Er studierte Geschichte, Philosophie, Staatsrecht und Soziologie in Heidelberg und Bristol. Prägende Lehrer waren durch indirekte Begegnung Heidegger und Carl Schmitt, sowie im akademischen Sinn Karl Löwith, Hans-Georg Gadamer, Werner Conze, Viktor von Weizsäcker und Ernst Forsthoff.
Die Dissertation Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt (1954) verdankt wesentliche ihrer Impulse dem Gespräch mit Schmitt. Koselleck zeigt in einem Bogenschlag von den religiösen Bürgerkriegen bis zur Französischen Revolution, daß das Zeitalter der Kritik zugleich von einer tiefen Krise geprägt wird. Der Utopismus jener Jahre wird in seiner Komplexität sichtbar, in einem helleren Licht als jenem, das der Epoche des Lichtes selbst zu Gebote stand, wobei insbesondere die Genese des Utopismus selbst als Urszene der politischen Krise der Gegenwart sichtbar wird. Mit diesem ungewöhnlich glänzenden Debüt war es Koselleck gelungen, sich jenseits aller spezifischen Schulen der historischen Wissenschaft zu positionieren und Aufklärung nicht eo ipso als normativ zu verstehen: nicht freilich im globalen Aufweis einer »Dialektik der Aufklärung«, sondern in der mikrologischen Auslotung des Denkens von Locke, Diderot, Rousseau und der Freimaurer-Ideologie.
Stationen als Lecturer in Bristol, England (1954–1956) und als Assistent am Heidelberger Historischen Seminar schlossen sich an, von 1960 bis 1965 war er Mitarbeiter im »Arbeitskreis für Moderne Sozialgeschichte« in Heidelberg, den er in den achtziger Jahren leiten sollte, und, seit 1963, Mitglied der hochrenommierten Forschungsgruppe »Poetik und Hermeneutik«.
Seine Habilitationsschrift ist die große Monographie über Preußen zwischen Reform und Revolution (1967). 1966 wurde Koselleck Ordinarius in Bochum, 1968 in Heidelberg und 1973 nahm er einen Ruf an die neugegründete Bielefelder Universität an, an deren Aufbau er bereits zuvor entschieden Anteil genommen hatte und der er bis zu seiner Emeritierung treu bleib.
Kosellecks Ruf gründet nicht zuletzt auf seinen begriffsgeschichtlichen Studien. In den siebziger Jahren gab er gemeinsam mit Werner Conze und Otto Brunner das Lexikon Geschichtliche Grundbegriffe heraus (8 Bde.) – ein Parallelunternehmen zu Joachim Ritters Historischem Wörterbuch der Philosophie. In Begriffen manifestiert sich Koselleck zufolge der Wandel der Wirklichkeitserfahrung, wobei sich in den Jahren zwischen 1750 und 1850 nach Kosellecks Beobachtung besonders tiefgreifende Veränderungen ergeben. Er spricht deshalb von jener Epoche als der Sattel- bzw. Schwellenzeit. Die Begriffsprägungen, die aus ihr herrühren, seien bis heute im wesentlichen verständlich.
Auch dem Zeitsinn in der Geschichte, der Unterscheidung zwischen Epochen der Beschleunigung und der Verlangsamung, hat Koselleck eindringliche Studien gewidmet. In den späteren Jahren galt sein Augenmerk der Gedächtniskultur, insbesondere dem Nationaldenkmal. Die Auslotung von Begriffen bis in das Extrem der äußersten Unterscheidung bleibt ein Erbe Carl Schmitts, das sich bei Koselleck aber selten direkt politisch, sondern zumeist subkutan äußerte.
Schriften: Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Freiburg i. Br. 1959; Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791–1858, Stuttgart 1967; Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a. M. 1979; Europa im Zeitalter der europäischen Revolutionen, Frankfurt a. M. 1982; Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994; Goethes unzeitgemäße Geschichte, Heidelberg 1997; Zur politischen Ikonologie des gewaltsamen Todes. Ein deutsch-französischer Vergleich, Basel 1998; Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt a. M. 2003; Begriffsgeschichten, Frankfurt a. M. 2006; Vom Sinn und Unsinn der Geschichte. Aufsätze und Vorträge aus vier Jahrzehnten, hrsg. v. Carsten Dutt, Frankfurt a. M. 2010.
Literatur: Ute Daniel: Reinhart Koselleck, in: Lutz Raphael (Hrsg.): Klassiker der Geschichtswissenschaft, Bd. 2, München 2006; Willibald Steinmetz: Nachruf auf Reinhart Koselleck, in: Geschichte und Gesellschaft 32 (2006); Stefan Weinfurter (Hrsg.): Reinhart Koselleck. Reden zum 50. Jahrestag seiner Promotion in Heidelberg, Heidelberg 2006.