Gelbe Rosen und linke Lektionen (1)

Der Abend hatte wohl für alle Beteiligten beträchtlichen Unterhaltungswert:

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

auf einem von der “Öster­rei­chi­schen Hoch­schü­le­rIn­nen­schaft” gespon­ser­ten “anti­fa­schis­ti­schen” Vor­trag über die “Iden­ti­tä­re Bewe­gung” tauch­ten eini­ge Anschau­ungs­ob­jek­te auf, um live on stage vor­zu­füh­ren, wie eine “iden­ti­tä­re” Akti­on aus­se­hen kann.

Kurz nach Beginn des Vor­trags kam wie bestellt ein Akti­vist nach vor­ne, zog die Faschings­pe­rü­cke vom Kopf und streck­te der Vor­tra­gen­den Nata­scha Strobl mit komö­di­an­tisch-galan­ter Ges­te eine gel­be Plas­tik­ro­se ent­ge­gen. “Wenn Sie auch ein­mal mit uns und nicht nur über uns reden wol­len, so laden wir Sie herz­lich zu unse­rem Stamm­tisch ein.”

Die Dop­pel­ma­gis­tra war zwar, wie sie ein­gangs mit­teil­te, auf Stö­run­gen vor­be­rei­tet, man konn­te ihr aber anse­hen, daß auch sie sich ein Schmun­zeln nicht ver­bei­ßen konn­te. Die Rose wur­de (erwar­tungs­ge­mäß) ver­schmäht, der Über­brin­ger hin­aus­ge­schmis­sen, aber im Lauf der nächs­ten hal­ben Stun­de folg­ten ihm tröpf­chen­wei­se acht wei­te­re Quäl­geis­ter mit Blu­men und Ein­la­dun­gen, die tap­fer dem­sel­ben initia­ti­schen Schick­sal entgegenschritten.

Humor ist über­haupt eine wirk­sa­me Waf­fe: auf ein Antifa-“Outing” (Pla­ka­te mit Namen und Por­trait­fo­tos der Akti­vis­ten im Umkreis der Wie­ner Uni­ver­si­tät) reagier­ten die Iden­ti­tä­ren mit einem Gegen-Eigen-Outing in Form eines par­odis­ti­schen  RAF-Fahn­dungs­pos­ters. Da muß­te selbst Strobl erken­nen, daß die Sache nicht mit den “glei­chen Metho­den bekämpf­bar” sei, wie sonst üblich (in die­sem Fall also Ein­schüch­te­rung durch sozia­len Druck).

Als der Co-Refe­rent, der durch­ge­hend eine eher sau­er­töp­fi­sche Mie­ne behielt, spä­ter nach dem Ver­hält­nis der Iden­ti­tä­ren zur Gewalt befragt wur­de, mein­te er, man kön­ne auch eine Vor­stel­lung wie die eben auf­ge­führ­te nicht gera­de als “gewalt­frei” bezeich­nen, denn immer­hin wer­de damit ja auch “Raum ergrif­fen” und so wei­ter. Wenn man einen sol­chen (und nicht nur einen sol­chen) Maß­stab ansetzt, dann wäre Gewalt­tä­tig­keit frei­lich gera­de­zu ein Mar­ken­zei­chen der Anti­fa, die für weit­aus grö­be­re und skru­pel­lo­se­re Stör­ak­tio­nen und Über­grif­fe bekannt ist. Und “eine Form von Gewalt” ist es dann erst recht, frem­de Men­schen gegen ihren Wil­len in der Öffent­lich­keit mit Namen und Gesicht aus­zu­stel­len und zu diffamieren.

Im Gegen­satz dazu habe ich noch nie davon gehört, daß Anti­fas sich in eine Löwen­höh­le gewagt hät­ten, um dort als ein­zel­ne ” Gesicht zu zei­gen”, wie es die Iden­ti­tä­ren an die­sem Abend taten  – wozu, in einem vol­len Saal wach­send feind­se­lig ein­ge­stell­ter Besu­cher, doch eini­ger Mumm gehört.  Deren Stil ist es eher, sich in einer anony­men kra­kee­len­den Grup­pe zu ver­ste­cken, die in der Regel ihre Ziel­schei­ben zah­len­mä­ßig um ein Viel­fa­ches übertrifft.

Der Vor­trag selbst war eine (von ein paar Schen­kel­klop­fern abge­se­hen) fak­tisch drei­vier­tel­kor­rek­te  Gen­re­num­mer auf der Grund­la­ge han­dels­üb­li­cher lin­ker Theo­re­me:  die“Neue” Rech­te sei nur alter Wein in neu­en Schläu­chen und im Grun­de nur ein rein stra­te­gi­scher Begriff, sie erfül­le die berüch­tig­te “Schar­nier­funk­ti­on” zwi­schen bür­ger­li­chen Kon­ser­va­ti­ven und Rechts­extre­mis­ten, die im Grun­de all unter einer Decke ste­cken, wobei natür­lich “rechts­extrem” expli­zit als prak­ti­ka­bler Kampf­be­griff und nicht im Sin­ne der “Extremismus”-Theorie ver­stan­den wurde.

Das Modell sieht dann eher so aus: Gesamt­lin­ke gut, “Mit­te” ten­den­zi­ell böse, weil ten­den­zi­ell rechts, Rech­te gesamt­bö­se, Lin­ke im hel­den­haf­ten Dau­er­wi­der­stand. Dar­aus resul­tie­ren die übli­chen Wider­sprü­che: einer­seits sei die­se “Mit­te” aus Kro­nen­zei­tungs­le­sern nun poten­zi­ell qua­si-faschis­to­id, ande­rer­seits sei­en die eben­falls faschis­to­iden Iden­ti­tä­ren iso­liert und unbe­deu­tend. Zumin­dest sind sie offen­bar bedeu­tend genug, daß in Wien am lau­fen­den Band Vor­trä­ge über sie gehal­ten wer­den; das ist ein Hap­pen, der gie­rig von allen ver­schlun­gen wird, die eine Berufs­an­ti­fan­ten-Kar­rie­re ins Auge gefaßt haben.

Ich selbst saß an die­sem Abend als Zuhö­rer im Publi­kum (von den Refe­ren­ten min­des­tens drei­mal als Star­gast geoutet), und mir sind aus die­sem zufäl­li­gen Anlaß wie­der ein paar grund­sätz­li­che Din­ge deut­lich gewor­den, die frei­lich für Ken­ner der Mate­rie nichts Neu­es sind. Sie sei­en hier kurz skizziert.

Da wäre zum ers­ten der kras­se Niveau­ver­fall sowohl uni­ver­si­tä­rer Stan­dards wie auch des poli­ti­schen Den­kens. Her­aus­ra­gen­de Figu­ren der Lin­ken von 1968, wie Rudi Dutsch­ke, Gün­ter Maschke oder sogar Dani­el Cohn-Ben­dit wären in die­sem Milieu undenk­bar. Ein­mal abge­se­hen davon, daß wir hier nur von Öster­reich, dem größ­ten Frei­luft­ka­ba­rett der Welt reden, bestä­tigt sich wie­der ein­mal der berühm­te Satz von Karl Marx, daß die Tra­gö­di­en der Welt­ge­schich­te sich als Far­ce wie­der­ho­len, und mitt­ler­wei­le sind wir bei der Far­ce der Far­ce angelangt.

Die stu­den­ti­sche Lin­ke, die an der Wie­ner Uni­ver­si­tät ubi­qui­tär ist, erheb­li­che Pri­vi­le­gi­en genießt, und die Stu­den­ten­ver­tre­tun­gen beherrscht, “spielt” in ers­ter Linie “Links­sein” als vir­tu­el­le Num­mer aus der his­to­ri­schen Mot­ten­kis­te, mit Slo­gans, Bil­dern, Begrif­fen und Ver­satz­stü­cken, die längst nicht mehr auf ihren Bezug zur Rea­li­tät hin über­prüft wer­den. Das Gan­ze wird gesal­zen mit moder­nem lin­kem Klim­bim wie der skur­ri­len, obses­siv betrie­be­nen Femi­ni­ni­sie­rung der Schrift­spra­che. Das Ergeb­nis grenzt gera­de­zu an ästhe­ti­schen Kre­t­i­nis­mus und liest sich wie sei­ne eige­ne Par­odie. Auf der Netz­sei­te der STV Pol­tik­wis­sen­schaft fin­det man etwa Stil­blü­ten die­ser Art:

Der bewaff­ne­te Kampf im Rah­men des Bürger_innenkriegs zwi­schen Schutz­bund und Aus­tro­fa­schis­tIn­nen war der letz­te Schritt auf dem lan­gen Weg in die aus­tro­fa­schis­ti­sche Dik­ta­tur, die am 1. Mai 1934 besie­gelt wurde…

In die­sen Krei­sen begeg­net man nicht sel­ten jun­gen Leut­chen mit einem arti­gen, gut­bür­ger­li­chen Habi­tus, die auf eine komik­haf­te Wei­se mit Begrif­fen wie “bür­ger­lich” (abwer­tend gebraucht), “Revo­lu­ti­on” und “Wider­stand” um sich wer­fen. Von “Arbei­tern” oder “Arbei­ter­klas­se” wagen sie frei­lich kaum mehr zu spre­chen, weil sogar sie bemerkt haben, daß der Arbei­ter heu­te nicht mehr wie zu Mar­xens Zei­ten “in Ket­ten” liegt, son­dern durch und durch “ver­bür­ger­licht” ist  (und eher FPÖ als die BoBo-Par­tei Grü­ne wählt).

Dafür hat man sich als Pro­le­ta­ri­ats­er­satz diver­se Min­der­hei­ten­stäm­me erwählt, für die man aller­dings auch nichts ande­res als ein “bür­ger­li­ches” Dasein vor­ge­se­hen hat: die Ein­wan­de­rer sol­len an Wohl­stand, Wahl­recht und Sozi­al­ver­si­che­rung teil­ha­ben, die Schwu­len sol­len hei­ra­ten und Kin­der adop­tie­ren dür­fen, die Mos­lems sol­len sich säku­la­ri­sie­ren und libe­ra­li­sie­ren und so weiter.

Im Grun­de hat man selbst auf der sich beson­ders revo­luz­zer­ar­tig geben­den Lin­ken kaum ande­re poli­ti­sche Ziel­vor­stel­lun­gen, als einen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Wohl­fahrts- und Ver­tei­lungs­staat, der mög­lichst vie­len ein mög­lichst anstren­gungs­frei­es Leben ermög­licht. Lan­ge, lan­ge ist es her, daß man auf der Lin­ken Aske­se, Arbeits­pa­thos und Dis­zi­plin pro­pa­gier­te und Zei­len wie “die Müßig­gän­ger schiebt bei­sei­te” gesun­gen hat.

Die­ser Wunsch nach einer mög­lichst mühe­lo­sen All­ver­sor­gung ist natür­lich nicht der ein­zi­ge infan­ti­le Zug der stu­den­ti­schen Lin­ken, und ich räu­me ein, daß es bei ihren Pen­dants auf der Rech­ten im Grun­de nicht viel bes­ser aus­sieht. Sie alle sind Kin­der einer zugleich infan­ti­li­sier­ten und über­al­tern­den Gesell­schaft (jede Gleich­ge­wichts­stö­rung führt zu kom­ple­men­tä­ren Miß­ver­hält­nis­sen), die neben Kon­sum, Enter­tain­ment und Well­ness eben auch ein biß­chen “Poli­tik” und “Demo­kra­tie” oder gar “Revo­lu­ti­on” spie­len wol­len, und dabei allen­falls gegen die auf­ge­stell­ten Lauf­git­ter kra­chen. Es feh­len die exis­ten­zi­el­le Not und der Ernst der Wei­ma­rer Repu­blik, aber auch das Pathos, Teil eines län­der­über­grei­fen­den Rin­gens und einer Wen­de­zeit zu sein.

Da Götz Kubit­schek es neu­lich aus­ge­spro­chen hat, kann ich es nun auch sagen: die “Iden­ti­tä­re Bewe­gung” in Deutsch­land, die sich offen­bar end­gül­tig wie­der zer­legt hat, lei­det unter genau der­sel­ben “Kindergarten”-Krankheit wie die Anti­fa. Tei­len und herr­schen tun inzwi­schen ande­re, denen links, rechts, Mit­te, oben, unten, herz­lich egal ist. Die­je­ni­gen, die die Rol­le der Lin­ken spie­len, haben hier ein biß­chen mehr Macht und Spiel­raum, da sie ihren Job als Ideo­lo­gie­pro­du­zen­ten und Ket­ten­hun­de des Glo­bal­ka­pi­ta­lis­mus pri­ma erfül­len: denn sie tei­len mit die­sem das Inter­es­se, tra­di­tio­nel­le Soli­dar­ge­mein­schaf­ten (wie es Man­fred Klei­ne-Hart­la­ge for­mu­liert) zu zerschlagen.

Die Vor­aus­set­zun­gen für den erwünsch­ten Ver­sor­gungs­staat inter­es­siert die Lin­ke meis­tens nicht die Boh­ne. Man geht wie selbst­ver­ständ­lich davon aus, daß der Staat ein Niko­lo mit immer­vol­lem Sack ist, und zur Not wer­den halt gemäß der popu­lis­ti­schen Slo­gans “Rei­che und Mil­li­ar­dä­re” def­tig besteu­ert wer­den müs­sen (wäh­rend am Ende ja doch wie­der nur der Mit­tel­stand aus­ge­preßt wird).

Letz­te­re Plat­te wür­de übri­gens auf der tra­di­tio­nel­len Mai­pa­ra­de der Wie­ner Sozi­al­de­mo­kra­ten bis zum Erbre­chen abge­spielt, fes­te den Sozi­al­neid gegen “die da oben” mobi­li­sie­rend und dabei lügen­haft ver­tu­schend, daß gera­de die SPÖ mit Nach­druck dahin­ter stand, Öster­reich an den Zapf­hahn des “ESM” und ande­rer Bai­lout-Pipe­lines nach Brüs­sel zu legen.

Mit rot­be­flagg­ter Auf­marsch­fol­ko­re und vom Blatt gele­se­ner Mär­chen­stun­de las­sen sich die­se Din­ge frei­lich gut über­tün­chen.  Bei der stu­den­ti­schen Lin­ken kommt dann noch der “Anti­fa­schis­mus” als beson­ders effek­ti­ves Opi­um hin­zu. Ein­mal inha­liert, braucht man über alles ande­re  nicht mehr nach­zu­den­ken – man braucht in der Tat über­haupt nicht mehr nachdenken.

Auf­fäl­lig ist auch die put­zi­ge bis bestür­zen­de Arg­lo­sig­keit, die die Wort­füh­rer der stu­den­ti­schen Lin­ken zuwei­len umgibt. Eine Aura aus Harm­lo­sig­keit, Ein­falt und Gesät­tigt­heit. Die meis­ten stu­den­ti­schen Lin­ken sind “nett”, wenn sie nicht gera­de Anti­fa­schlä­ger oder ver­bis­se­ne Pasio­na­ri­as sind. Nir­gend­wo scheint es in ihrer Welt ein ernst­haf­tes Pro­blem oder eine Bedro­hung zu geben, außer “Dis­kri­mi­nie­rung” und dem bösen schwar­zen (oder eher wei­ßen?) Mann von Rechts. (Ent­fernt erin­nert mich das an die libe­ra­le Frak­ti­on der Islam­kri­ti­ker, die ja auch glau­ben, alles wäre in bes­ter But­ter, wenn nur die Mos­lems nicht wären.) Der aber wird ins Uner­meß­li­che auf­ge­bla­sen, bis man einen “Extre­mis­mus der Mit­te” und ähn­li­che Kon­struk­te bei­sam­men hat.

Was nicht ins Bild paßt, wird durch das alte “Ich seh etwas, was du nicht siehst”-Spiel aus­ge­blen­det oder ver­zerrt dar­ge­stellt. So stell­te der Co-Refe­rent  des Abends das Pro­jekt “Deut­sche Opfer” mit den Wor­ten vor, hier wer­de “ver­meint­li­che” Gewalt gegen “deut­sche Men­schen” ange­pran­gert, als wären die jeder­mann ein­seh­ba­ren Fak­ten mit einem pathe­tisch-hohl­klin­gen­den Aus­druck, den die Betrei­ber selbst nie­mals benutzt haben, wider­legt. Die all­ge­mein­mensch­li­che Nei­gung, nicht hin­zu­schau­en, wo das eige­ne Welt­bild gefähr­det ist, ist bei der heu­ti­gen Lin­ken beson­ders stark ausgeprägt.

(wird fort­ge­setzt)

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (28)

Franz Schmidt

6. Mai 2013 09:15

Wie immer sehr zutreffend analysiert, Herr Lichtmesz. Die kritische Begleitung der Identitären ist wie ein Spiegel, den Sie denen vorhalten. Sie dürfen das, da sie nicht nur am Computer Sprüche klopfen.

Mich würde mal interessieren, wie Sie das bei Arktos neu aufgelegte Buch "Die Identitäre Generation" von Markus Willinger beurteilen.

ML: In die Tonne treten, bitte.

cundar

6. Mai 2013 10:14

a) Zustimmung zu der Beschreibung des Habitus der aktuellen „studentischen Linken“. Kann ich aus reichlicher persönlicher Erfahrung bestätigen. Ich weiß nicht ob man die Grundeinstellung wie folgend kurz zusammenfassen kann: Das fehlen jeglicher Selbstreflexion außerhalb des eigenen ideoligischen Rahmens.

b) „‚Kindergarten‘-Krankheit“: Ich gehöre dem „Haufen“ IBD nicht an, muß aber den „Kindergarten“ verteidigen. Mir ist dieser „Kindergarten“ mit seiner „Virulenz, Verspieltheit, Potential und Krativität“ (vgl. Kubitschek) zehnmal lieber als die „Friedhofsatmosphere“ den die meisten „rechten“, nationalen, patriotischen usw. Aktionen/Ideen/Bewegungen seit Ende des ersten und auch zweiten Weltkrieges ausgestrahlt haben. Das die kollektive deutsche Identität in einem solchen aktuellen desolaten Zustand ist, kann nicht nur Schuld der „Anderen“ (der Liberalen, der Allierten, der Linken,…) sein, sondern hängt wohl auch mit dem eigenen Zustand zusammen: nicht kreativ, isoliert, arrogant und an der Lebenswirklichkeit vorbei. Gerade das Jahr 1813 versinnbildlicht doch, dass nicht nur Frage gestellt werden darf „Wie kann ich der Nation/Identität von Nutzen sein?“ sondern auch „Was nützt mir die Nation/Identität heute?“. Die Befreiungskriege wurden ja auch wegen der erhofften/gewünschten/versprochenen kollektiven und inidividuellen Freiheitsrechte geführt.
Der Kindergarten kann noch „geordnet und konzentriert werden“ (vgl. Kubitschek). Im Friedhof dagegen ändert sich höchstens der Grabschmuck.

Und anstatt die Rosen auf Gräber zu legen, trägt die IBÖ sie in die Welt hinaus. Das ist eine Liebenswürdigkeit, der sich die Welt sicher nicht entziehen kann. ;)

c) „‚Existenzielle Not‘ und ‚Ernst der Weimarer Republik‘“: Nein, heutzutage kann nicht jeder Deutsche einen Lebenslauf, wie z.B. Herr Kubitschek einen hat, präsentieren. Braucht es das denn auch? Oder sollte man nicht eher versuchen mit dem zu arbeiten, was man hat, anstatt übertriebene Ansprüche zu stellen? In meinem Umfeld erlebe ich viel Energie, Motivation, Reiseerfahrung, das Schätzen der Heimat und/oder eine Aufbruchstimmung im Kleinen. Ich denke, wir brauchen keine „Weimarer Verhältnisse“ und auch keine „extentielle Not“ um wieder zum Ernst zu finden. Im Gegenteil, solche Zustände würden unserem Volk wohl „den Rest“ geben. Über das „Wie kommen wir denn dann zum Ernst?“ ist zu streiten.

Inselbauer

6. Mai 2013 10:26

Ich bewundere Sie dafür, nach Wien gegangen zu sein; ich habe dazu seit Jahrzehnten den Mut nicht mehr besessen. Dort zu "wohnen" würde für mich bedeuten, nachts zwanghaft nach 1136 zu marschieren und mich dort vor dem Fensterkreuz des Aktuellen Dienstes aufzuhängen.
Es ist mir ein Rätsel, wie die "Linken" in Österreich überhaupt weitermachen können. Ein alter Freund, der heute an prominenter Stelle im DÖW sitzt, hat mir neulich ins Gesichts gesagt, wenn er - wie ich ihn gebeten habe - etwas gegen die miesen Methoden von Peham Co. zu unternehmen wagte, wäre er selber "Opfer". Ansonsten ist es eine gespenstische Veranstaltung, auf die ich ebenso kindisch wie die Umwelt nur mit Alkoholismus reagieren könnte.
Was macht man dort?! Wo die naturalisierten Jugoslawen zu 70 Prozent die FPÖ wählen, wo es MarsmenschInnen bei der SPÖ gibt, die ihre Diplomarbeiten beim politischen Gegner gekauft haben und die Kirche die KPÖ unterstützt?

S. Pella

6. Mai 2013 11:27

Da Götz Kubitschek es neulich ausgesprochen hat, kann ich es nun auch sagen: die „Identitäre Bewegung“ in Deutschland, die sich offenbar endgültig wieder zerlegt hat, leidet unter genau derselben „Kindergarten“-Krankheit wie die Antifa.

Ein entscheidender Unterschied besteht doch: im Gegensatz zur "Antifa" ist die Identitäre Bewegung in der BRD absolut marginalisiert, kaum handlungsfähig und schlagfertig.

In Frankreich entwickelte sich die Bewegung über ein Jahrzehnt und betrat nach einer Reihe kleiner Aktionen mit der Besetzung in Poitiers die Bühne des identitären Abendlandes; nur haben gerade diese überschaubaren Aktionen in genanntem Zeitraum eine verschworene Gemeinschaft geschaffen (Idee, Mythos, Kameradschaft,...).
In Deutschösterreich hingegen sind höchst innovative und mutige Geister am Werk, die mit einem Dutzend Aktivisten landesweit diskutierte Aktionen durchführen und mit Ironie und Freude den Gegner vorführen, ihm die Maske vom Gesicht reißen.

Beide Konzepte sind zielführend! Doch in der Bundesrepublik herrscht Stillstand und im Grunde wird keine dieser Aktionsformen begangen.

Bahnause

6. Mai 2013 12:38

In Österreich scheinen die Antifas aber deutlich weniger aggressiv zu sein als in Preißn !? In Berlin oder Hamburg wäre der Rosenkavalier wohl im besten Fall mit gehässigen Tiervergleichen rausgejagt worden.

ML: Man nennt Wien ja nicht umsonst die "Walzerstadt".

John Haase

6. Mai 2013 13:06

Ich teile zwar manche Kritik an der Identitären Bewegung Deutschland, möchte aber doch anmerken, daß

1. Es in Österreich anders als in Deutschland leichter ist mit einer Handvoll Aktivisten landesweit Aufmerksamkeit zu erregen - eine Aktion in Wien strahlt in das ganze Land aus, eine Aktion in Berlin interessiert in München, Stuttgart oder Köln keine Sau.

2. Ich von der französischen IB seit der Moscheebesetzung nichts mehr gehört habe und überhaupt deren Durchschlagskraft für zehn (10!) Jahre Anlaufzeit auch nur recht gering ist.

3. es den Identitären in Österreich langfristig schaden wird wenn sie das links-rechte Katz-und-Maus-Spiel der Antifa mitmachen. Die Antifa wird doch in der Öffentlichkeit im Wesentlichen als das wahrgenommen was sie ist: ein Haufen bestenfalls bourgeois-verweichlichter, schlimmstenfalls krimineller Irrer. Nicht umsonst schreiben Spiegel&Co niemals von Antifa-Demos gegen Wallstreet, Bahnhöfe oder Nazis sondern immer von "Bürgerprotesten", auf den dazugehörenden Fotostrecken kann man dann sehen wer diese "Bürger" sind. Wenn sich die IB zu sehr auf die Antifa einschießt wird schnell der Eindruck von zwei tollwütigen Hunden entstehen die sich ineinander verbissen haben - da ergreift man auch keine Partei sondern hält lieber Abstand und ruft die Polizei.

Also sollte man den Identitären bei uns schon noch ein wenig Zeit geben, es gibt den Laden ja erst seit ein paar Monaten. Ich bin mir sicher wir werden noch von ihnen hören.

Rumpelstilzchen

6. Mai 2013 16:55

Lieber Herr Lichtmesz,
Da Teil 2 der "gelben Rosen" nicht zur Debatte gestellt wurde, möchte ich an dieser Stelle ein paar Gedanken absondern, wenn erlaubt, bitt'schön.
Ihr Text ist mal wieder sehr viel Theorie und als jüngerer Mensch, so meine Erfahrung, neigt man mehr zur Theorie. Bis das Leben einen schleift.
Und so stehe ich noch ganz unter dem Eindruck des Filmes
"Heute trage ich Rock" von Lilienfeld gestern auf Arte.

- Anhand dieses Filmes ließen sich die von Ihnen aufgezeigten Parameter Gleichheit, Entfremdung, Elite sehr gut durchspielen. Bilderbuchmäßig.
1. Zuerst, ich bin für die Idee der Gleichheit und zwar ganz im christlich-abendländischen Sinne: Wir sind zuerst Menschen, vor jedem weltanschaulichen Bekenntnis, vor jeder Nationalität, vor jeder Ethnie, vor jeder Konfession, vor dem Geschlecht. Dies zeit o.g. Film recht gut.
Auch ein europäischer Forscher wird bei aller Verschiedenheit den Indianer im Urwald als Mensch ansehen können und dort sogar den Häuptling, sprich die Elite ausmachen können, wenn es denn der Häuptling ist. Und nicht der, der am besten die Affen erlegt.
2. Das Problem der Linken ist nicht, dass sie die Gleichheit der Menschen als Religion postuliert, sondern dass sie diese als Pseudoreligion postuliert. D.h. Gleichheit aller Menschen ist in Europa immer noch vom christlichen Gottesbild her begründet. Die Linke leugnet ebenso wie die ideologische Rechte den Einzelmenschen im Namen eines Kollektivs. In besagtem Film schafft es die Lehrerin Sonja, das soziale Kollektiv ( Einwanderercommunity) zu sprengen. Der individuelle Mensch tritt plötzlich hervor. Junge und Mädchen werden plötzlich zu Individuen.
Man könnte noch viele eindrücke dieses Filmes diskutieren.
3. Nun aber ziehe ich mich zurück, weil ich diese Diskussion eigentlich nicht mehr führen will. Da werde ich mal ganz elitär im hochnäsigen Sinne:
Individuelle und kollektive Entitäten halte ich für gleichursprünglich. Das tut die Linke nicht und die ideologische Rechte mit dem Kollektiv Volk auch nicht.

M.L.: Ich widerspreche Ihnen in den wesentlichen Punkten nicht, aber Sie sollten trotzdem ein bißchen mehr über die Bedeutungen des Begriffs "Gleichheit" nachdenken, auch wenn's "sehr viel" theorielastig erscheint, Sie gerade wieder einen Film schauen oder vom Leben zur Altersweisheit geschliffen werden. Ich glaube auch an die Universalität der humanitas, die sich aber immer nur in einer konkreten Form, nicht als abstraktes Prinzip manifestiert. Auch das ist, wenn man so will, eine Lehre des Christentums, in dessen Zentrum das Geheimnis der Inkarnation steht. Die ideologischen Sündenfälle bestehen darin, einen Teil aus dem Ganzen zu isolieren und zu verabsolutieren (wie etwa die "Gleichheit".) Ich würde sagen, jede gute konservative, humanistische Theorie des Menschen muß davon ausgehen, daß für ihn immer ein Sowohl-Als-auch gilt: als relativ Gleicher oder Ungleicher, als Individuum (oder sagen wir lieber: Person) und als Teil eines Kollektivs, als Ich und Du, als Geist und Körper, als Gattung und Individuum, als denkendes Schilfrohr und "Gottes Ebenbild" usw. Das Kreuz ist aus zwei gegenläufigen Balken geformt.

Rumpelstilzchen

6. Mai 2013 18:05

Ja, stimme Ihren Aussagen zu, in dieser Formulierung,
"Universalität der humanitas in einer konkreten Form".
Da war ich mal wieder zu voreilig. Zu meiner Studienzeit wurde anders diskutiert und gedacht. Eben nicht das Allgemeine in konkreter Form. Alles sehr abstrakt und abgehoben.
Ich erinnere mich noch entfernt an das Buch von Benoist "Heide sein" , der die Ungleichheit in theoretischer Form beschwor und begründen wollte. Als Gegenposition zum "gleichmacherischen Christentum". Dagegen dachte ich theoretisch an. War immer eine ärgerliche Diskussion. Die verkappte Christenfeindlichkeit der damaligen Neuen Rechten, elitär verpackt. Daher meine Empfindlichkeiten.
Auch hatte ich als Arbeiterkind immer etwas Probleme mit dem Begriff Elite.
Ich glaube, Gerd Klaus Kaltenbrunner hat darüber ausführlich geschrieben. Auf sympathische Weise.
P.S. Werde Ihre Texte geduldiger lesen.

M.L.: Ich glaube auch nicht, daß man à la Benoist hinter das Christentum zurück kann, und man kann es auch nicht à la Nietzsche "überwinden". Man muß es halt unterscheiden von seinen häretischen Derivaten. "Der Antichrist tritt in der Maske des Erlösers auf", heißt es bei Gehlen.

Ein Fremder aus Elea

6. Mai 2013 18:37

Ich habe mir gerade den zweiten Teil durchgelesen und gestatte mir auf ihn an dieser Stelle bezug zu nehmen, wenn es genehm ist.

Zum Thema Gleichheit der Menschen habe ich ja vor nicht allzu langer Zeit diesen Test entworfen:

https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2013/04/was-ist-ihr-geist-ihr-geistiger.html

Diese Unterscheidungen entspringen durchaus universellen Ideen, nämlich von der Beschaffenheit unseres Bewußtseins, welche weitestgehend Gültigkeit besitzen sollten.

Vom Bewußtsein der reinen Anstrengung, gesteuert von der Lust, über das Bewußtsein verschiedener Handlungsalternativen, gesteuert von der Achtung, zum Bewußtsein des Zustandsraumes, in welchem wir leben, gesteuert von der Sorge. Das ist die Wurzel dieser Dreifaltigkeit, welche dann allerdings auf verschiedene Weise in Aktion tritt und so verschiedene Menschentypen begründet, etwa dadurch, daß sich die Sorge zur Lust oder zur Achtung hinabneigt oder sich mit sich selbst befaßt, was die Unterschiede zwischen den von mir so genannten menschlichen Geistern auf die gröbste Weise begründet.

Ich muß aber betonen, daß diese Ideen den Nachteil haben, daß sie nur dann erfaßt werden können, wenn man sich der Natur des eigenen Bewußtseins bewußt ist, wenn man die angesprochene Dreifaltigkeit in sich vollumfänglich begriffen und erfahren hat, was natürlich eine ziemlich hohe Anforderung ist.

Andererseits hat es schon Zeiten gegeben, und nicht nur an einer Stelle der Welt, in welchen dieses Wissen wenigstens bei den Kulturschaffenden vorhanden war, etwa bei Platon und dem/den Autor/Autoren des I Ching.

Es ist also nicht gänzlich aussichtslos.

Gut, das ist reine Theorie, und von meinem Standpunkt aus gesehen. Aber was gerade läuft, das Abschütteln ausgehöhlter Einrichtungen (ja auch von Hollywood neuerdings unterstützt, siehe Oblivion oder Iron Man 3) mag Gutes mit sich bringen.

Deutschland ist natürlich nicht gerade ein Zentrum dessen, keine Frage.

Zam

6. Mai 2013 20:13

"Dieser Wunsch nach einer möglichst mühelosen Allversorgung ist natürlich nicht der einzige infantile Zug der studentischen Linken, und ich räume ein, daß es bei ihren Pendants auf der Rechten im Grunde nicht viel besser aussieht."

Ich behaupte hiermit, dich angesteckt zu haben

M.L.: Mit "Neoliberalismus" wohl? Weiche, Satan! ;-)

Meyer

6. Mai 2013 21:07

Die Frage nach der Gleichheit kann eine empirische sein: Und die ist nicht feststellbar. Gegenbeweis ist jederzeit, an jedem Ort möglich. Es gibt bestenfalls Ähnlichkeit.

Die Frage nach der Gleichwertigkeit ist eine sittliche. Ist jeder Mensch dem anderen gleichwertig? Natürlich nicht. Kein Linker wird das - mit Blick auf die sog. "Rechte" - annehmen. Und ebenfalls kein Rechter.

Die Frage, ob jeder Mensch gleich sein soll, ist eine normative. Dieser SOLL-Zustand ist zu erreichen über gnadenlose Sanktionierung des Ungleichen, letztendlich nur über Massenmord. DESWEGEN Stalin und Trotzki.

Wen ICH in Bezug zu mir selbst als gleichwertig ansehe, entscheide ich selbst, als Ausprägung meiner eigenen Souveränität über mich selbst.
Der Staat kann seine Normen, in denen er bestimmt, ich habe andere Menschen als Gleichwertige, also als Personen zu behandeln, nicht durchsetzen, auch wenn das Strafrecht (Beleidigung), das zivile Deliktsrecht, wie auch das in diesem Zusammenhang unbedeutende Grundgesetz dies anordnen.
Das Behandeln eines Menschen als Nichtperson einfaches Nichtbehandeln unmöglich sanktionierbar, wenn auch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz solches versucht (Kontrahierungszwang). Letzteres ist leicht zu unterlaufen und betrifft nur wenige.
Ich entscheide. Ein von mir nicht als Person akzeptierter Mensch wird einen Handschlag nicht erhalten können, sein Sprechen wird mir gleichgültig sein, seine Anwesenheit ist bedeutungslos.

Die ganze Frage nach der Gleichheit/Gleichwertigkeit spielt also nur eine Rolle im Rahmen des staatlich angeordneten und garantierten Normen. Sie sind also der Diskurs über ein SOLL, das alle umfaßt, Linke Rechte, Dumme, Kluge, Herren, Männer, Burschen, Waschlappen, Weiber, Frauen, Zicken, Kinder, Deutsche, Europäer, Chinesen, Südamerikaner, Hazienderos, Mestizen.

Herr Lichtmesz, Sie deuteten an, daß die Linke sowieso irrelevant ist, außer, daß diese die universitäre Wühlkraft darstellen, die gleichzeitig minderbemittelte und eine schwache Persönlichkeiten aufgabelen können. Daß sich dieser Typus in der "Politik" tummelt, wundert niemanden. So sind es doch bloße Schaumschläger, ohne den geringsten Einfluß auf die großen Linien der Politik. Die werden wohl eher in New York gemacht.

Selbst wenn man die Linke wahrnehmbar intellektuell schlüge, sogar diese aus den Parlamenten flöge, würde eine Politik unter den realen Macht- und Kraftverhältnissen kaum anders aussehen - können.
Deutschland ist im Rahmen der hard power der Einflußraum angelsächsischer NGOs, die sich Rußland versucht vom Leibe zu halten. WIR sind deren Negativbeispiel! Gleichzeitig unterliegen wir einer faktischen Besatzung durch unsere letzten Kriegsgegner.
Ganz gleich wer deren Leitlinien steuert oder wesentlich beeinflußt, wir haben auf jene keinen Einfluß, sind jenen hingegen ausgeliefert.
Es ist also, selbst bei einem Hinwegfegen der Linken, überhaupt keine Umkehr des Irrsinns zu erwarten.
Man mag als Spielerei sich mit den linken Hanswürsten beschäftigen. Nützen tut es nichts, außer vielleicht einer Schärfung des eigenen Maßes.

Realpolitik würde ich unter diesen Umständen, ganz im Schmitt'schen und van Creveld'schen Sinne, als die Gestaltung des eigenen Umfeldes bezeichnen. Jenen Raum, jenes Umfeld, das meinem Einfluß unterliegt. Meine Macht, meinen Einfluß, meine auctoritas zu erhöhen (über alte oberflächliche Fallenstellertricks, wie etwa die Gesprächsdominanz, Verhaltensdominanz) oder durch ehrliches Bemühen um die Vertiefung (?) der eigenen Persönlichkeit.

Ich verstehe den Schlußsabschnitt des Zweiten Teiles daher nicht resignierend, sondern als Anerkenntnis, daß das Große nicht (mehr) gestaltbar ist (und ggf. seit 1918, wahrscheinlich seit 1945 nicht gestaltbar war).

Nach meinem Eindruck, halten Sie die Linken für doch noch irgendwie für heilbar. Für einige wenige mag das gelten. Bei den meisten handelt es sich um eine Erbkrankheit. Unbehandelbar. Diese sind ja gerade das Paradebeispiel für UNGLEICH. Die meisten sind nicht "satisfaktionsfähig", bzw. nach meinem Augenmaß: Nicht auf Augenhöhe.

Letztendlich stellt ihr Artikel ganau das fest.

Meyer

6. Mai 2013 21:29

@ Fremder aus Elea

Ich hatte mich an dieser Stelle bereits einmal an Sie gewandt, mit der Frage, ob man zu den inneren Typologien der Menschen auch korrelierende äußere Merkmale feststellen könne.
Ich meine dies, Beispielsweise unter städtischen Gammel-Alkoholikern feststellen zu können. Nun, Sie haben diesen Typus getroffen.

Was Ihren Test angeht, habe ich bereits die Fragen nach der Mathematik nicht verstanden. Iudex non calculat ist lediglich die Ausrede.

gez. Ein Leser Ihres Blogs

Nordländer

6. Mai 2013 22:07

@ Rumpelstilzchen

"Wir sind zuerst Menschen, vor jedem weltanschaulichen Bekenntnis, vor jeder Nationalität, vor jeder Ethnie, vor jeder Konfession, vor dem Geschlecht."

IHR Möntschen geht also auf zwei Beinen, tragt kein Federkleid - wie es bei Hühnern, Gänsen, Enten, Schwänen usw. der Brauch wohl sein mag-, sondern Ihr tragt z.B einen Anzug, ein Kostüm, eine Nietenhose nebst T-Hemd usw.?

Daß sogenannte Möntschen sich für andere Möntschen interessieren, läßt sich weder durch die Geschichtsforschung, noch durch die Evolutionsbiologie, noch Anthropologie, noch Psychologie oder gar Soziologie verifizieren.

Welches Interesse hat bei Euch Möntschen jemals - in der ganzen Geschichte - ein solcher Möntsch an einem anderen Möntschen gezeigt, nur weil der andere ein Möntsch ist?

Als ein reaktionärer Rechter habe ich - z.B. - einen Namen - bin ein Deutscher (kein Chinese), eine bestimmte Geschichte, die ein Mexikaner womöglich nicht verstünde, bin in einer bestimmten Landschaft groß geworden, bin kein Möntsch, sondern u.a. ein Mann und pflege ausschließlich Kontakte mit Leuten, die einen Namen haben, männlich oder weiblich sind, fröhlich oder melancholisch, Alte oder Junge, Kluge oder Törichte usw.

Wer bitte sind eigentlich ganz konkret diese sogenannten Möntschen, was ist der Vorteil, wenn man nicht mit vertrauten Leuten, sondern mit diesen Möntschen einen Umgang pflegt?

"vor jedem weltanschaulichen Bekenntnis"

Die Anschaung der Welt - bzw. eines kleinen Ausschnittes dieser - wird Ihnen aufgenötigt. Durch die Ausfertigung Ihrer Sinnesorgane, durch die Kontingens, daß Sie, wie das Schicksal es eben gerade gewollt hat, hier in Europa, in Deutschland geboren worden sind.

ML: In manchen Kontexten ist das eine berechtigte Polemik, aber ich habe das Gefühl, Sie schießen hier auf eine falsche Zielscheibe. Man kann es auch ohne diesen Zungenschlag sagen, und dann klingt es bedeutend anders und bedeutet auch anderes. Daß sich Menschen für andere Menschen qua Menschen "interessieren", läßt sich selbstverständlich durch "Geschichtsforschung, Evolutionsbiologie, Anthropologie, Psychologie oder Soziologie verifizieren", anderfalls diese Disziplinen auch gar nicht erst existieren würden, witzlos wären und auch keinerlei Stoff hätten.

Inselbauer

6. Mai 2013 22:38

Auch der zweite Beitrag ist gut und richtig, nur sehe ich nicht, was ihn der Substanz nach von einer linken Analyse der aktuellen Lage unterscheiden soll. Solche Analysen kommen mir vor, als ob der Job der Linksintellektuellen, die den Geist aufgegeben haben, um jeden Preis übernommen werden müsste. Leider sind die Folgen eines solchen Intellektualismus rein privat und er schürt einen Defaitismus, der dann in solchen Frechheiten gipfelt, das deutsche Volk sei sowieso am Ende, man könne jetzt Torten und Fruchtsäfte unter der Bettdecke zu sich nehmen usw.
Sind hier eigentlich noch Nationalisten anwesend?! Ist die Kritik der Kritik eine ernsthafte Option? Herr Lichtmesz, Sie könnten ohne weiteres ein wenig Pathos hervorkramen, es lesen viele junge Leute mit, und da muss man nicht immer die eigene Verwesung betonen.

M.L.: Ich glaube, es gibt hier einige Mißverständnisse.

Ein Fremder aus Elea

6. Mai 2013 22:44

Nun ja, Meyer, die Fragen nach der Mathematik setzen eine gewisse praktische Beschäftigung mit ihr voraus, ganz ungewollt ist das nicht, aber vielleicht wäre es besser nur eine Mathematikfrage zu stellen. Selbstverständlich ist der Test nur ein Versuch. Meine diesbezüglichen Erfahrungen sind indes, daß so ein Test NICHT dadurch besser wird, daß er zweifelsfrei eindeutig verständlich wird, der Getestete sollte den Test besser locker sehen und unverkrampft antworten.

Ich frage mich, wen sie als Gammel-Alkoholiker sehen, vom Äußeren her, Rasputin? Die, die ich kenne, um ihre Bemerkung ernst zu nehmen, fallen nicht recht in eine dieser Klassen, denn das sind alles psychisch gesunde Menschen ohne Komplexe, Paranoia, Schizophrenie etc. Ich meine, alleine wenn Sie nur Analphabet sind, haben Sie schon heftige Komplexe, welche Ihre Natur überlagern und verschatten, und Sie gehen ja definitionsmäßig von Alkoholikern aus.

Dazu ist dieser Test gerade NICHT gedacht. Mir geht es um den GESUNDEN Formenreichtum.

Nun gut, um da aber nicht auszuweichen, ich schätze die meisten Gammel-Alkoholiker waren einmal reflektiert mit körperlichem geistigem Horizont. Ich denke nicht, daß der Geist da eine Rolle spielt, sofern er nur eine reflektierte Gesinnung zuläßt.

Übrigens, weil Sie Äußerlichkeiten angesprochen haben, es ist generell so, daß Menschen, welche außerhalb der Norm leben, alleine dadurch kantigere Gesichter entwickeln, die Weiche, die Verwaschenheit schwindet aus ihren Zügen, ihr Gesicht spiegelt ihren Mut zum eigenen Weg. Das betrifft auch Landstreicher.

Ansonsten gelten selbstverständlich die bekannten Korrelationen mit den Haplogruppen des Y-Chromosoms, welche den wahren Kern der ganzen Schriften von Günther und Konsorten ausmachen. Nun, das ist jedenfalls meine Ansicht dazu. Ich habe das auch schon behandelt, und kann gerne noch einmal den Link hier bringen:

https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2011/12/zu-den-wurzeln-der-bevolkerung-europas.html

Das sind aber nur Korrelationen, da besteht keine Ursächlichkeit, ich selbst bin ein Gegenbeispiel zu der These.

Theosebeios

6. Mai 2013 23:08

Nun, lieber MEYER, gegen die "Gestaltung des eigenen Umfeldes" ist ja nichts einzuwenden, im Gegenteil, das klingt nach einer pragmatisch-vernünftigen Strategie. Bloß fürchte ich, mit den vielen abwertenden Bemerkungen über Leute, die nicht "satisfaktionsfähig" sind oder (aus Ihrer Sicht) Ihre "Augenhöhe" nicht erreichen, über die Sie also folglich konsequent 'hinwegsehen', werden Sie in Ihrem Umfeld - vorausgesetzt, es besteht nicht nur aus einer sehr kleinen Kameradschaft (bereits) Gleichgesinnter - kaum Resonanz finden. Mir gefällt, wie Bosselmann und Lichtmesz, jeder auf seine Art, die Auseinandersetzung mit der anderen Seite suchen. Bei aller zugespitzten Polemik sollte dabei der grundsätzliche Respekt dem anderen gegenüber nicht auf der Strecke bleiben, sei es nun Natascha Strobl oder Jürgen Habermas. (Von "Fallenstellertricks" halte ich als Konservativer auch nichts.)

Und an dieser Stelle doch noch etwas zu IRRLICHT, aber es passt auch hier. Weil ein Denker als "toter Hund" behandelt wird, heißt das noch lange nicht, sein Einfluss sei verschwunden. Eine habituelle Habermasverachtung, teilweise in Worten wie sie hier von MEYER u.a. benutzt wurden, haben bereits die "Lingshegelianer", unter denen ich während meines Studiums leiden musste, gepflegt. Und das ist wirklich schon verdammt lange her.
Auch bei der von L. beobachteten "Doppelmagistra" wird man vielleicht bei näherer Analyse feststellen können, dass sie die Welt durch die Linsen betrachtet, die (nicht Spinoza, sondern) die "Frankfurter Schule" geschliffen hat. Die Frage ist, ob wir sie und ihren Einfluss verstehen wollen. Ich meine ja. Das ist Teil unseres geistigen Kampfes -- wenn man ihn denn führen will. Wer lieber gegen den global agierenden Kapitalismus kämpfen will, muss sich mit der viel größeren und ebenso hilflosen Linkspartei zusammentun.

Heinrich Brück

7. Mai 2013 01:55

Es könnte Gott persönlich auf die Erde kommen und ein Buch vorlegen, wer würde ihm glauben?
Wer dieses Jahrhundert intellektuell überleben will, sollte Nachkommen haben. Die Substanz für eine Regeneration ist im deutschen Volk noch vollständig vorhanden.
Die Theorie der Linken wird in der Praxis konkret, und das Konkrete kann immer ersetzt werden. Nur der Hass der Linken darf niemals unterschätzt werden.
Ein Zitat aus einem alten Buch, einer unübertroffenen Logik, dem Neuen Testament: "Schreib auf, was du gesehen hast: was ist und was danach geschehen wird." Offb 1,19

Meister Nix

7. Mai 2013 05:59

Etwas wie der "Identitäre-Kindergarten" wäre zwar als Gegenbild schon irgendwo wichtig, aber das die Jungs und Mädels eine Massenwirkung damit erreichen würden, war ohnehin nicht anzunehmen. Das medial geprägte Meinungsbild und der damit zusammenhängende Dauerbeschuss mit Selbsthass, Verleumdung des Eigenen und staatlich verordnetem "Antifaschismus" ist doch übermächtig.
Es langt in deutschen Landen bereits, jemanden als "Rechten" - man muss gar nicht den Begriff "Rechtsradikaler" verwenden - zu betiteln, um damit sicherzustellen, dass kaum noch jemand mit dieser Person diskutieren will. Irgendwie "rechts" zu sein macht einen ja schon zur Persona non grata per se.
Dies habe ich mehr oder weniger schon einige Male selbst im Bekannten- und Freundeskreis erlebt. Kaum erwähnte ich nur, dass Multikulti eben keine besonders gute Idee ist und zwangsläufig zu stetig anwachsenden Konflikten führen wird, schon wurde mir hämisch, von einem meiner ältesten Freunde (der sonst ziemlich unpolitisch ist), empfohlen "doch einfach NPD zu wählen".
Wenn irgendwas schon nach "rechts" riecht, gibt es einen kleinen Aufstand in der guten, linksliberal-deutschen Durchschnitts-Seele.

Die Definitionsmacht des linken Denkens ist, im Gegensatz zur oft selbst beklagten "Wirkungslosigkeit" Linker, doch mächtiger denn je. Betrauert wird von den Antifanten wohl, dass die meisten Deutschen (noch) nicht bereit sind mit ihnen auf "Faschojagd" zu gehen, um alles niederzuknüppeln, was nicht bei 3 Antifa-Parolen aufsagen kann. Als "nützliche Idioten" sind diese Leute für den neoliberalen Globalkapitalismus natürlich sehr brauchbar.
Es ist aber auch natürlich viel "cooler" sich als irgendwie "rebellisch" und "widerständig" zu begreifen, statt die eigene Ideologie als "Mehrheitmeinung auf Speed" zu sehen. Zumindest die antideutsche Linke, predigt ja ohnehin neoliberale Ideologie. Obwohl man der immerhin noch zu Gute halten kann, dass sie tatsächlich noch Marx, Adorno, Debord etc. liest und den Islam definitiv als Gefahr sieht. Aber antideutsche Kritik am linken Antisemitismus, als auch am Islam, wird in der Mehrheits-Linken mal kurz unter dem Motto "Schön das wir mal darüber geredet haben" beachtet und dann unter den Teppich gekehrt. Nicht umsonst gelten "Antideutsche" vielen Linken als "Rechte", "Rassisten", "Mossad-Erfüllungsgehilfen" und ähnliches.

Und sonst? An allen Ecken und Enden wird Staatsknete für sogenannte antirassistische und antifaschistische Projekte rausgefeuert, um für "Toleranz", den "Kampf gegen Rechts" und die Republik "Villa Kunterbunt" zu werben. Gegenmeinungen dazu findet man nur in äußersten Nischen. Und sobald einer der bürgerlicher Politiker sich dann doch mal traut ein Problem wie Überfremdung, Deutschenfeindlichkeit usw. anzusprechen, verschwindet er binnen kürzester Zeit in der Versenkung, wenn er nicht sofort zurückrudert. Das nenne ich mal "echte Wirkungslosigkeit"!

Als Ex-Linkem, graust es mir heutzutage vor dem immer heftiger grassierenden, linksliberalen Gutmenschentum. "Wir" sind die Borg. Sie werden assimiliert!

In schwachen Momenten denke ich wirklich, dass Alkoholismus der "letzte Ausweg" ist, um diesen Irrsinn noch halbwegs ertragen zu können. Und wenn mich dann einer Fragen sollte, welche "Nationalität" ich eigentlich habe, dann könnte ich ganz souverän antworten: "Trinker!".

Neben der theoretischen Arbeit, die natürlich wichtig ist und u.a. von der Sezession ja auch sehr ordentlich geleistet wird, ist vielleicht eine "ästhetische Mobilmachung" tatsächlich eines der probaten Mittel bei dem noch eine Aussicht auf einen kleinen Erfolg bestehen könnte!? Auch wenn ich die "indentitäre" Agitprop schiene persönlich für wenig erstrebenswert halte. Erinnert mich dann doch zu sehr an Herrn Weißmann's "Warnung" vor dem "Rechts denken und links leben"-Konzept. Aber das mag nur meine persönliche Abneigung gegen quietsch-buntes Popkultur-Geschredder sein und an einem "zu starken Faible" für "düster-nihilistische" Industrial-Ästhetik liegen!?
Wobei sich letzlich dann doch noch die Frage stellt, ob eine solche "ästhetische Mobilmachung" nicht auch von vorne herein zum Versumpfen im allgemeinen Spektakel verdammt ist!? Fragen über Fragen …

Nordländer

7. Mai 2013 08:40

@ M.L.

"Daß sich Menschen für andere Menschen qua Menschen „interessieren“, läßt sich selbstverständlich durch „Geschichtsforschung, Evolutionsbiologie, Anthropologie, Psychologie oder Soziologie verifizieren“"

Aus meiner Sicht ist "Menschen" ein religiöser Begriff, übrigens auch und gerade unter Atheisten. Daneben sind die "Menschen" in unserer Standardsprache freilich auch vorhanden.
Immer wieder gehe ich gerne "unter (die) Menschen".
Nein, näher besehen tue das nicht, zwar schätze ich die Vielfalt sehr, doch unterscheide (lat. "discriminare") ich ganz enorm, achte darauf, auf meinen Wegen bestimmte Gruppen von Menschen oder bestimmte einzelne Menschen zu meiden, auszugrenzen.

Wähle ich ein beliebiges nichtreligiös belegtes Objekt der Betrachtung, z.B. das Medium, komme ich zu dem Schluß, daß alle Medien gleich sind - insofern, daß ich sie dem Oberbegriff "Medium" zuordnen kann.
Verschieden sind die Medien, teilte ein Thomas Mann doch sehr viel anderes mit als ein Habermas.
Summarisch betrachtet mag ich die allermeisten Medien eigentlich eher nicht - auch wenn es Ausnahmen gibt, dieses Buch von z.B. Botho Strauß oder jener Tonträger mit Aufnahmen von Chopin oder Mozart sei mir denn doch willkommen.

Geschichtsforschung verstand ich bislang immer so, daß es nicht um Menschen ging, sondern z.B. um Griechen oder Perser.
Evolutionslehre oder Soziologie so, daß sich nie eine Menschheit formiert hat, sondern - aus ökonomisch sehr naheliegenden Gründen - immer Gruppen, Familien, Sippen, Stämme, Völker.

Was verbleibt, wenn ich vom Alter, Geschlecht, Volk, inviduellem Aussehen, Temperament usw. meines Gegenübers absehe?
Wer wäre mein Gegenüber, was verbliebe noch von ihm, handelte es sich nicht um einen sechzigjährigen deutschen Mann, einen Christen, sondern um eine fünfzehnjährige Chinesin?
Wie reagierte mein Gegenüber, behandelte ich es auf diese Weise nicht als einen deutschen Mann, sondern als einen Menschen?

ML: Nur unter Atheisten ist "Mensch" ein "religiöser" Begriff, jedenfalls unter denen, die in Wirklichkeit heimliche Deisten sind. Alle diese Kategorien, die Sie nennen, wie Alter, Geschlecht, Temperament, konstituieren ja keine radikalen Differenzen, sondern erhalten ihre Signifikanz dadurch, daß sie Attribute des Menschseins sind. Sie schaffen ganz andere Relationen als, wenn Sie z.B. alten und jungen Katzen oder weiblichen und männlichen Ameisen gegenüber stehen. Dann ist es ja auch nicht so, daß Sie mit der fünfzehnnjährigen Chinesin überhaupt nicht kommunzieren könnten, und sei es durch Gestik oder Zeichensprache, oder daß die fünfzehnjährige Chinesin nun in einer *radikal* anderen Welt als der sechzigjährige Deutsche leben würde, als handele es sich Delphine und Uhus.- Natürlich geht es in der Geschichtsforschung immer um Menschen, es gibt eine Geschichte der Griechen und Perser, aber keine Geschichte der Maulwürfe oder Mammutbäume. Und wenn ich nun eine Geschichte der Griechen schreibe, kann ich das nicht tun, ohne daß Perser, Kreter, Ägypter oder Römer auch darin vorkommen. Dann gibt es auch keine Anthropologie der Griechen, sondern nur eine Anthropologie des Menschen, und wenn es auch eine Soziologie der Griechen gegen mag, dann hätte diese dieselben theoretischen und begrifflichen Grundlagen wie eine Soziologie der Japaner. Aber es gibt keine Soziologie der Wildrosen oder Rehe. Als Aristoteles den Menschen als zoon politikon bezeichnete, hatte er ja auch nicht nur Athener oder Hellenen im Sinn. In der Tat kann man seinen Begriff auf sämtliche menschliche Gesellschaften anwenden, vom Feuerland bis nach Atlantis.

Nordländer

7. Mai 2013 08:59

@ Meyer

"Wen ICH in Bezug zu mir selbst als gleichwertig ansehe, entscheide ich selbst, als Ausprägung meiner eigenen Souveränität über mich selbst."

Ein vortrefflicher, vitaler Satz, dem ich nur zustimmen kann.

Ergänzend ein anderer Aspekt:
Ist denn die Gleichwertigkeit nicht - zumindest vor der Kulturrevolution 1968f - ein Konstrukt gewesen? ("Tun wir doch einfach mal so, als ob.")

Juristisch: Auch wenn der Angeklagte X als Serieneinbrecher bereits aktenkundig ist, hören wir ihm zunächst einmal genauso aufmerksam zu wie dem braven unbescholtenen Bürger Y.
Höflichkeit/Benimm: Prof. Z ist eine außerordentliche geistige Kapazität. In manchen gesellschaftlichen Situationen verhilft er seinem Gegenüber, allenfalls mit mittelprächtiger Allgemeinbildung ausgestattet, zu dem Gefühl, man parliere auf "Augenhöhe" miteinander.

Meyer

7. Mai 2013 11:24

Nein, Fremder Eleaner, ich wollte nicht aussagen, daß die absolute Mehrheit der Stadtstreicher identische Gesichtszüge aufweist. Meine Beobachtungen lauten dahingehend, daß ich unter denen einen Typus lediglich sehr häufig beobachte. Diesen Typus kennt man natürlich auch aus bürgerlichen Verhältnissen. Es handelt sich übrigens um den "nordischen" Jungen mit Gitarre (den ich nicht kenne, ist dieser allgemein bekannt), nicht um Rasputin. Ein weiterer Typus unter den Stadtstreichern ist rundgesichtig, den ich aus Erinnerung heraus nicht mit einem ihrer Typen in Verbindung bringen kann.
Rasputin mag unter Drogenabhängigen wieder häufiger zu beobachten sein. Das werde ich in den Mittagspausen mal überprüfen. In der Nähe ist ein Zentrum.
Kantige Gesichtszüge würde ich übrigens nicht als Folge des außerhalb-des-Norm-Lebens ansehen, sondern sie haben wohl mit dem erhöhten Testosteronniveau, eine identische Ursache.

Würde die populationsgenetische europäische Bevölkerungsentwicklung in Umfragen oder Untersuchungen berücksichtigt, würden die Ergebnisse ganz andere Schlüsse zulassen.

@ Theosebios
Nun, das Nichthandgeben oder das Nichtmalignorieren sind sicherlich die Konfliktvarianten des Umgangs. Ich will einen Umgang mit diesen nicht. Mit Links/Rechts hat das kaum etwas zu tun. Heute, wo das Rechte Tabu ist, finden sich hier halt keine Mitläufer.

Exklusivität ist der Schlüssel. Nicht "wir" haben eine Ware anzubieten. Sondern man sollte "denen" nichts aufdrängen, anbieten. Ich bin froh, daß der Wind aus der linken Ecke bläst. Ohne dieses Mitläufer-Pack ist es in der Rechten ganz angenehm. Wenn sich der Wind dreht, sind die alle hier. Vielleicht werde ich dann ja "links", weil es genau dieser Menschenschlag ist, den ich nicht ausstehen kann.

Lieber ein ehrlicher Stalinist in einer "rechten" Zeit, als ein rechter Mitläufer! Nur, auch der Stalinismus ist nicht der eigene Grund auf dem man steht.

Linke vertreten linke Positionen, weil sie falsch sind. Wären sie richtig, also recht, also rechts, dann würde keiner mehr ihre scheinintellektuellen Volten bemerken. So handelt nur, wer intellektuell scheinen will und selbst sicher weiß, daß er es gar nicht ist. Die "Anti-Elitären" bilden über dieses Mittel zudem eine Scheinelite. - Das sind doch keine Gegner. Wenn Sie Gegner sehen wollen, die man ernst nehmen muß, dann fahren sie durch das Zuhälterviertel einer beliebigen Großstadt.

Der Einfluß der Linken ist deswegen begrüßenswert. Er hält uns die ganzen Schmierlappen vom Hals. - Unter der Voraussetzung, daß das ganze nicht zu halten ist. Aber das ist es seit 1945 nicht mehr.
Kaum mehr, wie ich die Schmierlappen von der Linken mag, mag ich die ach-wäre-doch-alles wieder-wie-in-den-guten-alten-Zeiten-Rechten.
Bei dem Namen Adenauer bekomme ich Tiefenbrechreiz, nicht bei Stalin. Augenhöhe bestimmt sich einzig über Charakter.

Carolus

7. Mai 2013 11:33

Von der IBÖ haben mir auch die Häupl-Parodie-Aktionen sehr gut gefallen:
https://www.youtube.com/watch?v=KXjd_bSSfiE (2.4., 10 min) sowie
https://ib-oesterreich.at/?p=637 (1.5.)

Sehr sympathisch auch:
https://ib-oesterreich.at/?p=676 (4.5.)
Do samma daham – do ramma zamm!

Siehe auch https://alles-schallundrauch.blogspot.de/2013/05/die-bandbreite-die-mafia.html:
Das Wirken transatlantischer Netzwerke und deren Einfluss auf deutsche Politiker-Eliten ist das Thema der neuen Single der „Bandbreite“. …

Nordländer

7. Mai 2013 12:01

@ M.L.

"Alle diese Kategorien, die Sie nennen, wie Alter, Geschlecht, Temperament, konstituieren ja keine radikalen Differenzen, sondern erhalten ihre Signifikanz dadurch, daß Attribute des Menschseins sind."

Danke für Ihre ausführliche Beantwortung, Herr Lichmesz.

Idealismus/Universalismus versus Partikularismus?

ICH nehme Bewertungen vor, als einer dieser Menschen, und zwar als ein Lebewesen, aus Fleisch und Blut. (Ähnliches nahm sich der Forist Meyer weiter oben auch schon heraus.)
Sollte mein Verlangen in Richtung sprachlicher Verständigung gehen, hätte die Chinesin - die doch hoffentich von vielen überaus wertgeschätzt wird - für mich keinen Wert.
Ginge ich in Richtung Tanzboden, empfände ich die Differenz der Geschlechter als mindestens radikal, falls ich einen Menschen dort zum Tanzen aufforderte.
Ich räume es dem Idealisten gerne ein, DEN Wert überhaupt zu postulieren, selber bestreite ich diesen jedoch.
Im Gegensatz zu all den Vorurteilen, die gegenüber Menschen oder Menschengruppen bestehen, die an sich selber zuerst denken, das Eigenwohl im Sinne haben, ist in aller Regel das Ausgrenzen von Menschen im Alltagsleben sowohl sehr üblich wie zugleich gänzlich ungefährlich:
In der Country-Kapelle findet der harte Rocker mit seiner Whiskey-(Rest-)-Stimme keinen Anklang, der Sozialdemokrat macht sich bei den Libertären binnen kürzester Zeit dermaßen unbeliebt, daß man ihm freundlich aber bestimmt den Weg zur Tür erklärt.

Das Christentum habe ich durchaus so interpretiert, daß die Nächstenliebe universal ausgelegt wird und daß damit DIE Menschen gemeint sind.
Dieses Gebot nehme ich als ein religiöses wahr.

Nordländer

7. Mai 2013 13:12

@ Meyer

"Linke vertreten linke Positionen, weil sie falsch sind. Wären sie richtig, also recht, also rechts, dann würde keiner mehr ihre scheinintellektuellen Volten bemerken."

Wenn verschiedene Anbieter von Nachrichten auf dem Markte miteinander konkurrieren, hat eine rechte Erkenntnis ("Ohne Fleiß kein Preis") überhaupt keinen Wert. Die Menge bereits vorhandener Informationen wird nicht erweitert, geschweige denn, daß so ein Satz irgendeine Art eines Spass- oder Wohlfühlerlebnis erzeugen könnte.

Wer sich auf dem Markt richtig aufstellen will, der muß unbedingt die Neu-Sucht des umworbenen Kunden bedienen.

Ein Fremder aus Elea

7. Mai 2013 14:30

Meyer,

ja, ich habe generell eher lang- und schmalgesichtige Vertreter gewählt, vielleicht aus subjektiven Gründen.

Der Junge, welchen sie meinen, ist Vince Clarke von Depeche Mode und Erasure.

https://www.youtube.com/watch?v=QES-eQ4lR5U

(Daher auch die Einschränkung bzgl. der einzigen Hoffnung, Uwe Seeler hat mir den Gedanken nicht eingegeben. Dabei haben die Leute noch Glück hier zu leben, denn in Arabien würden sie tatsächlich so verwendet werden. Sure 2 enthält auch explizit die Aufforderung dazu, das Blutopfer der Färse. Wäre Europa Arabien, könnte es gut sein, daß Stadtstreicher zu solchen Zwecken rekrutiert würden. Das ist ehrlich gesagt ein Teil des Schauers dieser ganzen Sache, der Koran wurde von jemandem geschrieben, der all das gewußt hat und nicht gerade zimperlich war, es auszunutzen. Ich mag dabei nicht gerne zusehen, da gehen zwei Leute mit tödlichen Waffen auf einander los, und verstehen die Waffe des jeweils anderen nicht. Es ist zutiefst unanständig, und wir werden irgendwann Grenzen ziehen müssen, um die Sache zu stoppen.)

ML: Bitte wieder zum Thema zurückzukehren.

Irrlicht

7. Mai 2013 17:12

@Theosebeios
Ich sehe weiter nicht, warum gegen eine theoretisch uninteressante und sich ansonsten biologisch erledigende Richtung - Adorno&Horkheimer sind heute irrelevant, auch auf linker Seite, und Habermas und Anhang folgen auf dem Fuße - der "geistige Kampf" aufgenommen werden sollte. Möglicherweise unterliegen Sie selbst diskurstheoretischen Vorstellungen, die dem Diskurs, metaphysisch überhöht, grundlegende wirklichkeitskonstituierende Bedeutung zuschreiben. Bei heute relevanten Themen wie Multikulti, Diversity, etc., sind eher die angelsächsischen Cultural studies relevant, aber auch hier gibt es nicht viel Interessantes, dafür aber Macht- und Lobbyinteressen, lautstarke Pressure groups, nützliche Idioten, etc.

Julius

8. Mai 2013 09:33

Beiträge von Martin Lichtmesz sind für mich immer ein besonderes Vergnügen, nicht nur, weil ich auch Wiener bin. Die analytische Schärfe und die plastische Darstellung halte ich für durchgehend herausragend. An Schelskys "Priesterherrschaft" möchte ich der Vollständigkeit halber erinnern.
Auf einen Punkt von vielen möchte ich hinweisen: Wie hier zutreffend, sonst aber eher selten aufgezeigt, hat die Linke gezwungenermaßen ein neues revolutionäres Subjekt gebraucht, nachdem ihr die Arbeiterklasse teils abhanden gekommen, teils Ablehnung entgegen gebracht hat. Schon früh verfiel man auf die "Dritte Welt", die vom Imperialismus als höchstem Stadium des Kapitalismus (Lenin 1916) unterdrückt und ausgebeutet wird. Die Revolution war dort Entkolonialisierung (vgl Frantz Fanons "Verdammte dieser Erde"). „Einen Europäer erschlagen, heißt zwei Fliegen mit einer Klappe treffen.“ (Sartre) Den Zweiten Weltkrieg hat ja nicht Deutschland verloren, sondern ganz Europa, d.h. insbesondere auch England, das seines Weltreiches verlustig ging, und Frankreich. Die "Umerziehung" und "Umvolkung" Europas ist aus dieser Sicht nichts anderes als die nächste Etappe der Weltrevolution, der Fortführung des Zweiten Weltkrieges mit nichtmilitärischen Mitteln. So steht nun die Multikulturalisierung zur Vernichtung Europas im Zentrum der linken Agenda. (Alles natürlich sehr vereinfacht, verkürzt und schon deswegen nicht fehlerfrei dargestellt.) Auch dieses neu erkorene revolutionäre Subjekt scheint freilich nur sehr bedingt Gegenliebe zu zeigen: Nicht wenige der Zuwanderer, vor allem die muslimischen sind ja auf ihre eigene Weise - siehe die "Wundertüten" im Artikel - "identitär".

Martin Lichtmesz

8. Mai 2013 10:09

Karawane zieht weiter, Dank an alle.

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