40. Todestag J. R. R. Tolkien

(Text aus dem Band Vordenker des Staatspolitischen Handbuchs, Schnellroda 2012.)

von Johannes Ludwig

Der Herr der Ringe gehört zu den zehn meistverkauften Büchern aller Zeiten. Der Autor, J. R. R. Tolkien, schrieb weit über ein Jahrzehnt daran und arbeitete sein ganzes Leben lang an seiner fiktiven Geschichte Mittelerdes, in der Der Herr der Ringe angesiedelt ist.

Tol­ki­en wur­de in Süd­afri­ka als Sohn eines bri­ti­schen Bank­an­ge­stell­ten gebo­ren und wuchs seit sei­nem vier­ten Lebens­jahr in Eng­land auf. Mit zwölf Jah­ren ver­lor er Vater und Mut­ter; die Vor­mund­schaft über­nahm der katho­li­sche Gemein­de­pfar­rer Fran­cis Mor­gan, der Tol­ki­en sehr präg­te und der ihn im römisch-katho­li­schen Glau­ben erzog. Tol­ki­en stu­dier­te ab 1911 Klas­si­sche Phi­lo­lo­gie und anschlie­ßend eng­li­sche Spra­che und Lite­ra­tur. Seit 1921 Dozent in Leeds, wur­de Tol­ki­en 1925 Pro­fes­sor für Angel­säch­si­sche Phi­lo­lo­gie in Oxford.

Das ver­bin­den­de Ele­ment zwi­schen wis­sen­schaft­li­cher und schrift­stel­le­ri­scher Tätig­keit war bei Tol­ki­en die von Jugend auf geheg­te Lie­be zu den nor­di­schen Spra­chen, nach deren Vor­bild er sogar eige­ne Spra­chen erfand, sowie zur nor­di­schen Mytho­lo­gie. Ange­regt vom Beowulf, einem angel­säch­si­schen Hel­den­epos aus dem 8. Jahr­hun­dert, ver­folg­te Tol­ki­en den Plan, eine Mytho­lo­gie Bri­tan­ni­ens zu schaf­fen. Doch erst als er in den 1920er Jah­ren C. S. Lewis ken­nen­lern­te und mit ihm zusam­men einen infor­mel­len Lese­zir­kel, die Inklings, grün­de­te, fühl­te Tol­ki­en sich ermu­tigt, in sei­nem schrift­stel­le­ri­schen Schaf­fen mehr zu sehen als blo­ßes Pri­vat­ver­gnü­gen. Beson­ders das pos­tum erschie­ne­ne Sil­ma­ril­li­on (1977) ent­wirft eine Art ima­gi­nä­res nor­di­sches Zeit­al­ter in Euro­pa, vor des­sen Hin­ter­grund die Prot­ago­nis­ten des Klei­nen Hob­bit (1937) und des Herrn der Rin­ge (1954–1955) agieren.

Die Ver­wen­dung von Zwer­gen, Elben, Orks und Hob­bits (einer von Tol­ki­en neu­ge­schaf­fe­nen »Gat­tung«) hat dazu geführt, Tol­ki­ens Bücher der Fan­ta­sy zuzu­schrei­ben und ihm den Vor­wurf des Eska­pis­mus zu machen. Dage­gen wehr­te er sich bereits 1940 in einem aka­de­mi­schen Vor­trag über Fairy-Sto­ries, in dem er die Auf­fas­sung ver­trat, Fan­ta­sy-Geschich­ten hät­ten eine mythi­sche Qua­li­tät. Statt eska­pis­tisch zu sein, wür­den sie gera­de hel­fen, aus einer ver­zerr­ten Wirk­lich­keits­wahr­neh­mung zu befrei­en und den Sinn für eine ästhe­ti­sche wie mora­li­sche Welt­be­trach­tung zu schär­fen. Ihre Erzähl­struk­tur mit der plötz­li­chen Wen­de zum Guten, der Euka­ta­stro­phe, hät­ten sie von der größ­ten Geschich­te aller Zei­ten, dem Evan­ge­li­um – dem fähi­gen Mythen­dich­ter gelin­ge eine Art »Zweit­schöp­fung«.

Ohne sich je pro­mi­nent im Hin­blick auf poli­ti­sche Fra­gen geäu­ßert zu haben, gehört J. R. R. Tol­ki­en doch mit sei­nem wis­sen­schaft­li­chen, noch mehr aber mit sei­nem ima­gi­na­ti­ven Werk zu den kon­ser­va­ti­ven Vor­den­kern des 20. Jahr­hun­derts. Zusam­men mit sei­nem Freund C. S. Lewis ver­such­te Tol­ki­en, über die Ver­ir­run­gen der Moder­ne auf­zu­klä­ren und an jene geis­ti­ge Tra­di­ti­on des »Alten Wes­tens« anzu­knüp­fen, die seit der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on abzu­bre­chen droh­te. Daß die 68er-Bewe­gung den Herrn der Rin­ge für das eige­ne Lebens­ge­fühl rekla­mier­te, war ein gro­tes­kes Miß­ver­ständ­nis, das sich ledig­lich aus Tol­ki­ens Stel­lung­nah­me für den Natur­schutz erklärt.

In Wirk­lich­keit sind die Bücher J. R. R. Tol­ki­ens ein meis­ter­haf­ter Aus­druck sei­ner ganz kon­ser­va­ti­ven »Theo­lo­gie des Geschich­ten­er­zäh­lens« (Colin Duriez) und ein ernst­zu­neh­men­der Ver­such, unter den Bedin­gun­gen der Moder­ne den­noch an der »Wahr­heit des Mythos « (Kurt Hüb­ner) festzuhalten.

Schrif­ten: Beowulf, the Mons­ters and the Cri­tics [1936], Lon­don 1937; Der klei­ne Hob­bit [1937], Reck­ling­hau­sen 1957; On Fairy-Sto­ries, in: Essays pre­sen­ted to Charles Wil­liams, Oxford 1947; Der Herr der Rin­ge [1954–1975], Stutt­gart 1969–1970; Das Sil­ma­ril­li­on [1977], Stutt­gart 1978; Die Legen­de von Sigurd und Gud­rún [2009], Stutt­gart 2010.

Lite­ra­tur: Colin Duriez: Tol­ki­en und C. S. Lewis. Das Geschenk der Freund­schaft, Moers 2005; Hel­mut W. Pesch (Hrsg.): J. R. R. Tol­ki­en, der Mythen­schöp­fer, Meit­in­gen 1984.

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