120. Geburtstag Friedrich Sieburg

(Text aus dem Band Vordenker des Staatspolitischen Handbuchs, Schnellroda 2012.)

von Ansgar Lange

Sieburg wurde in der westfälischen Stadt Altena in einer katholischen Familie des rheinischen Bürgertums geboren. Seine Mutter war adeliger Herkunft, kam aber aus finanziell bescheidenen Verhältnissen. Der Vater war Bahnbeamter. Bereits als 16jähriger veröffentlichte Sieburg erste Gedichte in den Düsseldorfer Nachrichten. Anschließend studierte er Philosophie, Geschichte, Literatur und Nationalökonomie in Heidelberg und promovierte 1919 in Münster in Literaturwissenschaft.

Bis 1923 leb­te er als frei­er Schrift­stel­ler in Ber­lin und berich­te­te von 1926 bis 1939 für die Frank­fur­ter Zei­tung aus Paris über Poli­tik und Gesell­schaft. Sieburg, der 1939 in den deut­schen Aus­wär­ti­gen Dienst beru­fen wur­de und zwi­schen­zeit­lich in Deutsch­land wie­der für die Frank­fur­ter Zei­tung tätig war, wur­de nach dem Krieg von der fran­zö­si­schen Besat­zungs­macht mit einem Publi­ka­ti­ons­ver­bot (1945–1948) belegt. Seit 1956 für die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung tätig, galt er als schar­fer Kri­ti­ker der »Grup­pe 47« und eine Art »Lite­ra­tur­papst« der frü­hen Bundesrepublik.

Es besteht wei­test­ge­hend Einig­keit dar­in, daß Sieburg mit Büchern wie Gott in Frank­reich? (1929) nach dem Ers­ten Welt­krieg Frank­reich für die Deut­schen wie­der­ent­deck­te. Unbe­strit­ten ist auch sei­ne sti­lis­ti­sche Meis­ter­schaft. So nann­te ihn Hans-Georg von Stud­nitz einen »Sin­fo­ni­ker der Spra­che«. Als pro­ble­ma­tisch wur­de spä­ter – u. a. von Joa­chim Fest – Sieburgs Zeit im Drit­ten Reich gewer­tet. Er galt vie­len zwar nicht als über­zeug­ter Natio­nal­so­zia­list, aber zumin­dest als »hoch­fei­ner Col­la­bo­ra­teur«. Sein Anfang 1933 erschie­ne­nes Werk Es wer­de Deutsch­land war laut Fest »kein Pro­dukt jenes scha­ren­wei­sen intel­lek­tu­el­len Über­läu­fer­tums «, son­dern durch sei­nen »vagen, pathe­tisch ver­grü­bel­ten Ton« gehö­re es eher in die Nähe der soge­nann­ten Kon­ser­va­ti­ven Revolution.

Der Ästhet Sieburg sah die Repu­blik Ade­nau­ers zuse­hends in einem Kult des Mate­ri­el­len ertrin­ken. Er erkann­te die Pro­ble­ma­tik der »Poli­tik der Umer­zie­hung « der Deut­schen und beharr­te auf der fort­be­stehen­den Aktua­li­tät der deut­schen Fra­ge. Dabei war er aber – wie Hans-Chris­tof Kraus her­aus­ge­ar­bei­tet hat – zu kei­nem Zeit­punkt ein die West­ori­en­tie­rung des Lan­des in Fra­ge stel­len­der »Natio­nal­neu­tra­list «. Im Grun­de ein kon­ser­va­ti­ver Sti­list und Lite­rat von Rang, war Sieburg zwar kein poli­ti­scher Den­ker, aber »ein bedeu­ten­der Zeit­ge­nos­se mit bedeu­ten­den Ein­sich­ten und erstaun­li­chem Urteils­ver­mö­gen « (Kraus), der die Schat­ten­sei­ten der Ame­ri­ka­ni­sie­rung erkann­te und der poli­tisch links­ste­hen­den, ton­an­ge­ben­den Lite­ra­tur der »Grup­pe 47« nichts abge­win­nen konn­te. Aus­weis die­ser Geis­tes­hal­tung ist sein Spät­werk, Die Lust am Unter­gang von 1954.

Nicht frei von Ego­ma­nie und Eitel­keit, hat er stets Distanz zum »Ver­sor­gungs­staat « der Ade­nau­er-Zeit bewahrt. Auf­grund sei­nes nicht immer glück­li­chen Agie­rens in der NS-Zeit konn­te er sei­ne Rol­le als Ver­mitt­ler zwi­schen deut­scher und fran­zö­si­scher Kul­tur in spä­te­ren Jah­ren nur noch ein­ge­schränkt wahr­neh­men. Aus­weis sei­ner lite­ra­ri­schen Bega­bung und sei­nes aus­ge­präg­ten Geschichts­be­wußt­seins sind »popu­lär« geschrie­be­ne Bio­gra­phien über Robes­pierre, Cha­teau­bri­and oder Napoleon.

Schrif­ten: Gott in Frank­reich? Ein Ver­such, Frank­furt a. M. 1929; Ven­dée, Frank­furt a. M. 1931; Es wer­de Deutsch­land, Frank­furt a. M. 1933; Polen. Legen­de und Wirk­lich­keit, Frank­furt a. M. 1934; Robes­pierre, Frank­furt a. M. 1935; Die stäh­ler­ne Blu­me. Eine Rei­se nach Japan, Frank­furt a. M. 1940; Schwarz­wei­ße Magie. Über die Frei­heit der Pres­se, Tübin­gen 1949; Die Lust am Unter­gang. Selbst­ge­sprä­che auf Bun­des­ebe­ne, Ham­burg 1954; Nur für Leser. Jah­re und Bücher, Stutt­gart 1955; Napo­le­on. Die 100 Tage, Stutt­gart 1956; Cha­teau­bri­and. Roman­tik und Poli­tik, Stutt­gart 1959.

Lite­ra­tur: Ceci­lia von Bud­den­b­rock: Fried­rich Sieburg. Ein deut­scher Jour­na­list vor der Her­aus­for­de­rung eines Jahr­hun­derts, Frank­furt a. M. 2007; Joa­chim Fest: Fried­rich Sieburg. Ein Por­trait ohne Anlaß, in: ders.: Auf­ge­ho­be­ne Ver­gan­gen­heit. Por­traits und Betrach­tun­gen, Stutt­gart 1981; Hans-Chris­tof Kraus: Als kon­ser­va­ti­ver Intel­lek­tu­el­ler in der frü­hen Bun­des­re­pu­blik – Das Bei­spiel Fried­rich Sieburg, in: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Die kupier­te Alter­na­ti­ve. Kon­ser­va­tis­mus in Deutsch­land nach 1945, Ber­lin 2005.

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