Lampedusa und das Palais Lobkowitz

von Heino Bosselmann

Hätte es zwischen meinen Landsleuten aus dem ehemaligen "Beitrittsgebiet" und dem goldenen Discounter-Westen ein breites und gefährliches Gewässer gegeben, das keine Grenztruppen abgeriegelt hätten … –

Nein, nein, kei­ne Angst, das Wort Grenz­trup­pen bleibt hier dies­mal ohne Belang, selbst mit Blick auf die Zäu­ne, wel­che bei El Paso oder in den spa­ni­schen Exkla­ven Ceu­ta und Mel­il­la mitt­ler­wei­le errich­tet sind. Die DDR-Sperr­an­la­gen wie­sen nach innen. Ein ent­schei­den­der Unter­schied, der das Ende der ande­ren Repu­blik bei­na­he hin­rei­chend erklärt. Mal grenzt Wohl­stand den Man­gel ab, mal geschieht es, ideo­lo­gisch erhitzt, umge­kehrt. Und der Kal­ten Krieg mit der Gra­vi­ta­ti­on sei­ner ehe­ma­li­gen Zen­tral­ge­stir­ne wird heu­te kaum mehr in Ana­ly­sen der deutsch-deut­schen Fra­ge ein­be­zo­gen, da gel­ten soll: Auf der einen Sei­te die Demo­kra­ten, auf der ande­ren die poli­tisch Defek­ten. – Von Bedeu­tung sind hier ein­zig die Bil­der, wie gan­ze Fami­li­en in ihren schicks­ten Stone­wa­shed-Jeans­kla­mot­ten 1989 die West­bot­schaf­ten stürm­ten, ver­meint­lich auf der Suche nach der „Frei­heit“. Mit Mann und Maus, Kind und Kegel über aller­lei frem­de Zäu­ne hin­weg. Flücht­lin­ge sehen – not­ge­drun­gen – doch immer irgend­wie wür­de­los aus.

Ich den­ke an den 30. Sep­tem­ber 1989, an Gen­scher auf dem Bal­kon des Pra­ger Palais Lob­ko­witz, der bun­des­deut­schen Bot­schaft in Prag. Er erschien in einer Schein­wer­fer­g­lo­rio­le und galt denen da unten als Erlö­ser: „Lie­be Lands­leu­te, wir sind zu Ihnen gekom­men, um Ihnen mit­zu­tei­len, dass heu­te Ihre Aus­rei­se (Gejoh­le und Jubel) in die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land mög­lich gewor­den ist.“ – War das wirk­lich ein ganz, ganz ande­res Ereignis?

Bei allem, was in die­se Erin­ne­run­gen hin­ein­poe­ti­siert wird, mei­net­we­gen mit gerecht­fer­tig­ter Roman­tik und nach­voll­zieh­ba­rer Weh­mut von Schick­sals­be­trof­fe­nen, sehe ich, redu­zie­rend und pie­tät­los ver­kürzt, kaum einen ent­schei­den­den Unter­schied im Vor­gang. Sicher, es ging um Deut­sche, und der dann ein­set­zen­de letz­te Akt im Unter­gang der DDR bescher­te im Καιρός die deut­sche Ein­heit als Ergeb­nis des Endes des Kal­ten Krie­ges, eben­so wie die Spal­tung Ereig­nis sei­nes Beginns war. Nicht mehr und nicht weni­ger. Man darf das neben aller Fest­tags­rhe­to­rik mit Gewinn sach­lich anschau­en. – In banau­si­ger Abwand­lung eines Kant-Titels: Anthro­po­lo­gie – mal aus­schließ­lich in prag­ma­ti­scher Hinsicht.

Wich­ti­ger: Die Poe­ti­ken glei­chen sich. So, wie damals die ver­meint­lich am west­li­chen Frei­heits­be­griff geläu­ter­ten DDR-Bür­ger angeb­lich auf einer Pil­ger­rei­se Rich­tung Demo­kra­tie auf­ge­bro­chen wären, befin­den sich, wird sug­ge­riert, die Afri­ka­ner in guter Absicht unter­wegs und neh­men, gelenkt von kri­mi­nel­len Schleu­sern, Risi­ken auf sich, die Euro­pa bit­te schleu­nigst redu­zie­ren soll­te: Plea­se open this gate and tear down this wall! – ?

Gera­de ange­sichts des Lei­des der armen Men­schen und der Ertrin­ken­den: Mich stört die wohl­fei­le Argu­men­ta­ti­on “Euro­pas” und der gan­zen alten “ers­ten Welt”. Mich stört der thea­tra­li­sche Ruf der sat­ten Poli­ti­ker: Schan­de! – Wol­len Pro­pa­gan­dis­ten die­ses Ansin­nens ernst­ge­nom­men wer­den, so bleibt ihnen nur eine Kon­se­quenz: Sie müß­ten siche­re Fähr­ver­bin­dun­gen ein­rich­ten, auf denen jeder Afri­ka­ner, der möch­te, tro­cke­nen Fußes nach Euro­pa gelangt. Voll­mun­di­ge Wün­sche soll­ten dabei um nahe­lie­gen­de Kon­se­quen­zen wis­sen: Es bedürf­te für jene Wunsch­er­fül­ler eines euro­päi­schen Gen­schers am afri­ka­ni­schen Strand, der die Arme aus­brei­tet und offe­riert: Bit­te tre­tet alle ein! Hier sind Eure neu­en Päs­se, das Ticket und selbst­ver­ständ­lich das Begrü­ßungs­geld, damit ihr gemäß unse­rer Wachs­tums­vor­stel­lun­gen zügig zu kon­su­mie­ren beginnt. – Man über­le­ge, wel­cher Kampf, ja Krieg damit begän­ne! Er hat ja längst angefangen …

Wer die Öff­nung für das Elend Afri­kas so ein­fach, so mär­chen­haft nicht für rea­li­sier­bar hält, wie es die Lin­ken und das alter­na­ti­ve Neu­bür­ger­tum for­dern, der muß ange­strengt über die Geschich­te des post­ko­lo­nia­len schwar­zen Kon­ti­nents und über die freie kapi­ta­lis­ti­sche Welt­ord­nung nach­den­ken. Viel­leicht gar dar­über, mit welch min­des­tens ambi­va­len­ten Ergeb­nis­sen die “Befrei­ung der Völ­ker Afri­kas von der kolo­nia­len Herr­schaft” ende­te. Wenigs­tens wäre zu fra­gen, wel­chen Anteil die im Nor­den den gehei­lig­ten Wohl­stand sichern­den Indus­trien – glo­bal arbeits­tei­lig – am afri­ka­ni­schen Elend haben und was der Markt, der angeb­lich alles regelt, dort anrich­tet, u. a. mit Blick auf regio­na­le Land­wirt­schaft. Die Poli­tik, die jetzt klagt, schuf jahr­zehn­te­lang mit an den Vor­aus­set­zun­gen für die huma­ni­tä­re Katastrophe.

Die immer wie­der beschwo­re­ne Wür­de des Men­schen – wo fin­det man sie, wenn sie nicht als Ware zu klas­si­fi­zie­ren ist? Scho­pen­hau­er 1840 dazu: “Mir scheint der Begriff der Wür­de auf ein am Wil­len so sünd­li­ches, am Geist so beschränk­tes, am Kör­per so ver­letz­ba­res und hin­fäl­li­ges Wesen, wie der Mensch ist, nur iro­nisch anwend­bar zu sein. (…) Bei jedem Men­schen, mit dem man in Berüh­rung kommt, unter­neh­me man nicht eine objek­ti­ve Abschät­zung des­sel­ben nach Wert und Wür­de, zie­he also nicht die Schlech­tig­keit sei­nes Wil­lens, noch die Beschränkt­heit sei­nes Ver­stan­des und die Ver­kehrt­heit sei­ner Begrif­fe in Betrach­tung, da ers­te­res leicht Haß, letz­te­res Ver­ach­tung gegen ihn erwe­cken könn­te: son­dern man fas­se allein sei­ne Lei­den, sei­ne Not, sei­ne Angst, sei­ne Schmer­zen ins Auge: – da wird man sich stets mit ihm ver­wandt fühlen …”

Hilft das sach­lich wei­ter? Gar nicht. Weder poli­tisch noch mora­lisch. Scho­pen­hau­er hat recht, auf sei­ne Wei­se, so wie der Papst auf eine ande­re. Geret­tet ist damit noch kei­ner. – Und was sucht der Afri­ka­ner? Par­la­men­ta­ris­mus, Demo­kra­tie, Pres­se- und Mei­nungs­frei­heit? Nein, er ist bereit, sei­ne Arbeits­kraft glo­ba­li­siert zu ver­kau­fen, um dann ein­kau­fen zu gehen und gesi­chert zu leben. Er wünscht das, was der besitz­stands­wah­ren­de Euro­pä­er auch will. Und dar­aus rührt ein Inter­es­sen­kon­flikt, der wirt­schaft­lich zu beschrei­ben wäre oder sozi­al, ganz zu schwei­gen vom kul­tu­rel­len Crash, kaum aber mit den Her­lei­tun­gen neu­zeit­li­cher euro­päi­scher Rechts- und Staats­phi­lo­so­phie und der dar­aus gene­rier­ten Politrhetorik.

 

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Kommentare (32)

gerdb

7. Oktober 2013 15:08

Sehr gute Analogie Herr Bosselmann!
Und auch die Rekolonialisierung ging ja gut über die Bühne.

https://www.welt.de/kultur/article118718883/Warum-die-Weissen-nach-Afrika-zurueckkommen-sollen.html

Heino Bosselmann

7. Oktober 2013 15:17

@gerdb: Bin nicht ganz sicher. Was mich stört, für andere aber kein Problem ist bzw. in der Natur der Sache liegt: Eine doppelmoralische Politrhetorik. Selbstverständlich ist der Tod im Mittelmeer katastrophal tragisch. Nur ist m. E. außer medizinischer Menschenrettung bzw. Rettung aus Seenot keine Konsequenz möglich. Und das Dilemma bleibt bestehen. Der Vergleich zum Palais Lobkowitz mag zynisch anmuten, nur unterstelle ich: Ohne daß sich Menschen in gleicher Not befanden, trieb die Bürger des künftigen Beitrittsgebietes Ähnliches an. Freilich waren, wie bemerkt, damals die Sperranlagen der DDR nach innen und nicht nach außen gerichtet, was einen erheblichen Unterschied macht und das Ende der anderen Republik '89 beinahe hinreichend erklärt.

Pit

7. Oktober 2013 15:23

Kishon erkannte mal mit Verblüffen und Schrecken, auf welche Weise wirklich Amtssprache entsteht: er kam durch Zufall darauf, daß sie erzeugt wird, wenn es verboten ist, die Wörter "ja", "nein", "schwarz" und "weiß" zu sagen.

Der hier vorliegende Text wurde nach einem ähnlichen Muster erzeugt, denn auch er muß einem bestimmten seltsamen Gebot folgen
-> Rätselfrage: welches ist das Wort, welches in diesem Text verboten ist, sodaß er so merkwürdig verquast wirkt, so als ob er nie zu Potte käme? Welches ist das Wort, das auszusprechen so sehr verboten ist?

(aber wir können uns vielleicht trösten mit einem bestimmten Konzept, welches in der Physik "Defektelektron" heißt: das manifeste FEHLEN einer bestimmten Sache ist letztlich gleichbedeutend mit ihrem Vorhandensein: denn die Fehlstelle hat genau die gleichen Konturen und Eigenschaften wie die Sache selbst... und somit ist die Sache eigentlich doch vorhanden).

Eleonore

7. Oktober 2013 16:10

Was der Afrikaner will, bestimmt wohl die Sicht des Interpretierenden, und die basiert auf dem selber verinnerlichten. Mal lechzt der Afrikaner nach Demokratie, mal will er nur in Ruhe konsumieren, dann wieder ist er ein echtes Arbeitstier, dem in der Heimat der Berufsstolz genommen wurde...Der Afrikaner, möglicherweise ein Missionar eines besseren, weil weniger konsumorienterten, Lebenswandels? - Daß er als Strafe für die Vergehen unserer Ahnen reist, macht ja jedes seiner vermeintlichen Motive akzeptabel.

Zwischen dem Besitzer einer Sache und dem, der ihm den Besitz stehlen will, besteht immer ein Interessenkonflikt, dazu braucht man keine Staatsphilosophie, es sei denn, man wolle den eigenen Staat verschenken und suche dafür eine Grundlage. Dazu ist Politrhetorik auch da: dieses Grundsätzliche zu verschleiern.

Der Vergleich zwischen den Flüchtlingen aus einem geteilten Deutschland, das dennoch in seiner Gesamtheit "den Deutschen" (quasi per Erbrecht) gehörte (worin der Grund bestand, daß die BRD jeden DDR-Flüchtling aufnahm, wie Sie sehr wohl wissen) und der Invasion der afrikanischen Armutsflüchtlinge völlig anderer Mentalität (Identität?) ist grotesk und mit dem Nebensatz "ganz zu schweigen vom kulturellen Crash" nicht abgetan.

Wenn ich natürlich davon ausgehe, daß "der Afrikaner" ja eigentlich, irgendwie, so tickt wie ein Mitteleuropäer, und ich ferner der Globalisierung eine gewisse Rechtmäßigkeit - Rechtseigenschaft? - zubillige, lande ich irgendwann bei "no border, no nation, no deportation", und werde mich hinterher wundern, wenn der Afrikaner einfach nicht kapieren will, daß er sich meiner Vorstellung von "Menschenwürde" fügen soll.

Laßt diese Leute doch endlich in ihren Ländern in Ruhe, auf daß sie eine Chance bekommen, ihre Gesellschaften so zu ordnen, wie sie das möchten. Vielleicht tun sie das ja auch schon längst - nur wir sind zu borniert und blöd, das zu kapieren.

Martin

7. Oktober 2013 16:23

Der Vergleich hinkt nicht nur, er ist meiner Meinung nach auch unstatthaft. Zudem schwingt mehr oder weniger, vermutlich vom Autor nicht gewollt, das alte SED- Vorurteil gegenüber DDR- Ausreisewilligen mit, dass diese nur an ihren Bauch und ans Materielle dächten und sich vor den "Aufgaben" im "eigenen Land" drücken wollten. Das ist nicht sehr schön, um es einmal wohlwollend auszudrücken.

Nein, die DDR ist nicht an ihre materiellem Mangel (der ja bekanntermaßen gar nicht so schlimm war) untergangenen sondern an ihrer Regelungs- und Bevormundungswut und ihrer immanenten Spießigkeit. Die DDR- Bürger sind zudem zum überwiegenden Teil ins eigene Land "geflohen" und nicht nach irgendwo in der Welt und sicher nicht mit der Erwartung, erst einmal eine längere Zeit es sich mit sozialen Leistungen bequem zu machen. Die DDR- Einwohner, die vor 1989 die DDR verlassen haben, hatten im "Westen" einen sehr guten Ruf als fleißige, anständige und ordentliche Arbeiter, dass wird heute nur zu gerne vergessen. Die meisten davon haben es ja auch, wie man es heute so schön ausdrückt, "geschafft", sich hier recht schnell etwas aufzubauen.

Die Afrikaner dagegen treibt die nackte Not bzw. Perspektivlosigkeit (Schlagwort: youth bulge) und selbst in einem Lager zu landen, schreckt nicht mehr ab, da es dort zumindest genug zu essen gibt und man, wenn man seine Zeit abgesessen hat, evtl. sog. den Status eines wie auch immer geduldeten mit weitergehenden Sozialleistungen bekommen kann.

Was dagegen zu tun ist, ist eine schwierige Frage. Mit fällt dazu auch nichts wirklich überzeugendes ein. Entweder, man schiebt konsequent postwendend ab, um so jeglichen Anreiz im Keim zu ersticken oder, und dass wurde im Artikel richtig gesehen, man macht die Türe geregelt ganz weit auf - dies sollte dann aber auch für andere Kontinente weltweit gelten.

agricola

7. Oktober 2013 17:06

Das, was uns (Europäer) durch die Massenflut der Elenden aus der Dritten Welt noch bevorsteht, hat Jean Raspail in seinem genialen Roman " Das Heerlager der Heiligen" beschrieben. Uns bleibt keine andere Wahl als Egoismus, um das europäische Boot vor dem Untergang zu retten! Die Zeichen stehen auf Sturm, denn Europa ist bereits überfremdet und besitzt kaum noch geistige Abwehrkräfte! Wenn die letzten Dämme brechen - und sie werden brechen, wenn die liberale Geisteskrankheit die Gehirne der Weißen weiter vernebelt - ist der Kontinent endgültig verloren!

Hartwig

7. Oktober 2013 18:15

Herr Bosselmann, Sie wissen, dass es der DDR gelang, ihre relativ langgestreckte Ostseeküste so zu überwachen, dass es nur seltenst jemanden gelang, mit einem winzigem Schlauchboot oder manchmal gar nur mit einer Luftmatraze zu entwischen. Der Aufwand war sicher beträchtlich, aber scheinbar dennoch leicht zu stemmen und durchaus praktikabel. Was der DDR in der Ostsee gelang, sollte der EU im Mittelmeer nicht so schwer fallen. Denn zu einer massiven und abschreckenden Abwehr des Flüchtlingsstroms fällt mir beim besten Willen keine Alternative ein; auch dann nicht, wenn ich meine grundsätzliche Ablehnung von Masseneinwanderung für einen Moment vergesse. Die Abschreckung muss so groß sein, dass ein solches Unglück wie jüngst genau anders herum medial ausgeschlachtet werden müsste. Wer das anders sieht, hat scheinbar keine Ahnung von der Dimension Afrikas und seiner Probleme.

Axel Wahlder

7. Oktober 2013 18:39

Ich schlage vor, quer ueber die Gibraltarstrasse eine Bruecke zu errichten und die Beduerftigen via Eisenbahn nach Berlin zu befoerdern. Ich meine es ernst. Und die Finanzierung des Projektes muss die EU uebernehmen. Nachdem Berlin von ueber 51% Leuten mit diesem Hintergrund besiedelt ist, wird der Bundesmichel so unnaiv wie die DDR-Buerger von einst.

ene

7. Oktober 2013 19:16

"... vermeintlich auf der Suche nach der "Freiheit"

Eien Lektüreempfehlung hierzu:
Vera Lengsfeld, Mein Weg zur Freiheit.

Wer mal nach Berlin kommt und Zeit hat, dem empfehle ich sehr auch einen Besuch im Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen. Ich habe dort einmal eine Führung mit Frau Lengsfeld mitgemacht, die mir unvergeßlich geblieben ist.

--- vermeintlich?---

Heino Bosselmann

7. Oktober 2013 19:29

@ene: Meines Wissens war die couragierte Frau Lengsfeld ab Anfang der Achtziger im bürgerrechtlichen Widerstand tätig, wurde aus der SED ausgeschlossen und beteiligten sich an Widerstandsgruppen in Ost-Berlin. Sie geriet in den Stasi-Knast und wurde durch Ihren Anwalt, Herrn Schnur, einen IM des MfS, zur Einwilligung in die Abschiebung überredet. Das heißt, sie befand sich nun gerade nicht auf der Flucht aus der DDR, sondern riskierte eine Menge innerhalb des Landes für Veränderung. Das soll sie nicht über Flüchtlinge stellen, was Frau Lengsfeld sicher nie so behaupten würde, ist aber eine andere Geschichte als die Causa Lobkowitz.

Andreas R.

7. Oktober 2013 22:40

Einerseits ist es verständlich, wenn Menschen ihrem tatsächlichen oder vermeintlichem Elend entfliehen wollen. Wenn die afrikanischen Flüchtlinge ihren Problemen entfliehen wollen, dann wird das nicht funktionieren, weil sie nicht begreifen, daß sie selber das Problem sind. Oder, um es genauer zu formulieren, ihre Einstellung zum Leben. Solange sie ihre Lebenseinstellung, ihre Agressionen, ihren primitiven Aberglauben und ihre Triebhaftigkeit nicht unter Kontrolle bringen, werden sie von den Problemen, denen sie zu entfliehen versuchen, früher oder später eingeholt werden. Dort, wo sie sich niederlassen, wird es sehr bald genau so aussehen wie dort, wo sie hergekommen sind. Wenn sie ihrer Armut entfliehen wollen, müssen sie endlich lernen, ihr Leben selbst in die Hand zu leben.

Wer schon einmal in Afrika war, weiß, das es dort noch eine andere Seite gibt. Auch in Afrika gibt es moderne, leistungsbereite und westlich eingestellte Menschen, die etwas aus ihrem Leben machen. Von diesen modernen, leistungsbereiten und aufgeschlossenen Afrikanern gibt es jedoch leider noch zu wenig, und unsere Medien berichten auch lieber über die negativen Seiten, weil sich damit besser Schlagzeilen machen lassen. Unsere Medien sollten ihren Fokus auch mal auf diejenigen Afrikaner richten, die etwas leisten, anstatt nur auf diejenigen, die immer nur von anderen haben wollen.
https://www.youtube.com/watch?v=826tpNNrCF0

Dar

7. Oktober 2013 23:29

Die Afrikaner haben kein Problem mit zuviel Kapitalismus, sondern mit zuviel politischer Einmischung von außen, zu wenig Rechtsstaat, zuviel Herrschern, die freie Marktkräfte behindern usw.

Wo diese Probleme herkommen und wer daran Schuld ist: Spannende Frage (übrigens ohne einfach romantisierende Antworten à la: Wenn die Weißen nicht gekommen wären, wären die edlen Wilden dort heute alle glücklich) - aber irrelevant in dieser Hinsicht.

Da, wo "Kapitalismus" Afrika zusetzt, sind immer zuerst irgendwelche korrupten Diktatoren zu finden, die die Hand aufgehalten haben - und "Entwicklungshelfer", die mit ihren Geschenken an Volk und Fürsten die lokalen Märkte und Unternehmer kaputt machen, bevor diese überhaupt das kleinste bißchen Wohlstand selber erwirtschaften konnten.

Afrika helfen wollen: Auf jeden Fall. Den sogenannten Kapitalismus dabei als Hauptursache ausmachen: Scheitern vorprogrammiert.

Nordlaender

8. Oktober 2013 08:45

@ Axel Wahlder

"Ich schlage vor, quer ueber die Gibraltarstrasse eine Bruecke zu errichten und die Beduerftigen via Eisenbahn nach Berlin zu befoerdern."

Oh weh, all die Türken und Araber werden sich ihre Stadt Berlin sicherlich nicht kampflos nehmen lassen.

Der Forist "agricola" kam mir zuvor, wollte zunächst nur den kurzen Kommentar: "---> Das Heerlager der Heiligen" absenden.

Wenn ein Organismus (ob eine Einzelperson oder ein ganzes Volk) nicht mehr zuerst sich selber spürt, seine Anstrengungen darauf ausrichtet, seine Eigeninteressen zu verfolgen, sein eigenes Leben zu führen, das eigene Überleben zu sichern, dann ist eh alles zu spät.

Vitalität und eine religiöse Verehrung der gesamten Menschheit zugleich - das sind unvereinbare Gegensätze.

eulenfurz

8. Oktober 2013 11:59

Es ist ein gemeinsames Schicksal: Fettgefressene Europäer stopfen afrikanisches Plantagenobst oder billigen Dosenthunfisch in ihre Wänster und drücken zu Weihnachten Spenden an „Brot für die Welt“ ab, damit „weiße Götter“ hungrigen Negern Medikamente, abgetragene Jeans-Uniformen und Coca Cola verabreichen können.

Die entwurzelten Schwarzafrikaner, dank Fischereiflotten vor ihren Küsten und dank exportorientierter Plantagenwirtschaft ihrer Ernährungsgrundlagen bar, würden alles dafür geben, in das Reich ihrer Sehnsucht zu gelangen. Arbeitslose Fischer schleppen also landlose Bauern über das Mittelmeer nach Europa.

Sollte man die „Boat People“ vor den Küsten zusammenschießen, um ein abschreckendes Fanal zu setzen? Oder sollte man die Einwandernden gerecht auf die Europäer verteilen? Wer also Bananen im Supermarkt kauft, muß auch gleich einen Neger mitnehmen, den er bei sich zu Hause verköstigt. Wer eine Thunfischdose erwirbt, erhält einen Sarg mit einem toten Boat-People kostenlos dazu.

[und weiteres]

Heinrich Brück

8. Oktober 2013 13:29

Ostdeutschland hat seit der 'Wiedervereinigung' Millionen seiner
Bürger verloren, war also der klare Verlierer der westlichen
Übernahme; deshalb habe ich auch noch nie einen Tag der Einheit
gefeiert, denn mir fehlt die dazugehörende Souveränität eines
freien Volkes.
Der Marsch Afrikas Richtung Europa ist eine Kriegserklärung.
Ein Krieg muß dann ausgefochten werden, wenn er vor der Tür
steht. Wird er auf die lange Bahn geschoben, wird es ein größerer
Krieg, was Bismarck immer wußte. Aber heutzutage hat es ja jeder
so mit dem Frieden, ein hinlänglich sichtbarer oder erkennbarer
Beweis der Bürger für ihre entartete Wohlstandsliebe im
Gefängnis BRD, was mit wahrer Freiheit nicht mehr viel zu tun hat.
Freiheit und Gottlosigkeit scheinen nicht zusammenzugehen,
jedenfalls nicht in meiner Welt.
Viele Rechte haben sich von den Linken einlullen lassen, mit dem
schlichten Vorwurf der Kriegspartei durch die gesamte Geschichte,
und jetzt wollen sie auch den ewigen Frieden, nur halt traditionell
und konservativ.
Im Hinblick auf Schwarzafrika gibt es einen Unterschied, und zwar
nicht nur den der Mentalität, sondern auch den der Hautfarbe und
des Intelligenzquotienten.
Die niederträchtige Heuchelei der Wohlstandsbürger, in jeder
deutschen Stadt, in einem bestimmten Viertel oder in mehreren,
ist alles ein bißchen teuerer damit die Ärmeren dort nicht hinziehen
können, und ganz sicher werden in diese Gegenden keine
Asylantenheime gebaut. Aber der Kreis wird enger.
Die deutsche Politik hat bestimmt nicht die Voraussetzungen für
den afrikanischen Intelligenzquotienten geschaffen, sie hat aber
die Voraussetzungen für den Niedergang des deutschen
Intelligenzquotienten geschaffen, der wohl kompatibel mit dem
afrikanischen werden soll. Die deutsche Kolonialzeit war zu kurz,
leider, gleichzeitig besser und positiver als die der anderen
europäischen Nationen.
Was die wahren Rechten von den lauen Rechten scheidet, ist
der Blick auf Krieg und Frieden. Der wahre Rechte kennt den Krieg
als Kontinuum, kein Streß, lediglich Normalität.
Wollen die Deutschen ein weißes Volk bleiben?

Gold Eagle

8. Oktober 2013 14:23

Der Vergleich mit der DDR ist vollkommen absurd. Es ist ein offensichtlicher Unterschied, ob ich jemanden nicht in mein Haus hineinlasse, oder ob ich jemanden nicht aus meinem Haus herauslasse. In dem einen Fall ist das legitime Verteidigung meines Eigentums, im anderen Fall ist das Freiheitsberaubung. Jeder hat das Recht in jedes Land zu gehen, soweit die Bürger dieses Landes damit einverstanden sind. Wenn sie das nicht sind, habe ich kein Recht dazu. Die Bürger der DDR hatten das Recht dazu in den Westen zu gehen, das war ihnen sogar durch das Grundgesetz garantiert.

Hartwig

8. Oktober 2013 14:55

Eulenfurz, ich habe weiter gelesen. Nett, der Vorschlag, quasi die Kontinente zu tauschen; die Afrikaner alle nach Europa zu lassen, um dann die europäischen Völker im leeren Raum Afrikas anzusiedeln. Würde mich wirklich interessieren, was dann passierte. Hat das wechselhafte, anpassungsfordernde Klima Europas die weissen Europäer zu den Herrschern gemacht, die sie seit 1000 Jahren und mehr sind? Trägt heisses und eher eintöniges Klima zum Erlahmen und Dämmern bei. Oder gibt es andere Gründe? Habe z.B. mal gelesen, dass die Entwicklungschancen in den sich längs der Längengrade streckenden Kontinenten (Afrika, Amerika) geringer waren, als in den sich längs der Breitengrade streckenden Kontinenten Europa und Asien. Grund sei die wesentlich größere Ausbreitungsmöglichkeit inklusive Reibungsmöglichkeit mit Artgenossen innerhalb (s)einer Klimazone. Oder ist die Überlegenheit jüngeren Datums und hat kulturelle und religiöse Gründe?

Zadok Allen

8. Oktober 2013 15:25

Herrn Bosselmanns Vergleich ist in der Tat grotesk, und zwar nicht nur aus den von den Vorkommentatoren bereits genannten Gründen, sondern weil er den schieren Dimensionen des Geschehens überhaupt nicht gerecht wird.

Zunächst einmal die demographische Seite: Afrika ist bevölkerungstechnisch gesehen eine schwarze Bombe, deren Explosion wir in Echtzeit miterleben, ohne es - angesichts der über einige Jahrzehnte sich erstreckenden Zeitskala - recht wahrzunehmen.

Hier in Europa gehen, man kann es nicht oft genug betonen, in demographischer Hinsicht die Lichter aus. Seit über 40 Jahren ist in allen (!) europäischen Völkern jede neue Generation um ca. 1/3 kleiner als die vorhergehende. Schreibt man diesen Trend fort - und es gibt nicht den Hauch eines Anzeichens, daß er sich ändern wird -, so führt das innerhalb des überschaubaren Zeitraums von 200 Jahren (von denen, wie gesagt, 40 bereits vergangen sind) zu einer Reduktion der entsprechenden Populationen auf weniger als 10% (!!) ihrer Ausgangsstärke.

Und es ist beachtlich, was die jungen schwarzen Männer wagen, um die nicht vorhandene "Festung Europa" zu stürmen: Not und möglicher Tod schrecken sie überhaupt nicht ab, als säße ihnen der Weltgeist höchstpersönlich im Nacken. Was wir erleben, ist eine neue Völkerwanderung.

Man sollte auch beachten, daß es in der überwältigenden Mehrheit eben kräftige, gesunde und durchaus wohlgenährte junge Männer sind, die aus dem Herzen der Finsternis strömen. Oft genug lassen sie ihre eigenen kleinen Kinder und Familienangehörigen im Elend zurück.

Die Vernunft geböte es, das Mittelmeer für jeden nichtgenehmigten Verkehr in Süd-Nord-Richtung komplett zu sperren. Aufgegriffene "Flüchtlings"-Boote müßten von den europäischen Marinekräften sofort ans Gegenufer zurückgebracht und vor Ort gründlich zerstört werden, und zwar so lange, bis die Schleuserbanden mangels Fahrzeugen dazu übergehen müssen, Schwimmringe auszugeben.

karlmartell

8. Oktober 2013 16:13

@ eulenfurz

Ihre "fettgefressene Europäer"-Theorie greift leider zu kurz.

Der euromediterrane Prozess basiert auf der EU-initiierten Barcelona-Erklärung von 1995, in der zwischen der EU und 10 nordafrikanischen und nahöstlichen Ländern 1. eine politische und Sicherheitspartnerschaft 2. eine Wirtschafts- und Finanzpartnerschaft und 3. eine kulturelle, soziale und humanitäre Partnerschaft gegründet wurden. Im Jahr 2008 wurde dieses Gebilde zur Mittelmeer-Union mit allen EU-Ländern und allen Mittelmeer-Anrainerstaaten mit Ausnahme von Libyen – dafür aber mit Jordanien.
https://xrl.us/berazf

Tragic accident outside Lampedusa: Statement by European Commissioner for Home Affairs, Cecilia Malmström
https://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-849_en.htm?locale=en

Sie bezieht sich auf den Freizügigkeits-Pakt mit Marokko mit schnellen Visaerleichterungen als den besseren Weg zur Steuerung der Zuwanderung. Natürlich unterstützen UN-Beamte die EU-Kommission und behaupten, dass viel mehr Flüchtlinge untergehen werden, wenn die EU für die afrikanischen/asiatischen Sintflut ihre Grenzen schließt.
Es sieht immer mehr nach freier Einwanderung für alle Afrikaner aus, denn natürlich sind die Zuwanderer ohne Schuld – im Gegenteil, wir seien die Schuldigen für ihren Tod.......

.....und das hat wenig mit Bananen und Thunfisch für Europäer zu tun.

Vielleicht schauen Sie sich die EU-Dokumente einmal genauer an.

Demokrat

8. Oktober 2013 17:54

Selbst wenn die kühnsten Träume der EU Einwanderungslobby in Erfüllung gehen sollten, dann wäre der Bevölkerungswachstum in Afrika dadurch nicht kompensiert.

Es ist unmöglich, hier ausgewogen zu urteilen.

Wenn die inoffiziellen Zahlen (Dunkelziffern) zu den gezahlten Schlepper- und Schleuser-"Gebühren" stimmen, so kann ich "fetter" weißer Europäer sagen: Ich wäre nicht ertrunken, denn mein Bankkonto hat nicht die nötige Deckung, um die Fahrt ins Glück bezahlen zu können.

Die spannende Frage, die sich mir dabei stellt: Wo sind die Armen Afrikas? Und wer kommt hier her? Menschen im besten Lebensalter? Und zu Hause bleiben die Armen, die Alten und die Frau mit 5-6 Kindern? Ich weiß es nicht!

In den bunten Heften der Welthungerhilfe ist darüber auch nichts nachzulesen.

Heino Bosselmann

8. Oktober 2013 18:23

Leise Zwischenbemerkung. Erwartungsgemäß versteht alles nur: Afrika! Und spielt Szenarien durch. Teilweise recht theoretisch und, nun ja, extrem. Zugestanden, mein Vergleich ist bewußt provokant. Nur ging es mir prioritär um die Darstellung eines Sachverhalts. Ein Flüchtling ist, ob afrikanisch oder europäisch, – ein Flüchtling. Er legitimiert seine Flucht selbst. Faszinierend finde ich, daß EU-Politiker etwas bedauern, wofür es m. E. keine Lösung gibt, weil es sich um ein echtes Dilemma handelt. Oder man veränderte die Weltordnung, was der arme Flüchtling wohl wünschen mag, der Wohlständler aber wohl nicht. Die Deutschen des „Beitrittsgebiets“ suchten m. E. prinzipiell auch nichts anderes als „bessere Verhältnisse“. Daß sie dabei im Automatismus einen Paß erwarten durften und den deutschen Sprachraum nicht verließen, ändert wenig an dem Sachverhalt, daß es Flüchtlinge mit Flüchtlingsmotiven waren, sich selbst legitimierende Aufbrecher – mit dem dafür typischen Gestus. Auch sie standen in einem gewissen Dilemma, ebenso wie die damals (noch) parallel existierenden deutschen Staaten. (Eine Wiedervereinigung war noch nicht in Sichtweite.) Dieses Dilemma wurde nicht auf evolutionäre, sondern auf revolutionäre Weise gelöst. – Ist eine solche prinzipielle Lösung denn vorm jetzigen Hintergrund (EU-Afrika) ebenso zu erwarten? Ich meine, sie dürfte schwerfallen.

Franz Schmidt

8. Oktober 2013 18:25

Wer den Selbstmord der Europäer begreifen will, sollte das folgende Buch lesen.

Barbara Oakley u.a.: "Pathological Altruism" (Oxford University Press)

Karl

8. Oktober 2013 19:47

@ agricola

Wenn es doch nur langsam eine Mehrheit verstehen würde!

Vielen Dank für Ihren Kommentar!

Hartwig

8. Oktober 2013 21:06

Es war mir übrigens vergönnt, gestern noch die 10 Schlussminuten der Fernsehsendung "Hart aber fair" zu schauen(sic). Thema: Lampedusa. Nun denn, ich habe gerade eine Mail an die Redaktion geschickt, in der ich mich beschwerte, dass dort, immer wenn es angezeigt erscheint, der gegen den Strich bürstende "rechte" Part vom wackeren Journalisten Roger Köppel von der schweizer Weltwoche vertreten wird. Ich habe darauf verwiesen, dass es auch eine Reihe deutscher Journalisten, Publizisten und Politiker gibt, die diese Position füllen könnten. Namen habe ich keine genannt, aber das IfS oder die JF hätte gewiss auch Personal, welches den, trotz allem äußerst gemäßigten schweizer Kollegen, vertreten könnte.

Julius

9. Oktober 2013 09:35

Sehr verehrter Herr Bosselmann!
Stets lese ich Ihre Artikel mit Interesse und Gewinn, auch wenn ich nicht immer derselben Meinung bin.
Diesmal bin ich aber doch etwas ratlos: Auch nach mehrmaligem Durchlesen weiß ich nicht, worauf Sie eigentlich hinauswollen. Ist es wirklich Ihr Ernst, die Massenimmigration aus Afrika mit der (Teil-)Wiedervereinigung der Deutschen zu vergleichen? Kommt als nächstes ein Artikel, wonach Feminismus und "Gender-Mainstreaming" eigentlich nichts anderes seien als eine Neuauflage der guten alten Männerbundidee?

Keine Frage: das Leid der Armen, der Hungernden und Ertrinkenden ist eine Tragödie. Ob es unsere Aufgabe ist, die Tragödie zu beenden und ob diese Aufgabe überhaupt lösbar ist, ist die Frage. Kapitalismuskritik und Marxistisch-Leninistische Imperialismustheorien geben – aus den verschiedensten Gründen – nicht die richtigen Antworten auf diese Frage. Die Gefahr, daß Europa beim Versuch, das Leiden der Welt zu lindern selbst zum tragischen Helden wird ist übergroß.

Eleonore

9. Oktober 2013 12:07

"Ein Flüchtling ist, ob afrikanisch oder europäisch, – ein Flüchtling. Er legitimiert seine Flucht selbst. (...) Die Deutschen des „Beitrittsgebiets“ suchten m. E. prinzipiell auch nichts anderes als „bessere Verhältnisse“. "

Hätten die Flüchtlinge des Beitrittsgebiets denn auch mit gleicher Begeisterung den Weg nach Argentinien - oder Afrika - genommen? Wieso waren sie, wenn doch das alles irgendwie dasselbe sein sollte, nicht genauso ein Thema für Japan, die USA oder von mir aus Australien?

Die Verallgemeinerungen "Afrikaner" und "Europäer" zeigen doch auf, daß hier schon auf einer anderen (oder erweiterten) Ebene argumentiert wird, und so werden im Artikel eben Äpfel mit Bananen verglichen.

Europa in seiner jetzigen Form ist bereits ein identitätsauflösendes Gebilde, nur so kann ich mir (mit einer gewissen Bitterkeit) erklären, daß es nicht mehr möglich zu sein scheint, da zu differenzieren. Daß nicht zwischen diesen oder jenen ""Afrikanern" unterschieden wird, ist für meinen Standpunkt hingegen unerheblich.

Ich verstehe wohl die Aussage des Artikels nicht. Natürlich sind irgendwie alle Flüchtlinge gleich - in ihrer Flüchtlingseigenschaft. Ich bestehe auch aus denselben organischen Stoffen wie der Hund, und ob ich aus Eisen einen Pflug schmiede oder ein Schwert, es bleibt Eisen. Am Ende wird auch alles wieder Erde, Asche und Staub - aber das wollten Sie sicher nicht verdeutlichen? Wie etliche Kommentatoren hier sehe auch ich einen Kriegszustand, ich vermute, die aufwallenden Emotionen kommen von dem Gefühl, einem solle hier der Gegner mal wieder als Bruder verkauft werden.

ene

9. Oktober 2013 14:07

@ Julius

Das ging mir haargenau so mit dem "mehrmaligen Durchlesen".
Manches war mir kaum verständlich. Etwa die behauptete Würdelosigkeit jener Botschaftsflüchtlinge. (Das hängt sicher damit zusammen, daß ich in meiner frühen Jugend nur wenige Kilometer von der DDR-Grenze entfernt lebte. Auf westlicher Seite. Da hörte man nachts schon mal Schüsse und Hundegebell und sah Leuchtkugeln. Ganz zu schweigen von den Geschichten von Personen, die von dort abgehauen waren und die ich später (und vor 89) kennenlernte.)

Darf ich es einfach mit einem alten deutschen Wort sagen? Ich glaube, Herr Bosselmann hadert. Aber womit und mit wem?

Nichts für ungut!

karlmartell

9. Oktober 2013 17:08

@ Admin
wenn Sie löschen, wäre eine Kurzinfo über das Warum sinnvoll.
Bin mir keines Verstosses bewusst.

antwort kubitschek:
Sie haben urheberrechte verletzt, daher die löschung nach anderthalb tagen. ich erhielt vom urheber eine aufforderung.

Stevanovic

9. Oktober 2013 18:07

Mit dem, was ich sage, beziehe ich mich ausdrücklich nicht auf nicht auf Herrn Bosselmann, sondern auf meine eigene Familie:

Nehmen wir mal an, jemand ist im Osten aufgewachsen, kennt auch nur den Osten, die großen tektonischen Zusammenhänge nur von der Ahnung her. Vielleicht war er nicht gerade glücklich, sah seine Umgebung aber auch nicht als Hölle auf Erden und nahm den ganzen Blödsinn von Volk, Vaterland, Pflicht und Ehre ernst, hatte im Weltzusammenhang ein falsches, aber reales Selbstbewusstsein, das sich zwischendurch auch noch richtig gut anfühlte. Dann fiel eine Grenze und seine Mitbürger, von denen er dachte, dass sie die gleichen Gefühle gegenüber dem gemeinsamen Schicksal teilen würden, wenn nicht erfüllt, so doch verbunden, machen sich auf und suchen ihr Glück in einer neuen Weltordnung, ihre Schicksalsgemeinschaft, tja, wie nennt man das? – im Stich lassend? Ja, mit so einer Enttäuschung kann man hadern und zwar richtig lange, auch ohne den Anspruch, historisch im Recht zu sein.

Natürlich ist der Vergleich schräg, dennoch: Was würden Sie empfinden, wenn Barosso die Grenze aufmacht und das bisschen Gefühl von Schicksalsgemeinschaft, das Sie noch haben, als Blödsinn dargestellt wird, weil das Interesse der Flüchtlinge an Wohlstand in Freiheit höher bewertet wird als ihre Anhänglichkeit zu dieser Schicksalsgemeinschaft. Wenn Ihnen gesagt wird, dass ihre Schicksalsgemeinschaft ausgelaugt ist und es so nicht mehr weitergeht? Stichwort: Demographie. Das ist nur in guten Momenten ein zartbitteres Gefühl. Ja, da habe ich an die vielen gedacht, die 89 mit gleichen Gefühl erlebten. Keine Kommunistenschweine, sondern gute Menschen, die an ihr Land glaubten, sei es auch nur, weil sie nichts anderes kannten. Eine Medaille, auch eine redlich verdiente, hat immer zwei Seiten.

Als ich Lampedusa und den 3. Oktober zusammen erlebte, hatte ich dieses Déjà-vu. Viele in meiner Familie hadern noch heute mit '89, ich als Antikommunist nicht wirklich (im Gegenteil). Ich musste aber dennoch schlucken: Auf welcher Seite des Weltuntergangs werde ich diesmal stehen?

Schon länger besorgt

9. Oktober 2013 18:42

An anderer Stelle habe ich gelesen, daß man die Begriffe Flüchtling und Migrant nicht durcheinanderbringen darf. Wer sich aus wirtschaftlichen Gründen in die Fremde begibt, genießt offenbar nicht den Schutz der Genfer Konvention.
Man hat (als Migrant) das Recht, irgendwohin auszuwandern, aber man hat kein Recht, irgendwo einzuwandern. Nur das betreffende Land bestimmt darüber, wer einwandern darf.
Darüber hinaus verstehe ich den Vergleich mit der DDR nicht. Von Deutschland nach Deutschland?

Heino Bosselmann

9. Oktober 2013 19:08

@Stevanovic: Danke. Selbst wenn es Unverständnis von Lesern erzeugen wird: Die Bittstellerei meiner damaligen Landsleute in den West-Botschaften fand ich tatsächlich emotional unangenehm, wenngleich oder weil die DDR-Politik selbst dafür verantwortlich war. Auf dem Rasen anderer Leute zu kampieren, um ins Haus vorgelassen zu werden, tut mir leid, das hat einen Geschmack. Mag daran liegen, daß ich ein DDR-Hineingeborener war und die Erfahrung zweier deutscher Staaten gemacht hatte. Die versammelte Häme der Westmedien damals konnte ich wiederum rational verstehen.

Heino Bosselmann

10. Oktober 2013 08:45

Ich denke, der streitbare Text ist ausdiskutiert, bedanke mich und widme mich Neuem. Auf bald.

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