangeboten nicht erreicht werden können.“
Ein Beispiel:
Ein Meteorit ist ein Brocken aus Stein oder Metall, der aus dem Weltall kommt. Am Freitag, den 15. Februar, ist so ein Brocken auf die Erde gestürzt. Über dem Gebirge Ural in Russland gab es einen lauten Knall. Der Meteorit ist explodiert, als er noch am Himmel war. Er explodierte, als er die Atmosphäre über der Erde erreichte.
Wegen der starken Explosion sind auf der Erde viele Fenster-Scheiben zersplittert. An den Splittern und Scherben haben sich viele Menschen verletzt. Viele kleine Teile von dem Meteoriten sind auf die Erde gestürzt. Das kann man auf vielen Video-Filmen im Internet sehen.
Man beachte die konsequente Trenn-Schreibung der zusammengesetzten Haupt-Wörter und überhaupt den Ansatz, Wörter zu vermeiden, die mehr als zehn Buchstaben haben. “Schwierige Wörter” sind außerdem in einem Glossar erklärt, in diesem Fall: “Meteorit” und Atmosphäre” – wohl gemerkt in einem Nachrichtendienst, der sich dezidiert nicht an Kinder richtet.
Zunächst glaubt man an einen Scherz, aber es ist längst noch nicht 1. April. Dann überlegt man. “Schule leicht” gibt es ja schon. Tatsächlich habe ich selbst meinen eher politikabstinenten und unter weitgehendem Verzicht auf Allgemeinbildung aufgewachsenen Abiturienten des öfteren die KIKA-Nachrichten „Logo“ nahegelegt – ohne jeden Zynismus, sondern gut gemeint als Einstiegsprogramm.
Ob aber jene, die „aus welchen Gründen auch immer“ Qualitätsjournalismus meiden, nun den Deutschlandfunk nutzen werden, dürfte zweifelhaft bleiben. “Nachrichtenleicht”, das können andere noch besser. Also primitiver. Offenbar geht es gemäß pädagogischem Impetus oder einfach in Nutzung von Erfahrungen des Privatfernsehens mal wieder darum, Leute dort abzuholen, wo sie stehen, anstatt eine Haltung anzuregen und zu befördern, die sie sich bewegen läßt – in einem Land, das dafür bildungsrechtlich alle Möglichkeiten bietet.
Zweitens: Am Montag, dem 4. Februar, war in der Süddeutschen Zeitung in einem Beitrag von Hannes Vollmuth zu lesen, daß neuerdings Hunde Kindern helfen würden, besser zu lesen. Ja, Hunde. Eine bundesweite Initiative kümmere sich endlich darum. Hunde, erfährt man, verbesserten ein noch stockend lesendes Kind nämlich nicht, sie hörten einfach nur zu, jedenfalls solange sie ihr Leckerli bekämen und gut angeleint seien. Ja, Hunde hören zu! Die Idee käme – mal wieder – aus den USA.
Als Autoritätsbeweis wird die Leseforscherin Cordula Artelt zitiert, eine Professorin mit Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung in Bamberg: „Ein positiver Verstärker kann das negative Lesen wieder attraktiv machen.“ Dieser positive Verstärker wäre beispielsweise ein handzahmer Golden Retriever. Die Initiative engagiert sich von München aus schon in allerlei Städten. Ihre begeisterte Leiterin Kimberley Grobholz schätzt gegenüber der SZ ein: „Wer regelmäßig zum Lesehund geht, liest auch im Unterricht besser.“ Sie betreibt gleichzeitig eine Naturheilpraxis für Tiere, Bachblütentherapie inklusive, und hat sicher immer einen Lesehund am Start.
Weshalb bedarf es, fragt man sich, zur Lesehilfe eines eigens angestellten Hundes? In ähnlicher Weise würden sich vermutlich bereits im Haushalt befindliche Goldhamster, Katzen oder gar Guppys und die bekanntlich sehr geduldigen Terrarium-Schildkröten anbieten. Aber man kann diesen Fall eigentlich nicht lächerlich machen – wie immer, wenn es sich um eine Realsatire handelt.
Könnten Kinder nicht wenigstens ihren Großeltern etwas vorlesen, wenn die Eltern schon keine Zeit haben, überlegt man. Oder sind die älteren Herrschaften Lesefehlern gegenüber zu unleidlich? Nach vermeintlich modernen Unterrichtsauffassungen gilt lautes Vorlesen oder gar Auswendiglernen als ziemlich antiquiert. Zu wenig los! Nicht handlungsorientiert, nicht heuristisch, viel zu wenig lust- und freudvoll. Viele Schulbuchverlage verzichten mittlerweile bereits auf gesondert aufgelegte Lesebücher, die früher ganzen Generationen literarische Orientierung boten. Sie behandeln das Fach Deutsch statt dessen modernerweise “integral”. Alles in einem Band, im kunterbunt aufgeregt wirkenden Layout dann und wann auch mal ein Märchen, eine Sage, eine Geschichte, dann und wann ein Gedicht – möglichst Stoffe, an denen alles mögliche im Sinne bloßen Machens ausprobiert werden soll. Das einfache Lesenkönnen, mithin der Genuß, die Spannung, das Erleben von sprachlicher Gestalt sind kaum mehr Kriterium.
Man stelle sich einfach vor, beide Meldungen, jene über “Nachrichtenleicht” und den Lesehund, vor zwanzig, gar dreißig Jahren gelesen zu haben. Man hätte sie bestenfalls für eine Sketchidee Loriots gehalten. Heute sollte man sie mit viel Ernst zur Kenntnis nehmen.
Gottfried
"Offenbar geht es gemäß pädagogischem Impetus oder einfach in Nutzung von Erfahrungen des Privatfernsehens mal wieder darum, Leute dort abzuholen, wo sie stehen, ..."
Doch nicht die Leute, Herr Bosselmann! Die "Menschen" werden abgeholt. Auch als man den Frühling in den Maghreb brachte, sprach der grüne EU-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit gegenüber der Journalistin Slomka im ZDF ausschließlich von den "Menschen", ein gutes Dutzend mal in den wenigen Interviewminuten. Jegliche unterscheidende (lat. "discriminare") Zuweisungen unterhalb des Oberbegriffes der über sieben Millarden "Menschen", wie z.B. Russen, Libyer, auch Fürwörter wie "einige" oder "alle" scheinen ausgestorben zu sein. Es heißt nicht mehr "die Russen", sondern "die Menschen", allenfalls noch "die Menschen in Rußland", es heißt nicht mehr "einige besuchten gestern die Veranstaltung", sondern "einige Menschen besuchten gestern die Veranstaltung." Es ist alles sehr viel "mensch"licher geworden jetzt.
Von den OECD-getreuen BERTELMÄNNERN wird immer wieder darauf hingewiesen, daß im "promised land" selber, also im humanistischen Bildungsparadies der heiligen (skandinavischen) Länder, der "Mensch" im Mittelpunkt stünde - und nicht etwa tumbes Rechnen oder gar stures Auswendiglernen.
Wichtig sei, so kann man es bei BERTELSMANN-Vorträgen hören, die Vernetzung. Wie kann ein junger "Mensch" überhaupt lernen, wenn die Deutschstunde rigide in ein 45-Minuten-Korsett gepreßt und unter einer Art Apartheidmaßnahme vom Mathematik- oder Erdkundeunterricht abgetrennt wird? Zu meiner Zeit noch zusätzlich traumatisiert durch den Frontalunterricht, kann ich mir allmählich immer vollständiger erklären, warum bei mir sämtliche Bildungsmaßnahmen scheitern mußten.
Man kann die Effeminisierung Europas nunmehr wohl als abgeschlossen betrachten. Im Rahmen der humanistischen Leitkultur der unbegrenzten mütterlichen Versorgung mit gezuckerten Joghurts verschiedener geschmacklicher Aromen kommt Männlichkeit schlichtemang nicht mehr vor, der überzeugte Humanist kann diese nicht mehr denken.
In der Natur hingegen sieht es anders aus. Ein Bub kann mit fünf Jahren sehr stolz darauf sein, daß er selber, als junger "Mensch", eben NICHT vorkommt, den es eigentlich leicht fröstelt, der von den größeren Knaben auch noch nicht für voll genommen wird, und der trotzdem unter leidenschaftlichem Eifer danach strebt, auf dem Bolzplatz den Ball in das Netz des Gegners zu befördern. Auf dem Bolzplatz, den er womöglich noch auf den eigenen Beinen angesteuert hat, ohne daß ihn jemand "abgeholt" hat.
Jede Kultur ist eine des Werdens, des Anstrebens eines Zieles unter partieller bis gänzlicher Mißachtung des eigenen Narzißmus. Egal, ob einem der Sinn danach steht, es in seinem Stamm zu einem anerkannten Jäger zu bringen oder ob eine wissenschaftlicher Karriere als Physiker zum Ziel erkoren wird.
Die humanistische Bertelsmanisierung läuft hingegen auf gänzliche Vernichtung unserer Kultur hinaus.
Wer es sich antun möchte: https://www.youtube.com/watch?v=sgtKWPZmh9s
Kluge Höhepunkte der Erkenntnis in dieser Diskussionsrunde, unter enormer sprachlicher Eleganz vorgetragen:
"Das, was wir auf der Spitze des Eisbergs erleben, ist doch nur die Spitze."
"Wenn das so weiter geht, haben wir alle nur noch die Ellenbogen als das Hauptinstrument im Kopf."
(Beide von der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Rita Süßmuth)
Und dann noch die ausgiebigen Warnungen Heitmeiers, was unserem Land - und das vor dem Hintergrund unserer besonderen Geschichte! - droht, wenn wir sogenannten "Deutschen" uns unter der ständigen Gefahr der Selbstüberhebung in homogenen Gruppen zusammenrotten, statt die Vorteile des Dialoges der verschiedenen Kulturen zu nutzen.
Auch das ein Beispiel, wie vorzüglich sich ein Medienkonzern, der mit Random House und RTL zur Weltspitze gehört, mit dem Linkstum eines Heitmeiers verträgt.
Der Hauptfeind scheint mir nicht die Linke zu sein, sondern der Humanismus.