Graf Zahl

von Heino Bosselmann

Unsere deutsche und europäische Gegenwart, vermutlich die des gesamten Westens, wäre abstrahierend einfach zu beschreiben:

Wo nicht mehr qua­li­fi­ziert wer­den kann – ob nun im enge­ren Sin­ne in der Bil­dung oder im wei­te­ren gesamt­ge­sell­schaft­lich –, da bleibt nur das Quan­ti­fi­zie­ren. Daß uns­re Regie­run­gen und der sie über­wöl­ben­de obsku­re Brüs­se­ler Appa­rat wie in einem Kaf­ka-Motiv ledig­lich Groß­buch­hal­tun­gen, also qua­si Groß­raum­bü­ros vor­stel­len, kann man einer­seits als das ver­sach­lich­te und im Sin­ne der Auf­klä­rung ver­nünf­ti­ge Herr­schen und Beherr­schen anse­hen. Ratio­na­li­tät als Staats­rä­son. Eben­so wie die Fir­men und Bür­ger ist selbst­ver­ständ­lich jeder Staat gehal­ten, ver­ant­wor­tungs­voll sei­nen Etat zu berech­nen, indem er mit den Abga­ben der Ein­woh­ner ver­ant­wor­tungs­voll umgeht. Immer­hin ist Geld das fas­zi­nie­rend prak­ti­sche Medi­um, über das der Aus­tausch phy­si­scher und geis­ti­ger Res­sour­cen im Sin­ne “knap­per Güter” als gesamt­ge­sell­schaft­li­cher Stoff­wech­sel erfolgt.

Nur scheint dar­über hin­aus kaum noch etwas gedacht zu wer­den und zu gesche­hen. Es wird eine Zir­ku­la­ti­on ver­wal­tet, die sich selbst erzeugt und selbst erhält. Eine Selbst­be­frie­di­gung der Zah­len. Das funk­tio­niert aus­ge­zeich­net, solan­ge nur drei­er­lei zählt – Pro­du­zent, Ware und Ver­brau­cher. Ohne Fra­ge sehr exis­ten­ti­el­le Berei­che. Nur für alles ande­re, was Exis­tenz geis­tig, ideell, lei­den­schafts­voll noch sein mag, fin­det der Mensch, die­ses tran­szen­die­ren­de und von einer meta­phy­si­schen Sehn­sucht getrie­be­ne Wesen, immer weni­ger. Alles kann, ja muß Ware wer­den, so die Logik. Was für die­se Kon­ver­si­on nicht geeig­net ist, das gibt es auch nicht. Inspi­ra­ti­on? Kaum mehr auf­find­bar, wenn man sie nicht aus sich selbst zu schöp­fen ver­mag. Man durch­mißt die Gän­ge zwi­schen den über­bor­den­den Rega­len des Super-Mark­tes und war­tet auf sein Damaskus-Ereignis.

Mitt­ler­wei­le tra­gen selbst die Chaus­see­bäu­me ein­ge­na­gel­te Regis­tra­tur­num­mern. Und den Abitu­ri­en­ten ist ledig­lich der ihnen im Dienst­leis­tungs­be­reich Gym­na­si­um erreich­ba­re „Schnitt“ wich­tig, preist er sie doch für den Markt aus wie ein Bar-Code.

Über Jahr­hun­der­te leer­ten sich erst die Kir­chen; jetzt ster­ben die Orches­ter und Thea­ter; es blei­ben die Fes­ti­vals und Events sowie all der Kla­mauk des ewig Glei­chen, der sich aber rech­net, weil für die Mas­se Mas­se gebo­ten wird. Sinn­ge­bung, das gilt als ideo­lo­gisch, mit­hin gefähr­lich, ten­den­zi­ell faschis­to­id. Die poli­ti­sche Leit­li­nie der Gleich­be­hand­lung, Gleich­stel­lung und all der recht­li­chen Diskriminierungs‑, also Unter­schei­dungs­ver­bo­te deu­tet auf Nor­mie­rung hin. Das mys­ti­fi­zier­te Wort von der poli­ti­schen Mit­te meint den Durch­schnitt, der über­all paßt. Was rechts und links über­steht, gehört kupiert und irgend­wie so recy­celt, das dar­aus wie­der nur Mit­te wird.

Erst in der Digi­ta­li­sie­rung fin­det die Quan­ti­fi­zie­rung ihr idea­les Vehi­kel. Sie end­lich erfaßt nicht nur alles, son­dern ver­mag eine gan­ze Schein­welt zu gene­rie­ren, selbst Far­ben, Bil­der, Musik, die neue, feh­ler­freie und ste­ri­le, aus Nul­len und Ein­sen auf­ge­bau­te “Erfah­rungs­welt”, in die man jen­seits der ana­lo­gen hin­ein­schlüp­fen kann wie in ein Wun­der­land. Immer mehr „Ver­brau­chern“ reicht sie mit ihren star­ken Rei­zen völ­lig aus und sub­sti­tu­iert eine gefähr­lich und unhy­gie­nisch emp­fun­de­ne Wirk­lich­keit. Es mag Kin­der geben, die wun­der­schö­ne Wäl­der nur noch aus dem 3‑D-Kino der Fan­ta­sy-Kon­zer­ne ken­nen. Befand sich zwi­schen den eins­ti­gen Stu­ben­ho­ckern und der Welt da drau­ßen nur eine Schei­be aus Glas, durch die immer­hin Tat­sa­chen zu erken­nen waren, ist dort jetzt eine Matt­schei­be instal­liert, hin­ter der eine Rechen­ma­schi­ne Fas­zi­na­tio­nen erzeugt.

Wo das Geld end­lich alles ist, da wird die Zahl Leit­sym­bol und alle Ästhe­tik Werbung.

Nichts schreibt sich
von allein!

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Kommentare (36)

Rüganerin

9. Januar 2014 10:44

Baudrillard sagte es doch auch mal sehr treffend:

„Der virtuelle Mensch, bewegungslos vor seinem Computer, macht Liebe per Bildschirm und hält seine Vorlesungen per Telefonkonferenz. Er wird ein Bewegungsbehinderter, und zweifellos auch ein geistig Behinderter.“

Wieder ein sehr schöner Artikel, der ganz meinen Ansichten entspricht!
Wir,auch ich in meinem jungen Alter zähle mich noch dazu, kennen diese Welt noch ohne diese Massendigitalisierung, ohne diese unendliche Flut des "du mußt konsumieren" im heutigen Sinn.

Was bedeutet das aber für unsere Nachkommen, in so einer Welt aufzuwachsen? Es gar nicht anders zu kennen? Was bedeutet dies für UNSERE ZUKUNFT!

kolkrabe

9. Januar 2014 14:10

@Rüganerin:

Für unsere Nachkommen kann, aber muss es nicht schlecht kommen. Als Eltern steht man in der Verantwortung, seinen Kindern geistig und seelisch mehr zu bieten als die Welt der Ziffern, Waren und Klischees. Das läuft nicht zwangsläufig auf eine Robinsonade der Medien- und Konsumaskese hinaus, man kann auch mit TV-, Internet- und Handynutzung ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Welt mehr ist als das, was man uns dafür verkaufen möchte. Es kommt wohl darauf an, die Dinge richtig einordnen zu können.

Die geistige Schattenexistenz ist die Regel, daran wird sich in Zukunft nichts ändern. Aber ist das so schlimm? Es gab zu allen Zeiten Beschränktheiten und Beschränkte, sie gehören einfach dazu und sind sogar notwendig. Beispielsweise würde es die in mancher Hinsicht auch für kreative und produktive Geister überaus segensreichen Möglichkeiten der neuen Medien nicht geben, wenn nicht der Massenmarkt der Beschränkten da wäre, der die Technologie-Entwicklung überhaupt erst finanzierbar macht.

Ob man ein Bewegungsbehinderter wird oder nicht, liegt nur an einem selbst (und ggf. an den Eltern).

Rumpelstilzchen

9. Januar 2014 14:23

Ja, sehr beschaulicher Beitrag. Meine "metaphysische Sehnsucht" treibt mich immer wieder auf die Seiten der Sezession.
Jetzt aber brennen meine Augen von den gelborangen Überschriften.
Soll das so bleiben, oder ist das eine Neuerung ?

Gutmensch

9. Januar 2014 15:37

Das mystifizierte Wort von der politischen Mitte meint den Durchschnitt, der überall paßt. Was rechts und links übersteht, gehört kupiert und irgendwie so recycelt, das daraus wieder nur Mitte wird.

Tatsächlich? Der politische "Durchschnitt" passt überall und es soll "kupiert" werden, was "recht und links übersteht"? Zweifellos eine interessante Ansicht - aber es heißt ja auch "Sezession".

G.,
der Gutmensch.

Ein Fremder aus Elea

9. Januar 2014 16:19

Sinngebung, das gilt als [...] tendenziell faschistoid.

Kann ich bezeugen, hatte ich seiner Zeit mit Prof. Deppert (ist der, den man auf YouTube findet) diskutiert.

Da ging's, wenn ich mich recht entsinne, um die Erstarrung des Denkens in festen Formen, welche es den Betroffenen unmöglich machte, sich Neuem zu öffnen und in der Konsequenz dann schließlich dazu führte, daß sie rücksichtslos ihre eigenen Vorstellungen durchsetzten.

Das ist so ein Einwand...

Was soll man dazu sagen?

Alles wird alt...

Sicher, es stimmt schon, die Plastizität des Zeitalters, in welchem Überzeugungen gewonnen werden, ist in den Zeitaltern, in welchen diese Überzeugungen umgesetzt werden, nicht mehr vorhanden.

Aber alles wird alt, nichts lebt fortwährend in einem embryonalen Zustand.

Freilich, wir sind längst noch nicht wieder da. Wir müssen erst noch das Angebot erarbeiten, aus welchem wir schließlich unsere konkretisierten Überzeugungen auswählen können, einstweilen kann es erst ausgesprochen allgemeine Grundüberzeugungen geben.

Aber gut, das jetzt sozusagen als verspätete Antwort an ihn, wie lang ist's her? Wohl an die 11 Jahre.

Natürlich war das keine faire Diskussion. Und mit Faschismus hat es auch nur peripher was zu tun.

Nun ja, aber Prof. Depperts Sorgen decken sich natürlich nicht sonderlich mit den Sorgen der Allgemeinheit. Anneliese Michel, um mich einmal dieser Figur zu bedienen, ist eher von der Angst getrieben, daß das Autoritätsvakuum, welches sie duldet, ihr einst noch einmal zum Verhängnis werden wird, und wenn sie darauf angesprochen wird, reagiert sie hysterisch, wie es Menschen mit schlechtem Gewissen oftmals tun.

Womit ich zu diesem Punkt wohl alles gesagt hätte.

Was das allgemeine Thema betrifft, es ist der Lauf der Zeit, daß technische Aspekte prinzipielle überlagern, ja, sogar in der Sprache ist das so, wenn man sich beispielsweise die Herausbildung der unterschiedlichen Zeiten im Lateinischen ansieht oder auch heute noch im Deutschen, da bin gerade heute über eine witzige Sache gestolpert.

"Der Mann ist gerettet." heißt nicht "Der Mann wurde gerettet." und auch nicht "Der Mann ist gerettet worden.", denn in letzteren beiden Fällen könnte er mittlerweile schon wieder verunglückt sein, im ersteren aber nicht.

Bei "gerettet" ist das grammatikalisch auch unterscheidbar, nicht aber so bei "gestrandet".

Was genau heißt "Das Schiff ist gestrandet."? Liegt es immer noch auf dem Strand oder könnte es mittlerweile schon wieder in einer Werft liegen?

Das Problem hierbei ist das Perfekt. "Hat gerettet", aber "ist gestrandet". Deshalb kann die passiv zeitlose Form (ist gerettet) im Falle von "gestrandet" nicht vom Perfekt (hat gerettet) unterschieden werden.

Natürlich wäre es besser "Das Schiff war gestrandet." zu sagen, wenn es mittlerweile schon wieder in einer Werft liegt, aber noch besser wäre es natürlich, wenn diese Mißverständlichkeit systematisch ausgeschlossen würde.

Nun ja, das ist die Richtung, welche die Gedanken mit der Zeit einschlagen.

Ursprünglich überwog die Freude, unterschiedliche Begriffe aus ein und derselben Wurzel zu bilden, und schließlich kümmert man sich nur noch um die logischen Konsequenzen der verwendeten Mechanismen.

Ich fing gestern Nacht damit an, das Glossar des Heliands nach interessanten Bildungen unter die Lupe zu nehmen, und man findet auch einiges. Das Bild einer einfacheren Zivilisation, ungefähr in der Mitte zwischen unserer technizistischen Zeit und den rein ideellen Anfängen. Auch schön zu sehen, wie gewisse Worte wie errand und ombudsman geradezu wie Mahnmale im Englischen überlebt haben. Oder wie ein Wort wie berht geradezu eine Zauberformel ist, welche die Kernspaltung/-fusion beschwört (Berge Licht!)

Für jene, die's interessiert: https://bereitschaftsfront.blogspot.com/2014/01/betrachtungen-zum-altsachsischen.html

Stevanovic

9. Januar 2014 18:05

Befand sich zwischen den einstigen Stubenhockern und der Welt da draußen nur eine Scheibe aus Glas, durch die immerhin Tatsachen zu erkennen waren, ist dort jetzt eine Mattscheibe installiert, hinter der eine Rechenmaschine Faszinationen erzeugt.

Wenn es denn so wäre, dann könnte man sich ja freuen und sich der Faszination hingeben. Ich habe den Action-Block-Buster „Pacific Rim“ gesehen. Meine liebe Heidemarie, vor 10 Jahre hätte die Hälfte des Kinosaales die epileptischen Zuckungen tagelang nicht mehr unter Kontrolle bringen können. Das wummert und kracht in 3D, dass die Augen tränen. Kombiniert mit dem Sound-System wäre das in KGB-Zeiten als Methode der Gehirnwäsche durchgegangen. Das Licht geht an, und der ganze Saal ist – enttäuscht. Es war langweilig, je jünger die Zuschauer, desto enttäuschter. Nach der Avanger-Reihe hat es sich ausgespasstet. Die digitalen Welten, die schnellen Schnitte sind mittlerweile so innovativ und fesselnd wie Porno-Filme ab den 80ern. Mehr als Knallen kann man in beiden Genres nicht. Und jetzt haben wir es schon mehrmals gesehen.

Sie endlich erfaßt nicht nur alles, sondern vermag eine ganze Scheinwelt zu generieren, selbst Farben, Bilder, Musik, die neue, fehlerfreie und sterile, aus Nullen und Einsen aufgebaute „Erfahrungswelt“, in die man jenseits der analogen hineinschlüpfen kann wie in ein Wunderland.

Wunderland ist abgebrannt. Hollywood traut sich kaum noch an Block-Buster, PC-Spiele haben seit einem Jahrzehnt nichts wirklich Faszinierendes mehr hervorgebracht; selbst in der Pop-Musik keine Giganten mehr, und der Erfolg von Serien wie „How I met your mother“ oder auch „Sopranos“ und „Shameless“ ist ein deutliches Anzeichen, dass wir nach der analogen Welt lechzen, so mit Nachbarn und bekloppten Verwandten. Das Publikum schaut gerne das Leben der anderen. Tief drin zuckt also noch was.

Ellen Kositza

9. Januar 2014 21:13

Liebes Rumpelstilzchen,
das ist bei uns wie bei gutem Wein aus definierten Anbauregionen. Jeder Jahrgang hat seine eigene "Farbe". 2003 waren die Hefte rot, dann folgte blau, dann grün. 2006, 2010, 2014, 2018 etc. waren, sind und werden gelb sein, und Sezession.de folgt artig dem Farbspektakel.

Fredy

9. Januar 2014 21:32

Ja, die Welt ist schlecht geworden und früher war alles besser, fast alles. Einzig die alkoholischen Getränke werden immer besser, ausgefallener und ausgereifter. Sláinte!

Realist

10. Januar 2014 00:54

Nur scheint darüber hinaus kaum noch etwas gedacht zu werden und zu geschehen. Es wird eine Zirkulation verwaltet, die sich selbst erzeugt und selbst erhält. Eine Selbstbefriedigung der Zahlen. Das funktioniert ausgezeichnet, solange nur dreierlei zählt – Produzent, Ware und Verbraucher.

Wenn es denn bloß ausgezeichnet funktionieren würde. Ich für meinen Teil stelle schon seit etlichen Jahren fest, daß das kulturelle Mittelmaß das wirtschaftliche zwingend bedingt. Und mit Mittelmaß meine ich hier seine häßlichste Ausprägung. Überall Menschen, die weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, verschenktes Potential allenthalben, gepaart mit völliger Gleichgültigkeit gegenüber der eigenen Unzulänglichkeit.

Call-Center-Mitarbeiter ohne Entscheidungskompetenz, ohne Fachwissen, oft mit saumäßigen Deutschkenntnissen, die banalste Probleme wochenlang nicht lösen können. Berater, welche einfachste Grundlagen der Logik nicht beherrschen, die völlig widersprüchlich argumentieren, ohne sich dessen im entferntesten bewußt zu sein. Fotografen, die gefühlt flächendeckend in ganz Deutschland biometrische Paßfotos knapp über dem Haaransatz absäbeln, weil sie nicht in der Lage sind, die offiziellen Vorgaben sinnergreifend zu lesen, eine Prämisse zu erfassen und im weiteren Text zu berücksichtigen (das Gesicht reicht im offiziellen Beiblatt bis zum Scheitel, und nicht bis zum Haaransatz).

Nichts stößt mich mehr ab als mangelnde Hingabe. Ich halte mich grundsätzlich für einen höflichen, im Umgang mit anderen respektvollen Zeitgenossen. Dennoch ist es mir zu meinem eigenen Erschrecken in den letzten Jahren mehr als einmal passiert, daß ich, erschlagen von dem Ausmaß an Inkometenz, einen Fachverkäufer mitten im Satz stehen ließ, weil es mir Übelkeit verursachte, dem sinnleeren Geschwafel auch nur eine Sekunde länger zuzuhören und ich selbst die Kraft zu einem gemurmelten "lassen Sie mal gut sein, wir kommen hier nicht weiter" nicht aufzubringen vermochte.

Und dennoch - die digitale Revolution hat auch eine andere Seite. Das Internet, dieses Flickwerk aus unausgereiften Technologien, fehlenden Standards und halbgaren Innovationen, angetrieben in der Mehrzahl von weit unterdurchschnittlichen, semiprofessionellen Entwicklern - keinen Tag möchte ich den Anschluß an das Weltgedächtnis mehr missen. Wer das Rauschen zu filtern vermag, bekommt mitunter Großes zu hören.

Apropros Hören, meiner Ansicht nach machen einige der talentiertesten Komponisten unserer Zeit Filmmusik. Auch hier lohnt es sich, nach Perlen zu tauchen.

Rüganerin

10. Januar 2014 01:04

@ Kohlrabe

Für unsere Nachkommen kann, aber muss es nicht schlecht kommen. Als Eltern steht man in der Verantwortung, seinen Kindern geistig und seelisch mehr zu bieten als die Welt der Ziffern, Waren und Klischees. Das läuft nicht zwangsläufig auf eine Robinsonade der Medien- und Konsumaskese hinaus, man kann auch mit TV-, Internet- und Handynutzung ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Welt mehr ist als das, was man uns dafür verkaufen möche. Es kommt wohl darauf an, die Dinge richtig einordnen zu können.

Auch meine späteren Kinder werde ich nach meinen Vorstellungen erziehen. Und die entsprechen nicht dem heutigen Zeitgeist. Das war aber nicht meine Intention.

Man kann auch mit TV-, Internet- und Handynutzung ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Welt mehr ist als das, was man uns dafür verkaufen möchte?
Natürlich kann man das. Es gibt bestimmt auch allerhand Leute, die es halbwegs oder eben auch sehr gut im Griff haben. Das ändert aber nichts daran, daß wenn man mal ganz ehrlich ist und sein Umfeld sehenden Auges beobachtet, feststellt, daß die Allermeisten dieses Bewußtsein doch nicht haben. Die Masse. Und vielleicht bin ich in solchen Dingen auch eher Pessimist (wenn auch nicht der Resignation verfallen): Ich glaube kaum, daß sich das demnächst groß ändern wird.

Ich selbst besitze keinen Fernseher und habe auch nur ein Mobiltelefon, was wirklich nur das kann, was ein Mobiltelefon können sollte. Ich zwinge niemanden dazu, meine Ansichten zu teilen. Aber dadurch, daß man "dieser Welt" nicht angehört, bemerkt man schon besonders deutlich, welchen Einfluß das alles auf unser heutiges Leben hat.

Schon mal abends durch ein Dorf gegangen?
In jedem Fenster blinkt der Fernseher, und die Leute sitzen gebannt vor dem Kasten.
Und um gewollt polemisch und übertreibend zu sein:
Die ständige Erreichbarkeit. Nicht mehr Innehalten zu können - Verlust der Fähigkeit, sein Leben zu entschleunigen. Die Gier nach permanenter Unterhaltung. Die gravierende Verdummung. Aussterben des Buches usw. usf...

Es gab zu allen Zeiten Beschränktheiten und Beschränkte, sie gehören einfach dazu und sind sogar notwendig.

Auch das mag sein. Aber wir reden hier von einer Thematik die in der Form noch nie dagewesen ist. Man stellt sich eben die Frage, wo das alles hinführt, wo Lösungen dieser Problematik liegen.
Besonders, wenn man ein Mensch ist, der diese Massenbeschränktheit schon heute kaum noch ertragen kann.

Stil-Blüte

10. Januar 2014 02:58

@ Ein Fremder aus Elea

Damit Der Mann ist gerettet... Das Schiff ist gestrandet nicht ausufert und strandet, im Telegrammstil: retten und stranden beide transitiv u n d intransitiv. Ersetze Schiff durch liederlicher Mensch: Dasselbe definitive Muster: Er ist gestrandet, nun negativ.

Weiterführend: Grammatik argumentativ stets von Semantik trennen. (z. B. unheilvolles Vermanschen des grammatischen Geschlechts mit persönlichem: Gentrifizierung, Feminisierung, Pervertierung unserer Muttersprache (Binnen-Iiii ohne Ende).

Fortsetzung auf Ihrer Seite.

Axel Wahlder

10. Januar 2014 04:13

Aber die Bushidos dieses Landes, immerhin jeder zehnte Mann(?), werden nicht massgeregelt, sondern priviligiert. Selbst Homohass wird juristisch vorentschuldigt, wass der Wowereit- Fall ja belegt. Eine neue Herrenrasse, quasi. Mit staendscher Berechtigung politinkorrekt zu sein, Gewalt zu preisen, dicke SUVs zu fahren und Alice Schwarzer nicht zu huldigen. Habe ich nicht Recht?

Jonny Scapes

10. Januar 2014 06:43

@ Ellen Kositza

Gefällt mir. Corporate Design suggeriert Geschlossenheit und vermittelt dem Anwender das Gefühl, es mit erfahrenen Profis zu tun zu haben.

Knallgelb-orange als Farbe für Verweise -bei weißem Hintergrund- halte ich nun aber -vorsichtig formuliert- für eine vielleicht doch etwas unglückliche Farbwahl - jedenfalls: auch eine gelbe Verweisvordergrundfarbe könnte besser der mit der weißen Hintergrundfarbe kontrastieren.

Beispiel: Derzeitiges - gegenüber einem etwas entschärften Gelb

Heino Bosselmann

10. Januar 2014 07:32

@Realist: Ihre Beobachtungen decken sich mit meinen. Die allgegenwärtige Inkompetenz ist m. E. eine zwangsläufige Folge der Quantifizierungen. Begegnen mir mal irgendwo Engagement, Zugewandtheit und echte Professionalität, so finde ich es beeindruckend ungewöhnlich und bedanke mich stets sehr aufmerksam. Geschieht das per Mail, kopiere ich das Lob gleich vorsorglich an den Chef durch.

Rumpelstilzchen

10. Januar 2014 09:08

Liebe Frau Kositza,
der jährliche Farbwechsel bei der Druckausgabe ist sehr schön.
Auf dem Bildschirm ist die Farbe für meine Augen allerdings kein guter Jahrgang. Etwa so unnötig wie Gepäckschleppen, wenn man einen Rollkoffer hat.
Ich werde es tolerieren und verstehe immer mehr , was tolerant sein bedeutet: nämlich ... Unnötiges erdulden müssen.
Wenn im Gegenzug der geistige Gehalt 2014 zum guten Jahrgang wird, läßt sich das ertragen.
In diesem Sinne Alles Gute zum Neuen Jahr !

Stevanovic

10. Januar 2014 09:20

@Axel Wahlder

Sollte sich das politisch Inkorrekte, Gewalt zu preisen, dicke SUVs zu fahren und Alice Schwarzer nicht zu huldigen, auf die Bushidos dieses Landes beziehen, womit Sie (von mir unterstellt) männliche Migranten meinen, dann muss ich Ihnen widersprechen: Nein, es ist nicht so.
Die Lebenswirklichkeit eines Bushido und seines Clans unterscheidet sich doch deutlich von der Lebenswirklichkeit eines normalen Migranten. Dieser fährt in der Regel kein SUV, kennt Alice Schwarzer nicht, betritt Banken nicht bewaffnet und überfällt auch selten Pokerrunden. Es stimmt, dass sich junge Migranten viel zu oft an Bushido und einem gewissen Habitus orientieren (womit sie ohne Frage eine Landplage sind) und dass die Integrationspolitik solches Verhalten strukturell auch noch fördert. Es ist auch wahr, dass diese Problematik nicht adäquat angesprochen wird und dass die Niveausenkung Menschen nicht von dort mitnimmt, wo sie stehen, sondern dümmer zurücklässt. Wenn Sie sich Biografien von männlichen Migranten anschauen, dann sehen Sie belogene Menschen. Nach einer Jugendphase voll unsanktionierter Gewalt, hemmungslosen Drogenkonsums, auf sie zugehender und nicht fordernder Schulen, sagen wir einfach, einer Lebensphase, in der man sich Bushido nahe fühlt, erfolgt das böse Erwachen in dem Moment, in dem die Jungs den Wunsch verspüren, Verantwortung zu übernehmen und eine Familie zu gründen. In dem Moment platzt die Blase. Fensterputzer fahren kein SUV. Sind auch selten von leichtbekleideten Nutten umgeben, und die Drogen können sie sich schlicht nicht leisten, weil die wenigen Bushidos dieser Welt keinen Kredit geben. Sie merken, dass sie schlicht nicht das Rüstzeug für ein bürgerliches Leben haben. Und das kann kein HartzIV dieser Welt ausgleichen. Depression ist ein weit verbreitete Krankheit, Alkoholismus, Spielsucht, häusliche Gewalt. Leider wird das als Kultur der Herkunftsländer beschrieben, aber dem ist nicht so. Die Struktur dieser Menschen ist made in Germany. Bushido ist ein deutsches Produkt.

Damit möchte ich bei Ihnen kein Mitleid oder gar Verständnis wecken, ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass Sie die Profiteure (sollte es welche geben) an der falschen Stelle identifizieren. Doch Verständnis möchte ich schon hervorrufen. Nämlich für die Migranten, die büffeln und sich anstrengen und in ihren Gemeinschaften als Onkel Tom verlacht werden, um sich dann vor Deutschen von den Bushidos abgrenzen zu müssen. Das ist nicht schlimm, so ist der Lauf der Dinge, gehört zur Migration. Nur, Herrenrasse, das sieht anders aus.

Stevanovic

10. Januar 2014 09:33

@kolkrabe

Was Sie beschreiben, ist die viel gerühmte Medienkompetenz. Der Umgang mit der digitalisierten Welt kann sehr fruchtbar sein. Da sehe ich auch eher die Chancen. Sorgen macht mir die Kompetenz im Umgang mit der analogen Welt. Eine Ehe spielt sich nicht auf Facebook, sondern am Frühstückstisch ab. Die Zahlen der virtuellen Welt sind kein Wert an sich, sie sollen das wahre Leben unterstützen. Jedoch hat sich das Empfinden, was das wahre Leben ist, gänzlich verschoben (Facebook-Freunde contra Zusammen durch Dick und Dünn gehen). Da bekommt Adornos „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ doch gleich eine ganz neue Geschmacksnote.

Hernan Cortex

10. Januar 2014 09:59

Sinngebung, das gilt als ideologisch, mithin gefährlich, tendenziell faschistoid.

Das sind wohl sehr kühne Gedankensprünge. Ich wünsche allen Linken und Rechten, dass sie Wertschätzung für den (zum Großteil durch quantitativ Werte produzierende Personen ermöglichten) Frieden und Wohlstand entwickeln, in dem wir heute leben dürfen, und dass sie damit beginnen, produktiv, ritualfrei und ohne Menschenmachtsfanatismus zu spielen. Die Negativität in all den Beiträgen und Kommentaren auf dieser Internetpräsenz ist erschreckend. Nie haben die Menschen so viele Möglichkeiten gehabt wie heute. Wer heute rummärkelt, bloß weil er selber unmotiviert ist, der soll bitte zumindest nicht noch versuchen, andere mit in seinen Abgrund zu reißen.

Übrigens: Jemand, der dazu in der Lage ist, quantitativ zu denken, ist durch nichts daran gehindert, auch qualitative Werte zu sehen und zu erschaffen. Umgekehrt ist das, vorsichtig ausgedrückt, etwas seltener der Fall. Aus dieser Warte betrachtet, hat Ihr Artikel etwas belustigendes, mithin auch Mitleid erregendes. Hoffentlich können Sie sich dessen irgendwann einmal bewusst werden und entwickeln dann ein wenig Selbstironie und mehr Lebensfreude.

Nordlaender

10. Januar 2014 10:42

"... jetzt sterben die Orchester und Theater ..."

Nun, im Theater ließe es sich sehr gut Modernitätspunkte sammeln, der Diederich Heßling 2.0 könnte durchaus durch regelmäßige Besuche seinen Status erhöhen.
Das liefe alles auch ganz prachtvoll, wenn die Bühnen denn nicht im allertiefsten Mief der 1970er Jahre des Regisseurtheaters steckengeblieben wären mit all seinen antibürgerlichen dumpfen Hanswurstereien.
Liest man mal ein wenig mit auf Foren der Linken, z.B. SPON, dann wird man schnell gewahr, daß auch in einschlägigen Pappenheimerkreisen noch Ansätze von Geschmack und Nervenkostüm vorhanden sind.

Schade ist, daß immer mehr öffentliche Telephonzellen abgebaut werden.
Der Standort Deutschland ist zu einer einzigen, riesigen Telephonzelle mutiert, dank dieser Pest der neuen Wählsprechapparate, die ganz ohne eine Schnur auskommen und sich überall mitnehmen lassen.

Wäre doch eine gute Idee, die alten Telephonzellen noch besser zu isolieren gegen den Außenschall und als einen Ort der Ruhe anzubieten:
Man wirft vielleicht einen Euro in einen Automatenschlitz und bekommt dafür die Möglichkeit, in diesem kleinen Ruheraum für zehn Minuten oder so nicht von den Dauertelephonaten anderer Leute wider Willen belästigt zu werden.

Realität sollte nicht mit der Wirklichkeit verwechselt werden. Ist letztere das, was auf einen einzelnen Organismus wirkt, bedeutet ersteres all das, was "kommuniziert" werden kann.
"Kommunikation" wiederum ist mit Zeitkosten verbunden, deshalb sind alle Formate (z.B. lieber "Möntschen" als so ein umständliches "Hamburger", "Deutsche", "Syrer" oder was auch immer), die der Vereinfachung dienen, hilfreich, und, wie Sie es gut darstellen, Herr Bosselmann, natürlich die Quantifizierung.

"Die allgegenwärtige Inkompetenz ist m. E. eine zwangsläufige Folge der Quantifizierungen."

Nun ja, es gibt immerhin jede Menge Experten, die mit einer sehr ausgeprägten Inkompetenzkompensierungskompetenz (Odo Marquard) ausgestattet sind.

Wenn ich diesen Begriff "Kompetenz" höre, dann leuchten bei mir alle roten Lämplein auf.
In der Not hilft der Mittelweg nicht. Da hilft dann nur noch, entweder den Revolver zu ziehen oder ganz schnell die Flucht zu ergreifen.

Heino Bosselmann

10. Januar 2014 11:30

@Hernan Cortex: Ich verstehe Ihre Intention. Sie werden Ihrerseits verstehen, daß ein Debattenbeitrag bewußt Räume für Polemik lassen möchte, indem er etwa zuweilen einseitig darstellt. Die Semantik des Qualitativen und Quantitativen ist freilich komplexer, als ich sie auf ein paar Zeilen kennzeichne. Historisch: Das frühe Bürgertum - Verantwortung übernehmend, wirtschaftend, Leistung favorisierend und dies rechnend und berechnend - knüpfte sein Selbstverständnis an Werte und Haltungen, die m. E. seit den Achtzigern auffallend in Frage stehen. Andererseits sehe ich sehr wohl, daß die Orientierung auf Qualitatives ins Ideologische auszubrechen droht. Helmut Schmidt: Wer Visonen hat, sollte zum Arzt gehen. - Daß Menschen heutzutage dank der Vorleistung von Generationen und dank rechtlicher Rahmenbedingungen an sich viel mehr Möglichkeiten haben als früher, gebe ich Ihnen gern zu. Mich verblüfft es jedoch gerade deswegen, daß - nach meiner beschränkten Erfahrung Erfahrung als Lehrer - immer weniger sie aktiv suchen bzw. wahrnehmen. Als ob die Überfülle der Möglichkeiten sie sogar eher desorientierte. (Obwohl mit einem Smartphoe quasi das gesamte Weltwissen zur Hand ist, leben immer mehr mit einem ptolemäisch verengten Weltbild.) Sie selbst rufen diesen Mangel an Motiviertheit auf. Ich vermisse nicht nur die, sondern einfach schon Leidenschaft. Die Amplituden werden auffallend flacher. Mehr als Bildung wird Entertainment gesucht. Und nebenher: Mein Herz ist nicht verfinstert, ich genieße in vollen Zügen und lache kopfschüttelnd jeden Tag über mich. Nur wäre dies ein anderes Thema. - Vielen Dank für Ihren Beitrag. Er ist sehr substantiell; und dieses Opponieren braucht es hier absolut.

Nordlaender

10. Januar 2014 11:42

@ Heino Bosselmann

"Helmut Schmidt: Wer Visonen hat, sollte zum Arzt gehen."

Öhmm, Schmidt ist Mitglied und Preisträger der von Eric M. Warburg begründeten Atlantikbrücke.
Die Vision von Helmut Schmidt (und anderer Jungführer - "young leaders" - der Atlantikbrücke) besteht in der Abschaffung von Nationalstaatlichkeit, damit eben auch in der Abwicklung Deutschlands.

Man wähnt sich bei dem Unterfangen, der Welt eine neue Ordnung zu verleihen, schon so weit, daß der Visionär Schmidt vor einiger Zeit uns Deutsche aufgefordert hat, auf unsere schöne Muttersprache zu verzichten.

Um dererlei Visionen zu behandeln, bedarf es wohl einer Menge mehr, als solche Fälle an einen Fachmediziner mit nervenärztlicher Zusatzausbildung zu überweisen.

Raskolnikow

10. Januar 2014 12:15

"Der Name der mir folgt,
ist meiner Sorgen Lohn."

(Ronsard)

Lieber Herr Cortex,

haben Sie sich wirklich erschrocken?

Dabei ist der traurigste Beitrag bisanhero der Ihre. Zeigt er doch, wie kuhäugig selbst intelligente Zeitgenossen (Intelligenz hier nur als quantitative Größe!) diese aufwendig produzierte Gummibärchenwelt bestaunen.

Ich beneide Sie aufrichtig um die Fähigkeit, da zu lachen, wo es stinkt und sich dort einzurichten, wo die Jauche bis an die Knöchel steht ... Wahrlich, wahrlich!

Ich will nicht für die anderen Um-Sezession-Bemühten sprechen und schelten Sie mich auch nicht undankbar, aber ich muss kühnlichst konstatieren, dass ich nicht in Ihrer Welt des global-industriell erwirtschafteten Wohlstands lebe.

Leben, wirklich leben tue ich in den Kathedralen, beim Lesen alter Bücher, auf Kopfsteinpflaster, in hohlen Bäumen und wenn ich meinen Courvoisier auf dem Holz eines alten hussitischen Streitwagens abstelle, das mir itzund als Tisch dient ...

Das Leben ist im Geschaffenen, Inspirierten also Geistgeladenen! Und gerade nicht im Produzierten. Ihre nie dagewesenen "Möglichkeiten" ein gemeines Serienprodukt zu erwerben, können Sie gern Leben nennen, aber Sie irren sich ...

Haben Sie eigentlich die Möglichkeit, ohne den Einsatz eines Zahlungsmittels an Brot, Wasser und Wärme zu gelangen? Eine Antwort wäre äußerst ersprößlich.

Im übrigen verwechseln Sie die Perspektiven. Niemand zieht Sie in einen Abgrund! Wenn Sie zu uns schauen, schauen Sie hinauf. Ich reiche Ihnen die Hand von Herzen und lade Sie ein, heraufzukommen ... Allerdings gibt es hier kein Netz!

Jodelnd verbleibt Ihr und Euer,

R.

kolkrabe

10. Januar 2014 12:58

@ Stevanovic

Adorno? Mit Verlaub: Ich halte einen Verweis auf Heideggers Analyse des Ge-Stells als Wesen der Technik doch für fruchtbarer :-)

Heidegger, dem oft Technikfeindschaft vorgeworfen wird (wahrscheinlich, weil er wie Herr Bosselmann bekennender Provinzialist war), hat sich indessen sehr gründlich (angeregt durch Ernst Jüngers "Arbeiter") mit dem Technikthema auseinandergesetzt. Er sah im Wesen der Technik nicht nur Zerstörung, Vermassung, Vernichtung (war also kein Technikkritiker wie etwa FG Jünger), sondern die Art und Weise, wie sich die Wahrheit des Seins in der Neuzeit zeigt.

Soll sagen: Die Technik (und auch die heutige Kommunikationstechnik) an sich ist nichts Böses, sondern eine Weise, sich zur Welt zu verhalten. DAS sollte man sehen, die genannte Medienkompetenz ist nur ein schwacher Abglanz dieser Einsicht und erschöpft sich in Fragen des Umgangs, ohne wirklich zu begreifen.

Ich hatte mich ursprünglich nur etwas an der mir allzu voreilig erscheinenden private Flucht der Rüganerin in eine Welt ohne Medien gestört. Natürlich sehe auch ich, dass alle Welt vor Bildschirmen sitzt, pausenlos online ist und dabei der kollektiven Verblödung bedenklich nahe rückt. Natürlich weiß ich, dass eine Facebook-Freundschaft nur die Karikatur der echten Freundschaft ist. Und dass eine virtuelle Ehe keine Ehe ist - geschenkt.

Dennoch sind wir von dieser Scheinwelt umgeben und können uns ihr nicht nur nicht entziehen, sondern sind geradezu aufgerufen, in ihr Herz vorzustoßen (analog zu Heideggers Vordringen ins Wesen der modernen Technik). Die reine Ablehnung ist billig, die durchdringende Aneignung wäre wichtig. Das gilt um so mehr auch für die von Herrn Bosselmann thematisierte Verzifferung, deren zeitgenössische Form eben die Digitalisierung ist.

Eine Anregung noch zum Verständnis der Medienwelt: Man sollte Platons Höhlengleichnis (Politeia) versuchsweise mal als moderne Medienkritik lesen, aber die Frage, wie man sich den "Glanz des Sonnenlichts", das "Licht der Wahrheit" (die Idee des Tauglichmachenden) vorzustellen hat, nicht vorschnell beantworten.

Stevanovic

10. Januar 2014 13:13

@Hernan Cortex

Jeder kennt die Erzählungen der Großeltern: Ein richtiger Ball, ein als Puppe gestalteter Maiskolben, das gebundene Schulbuch. Diese Freude, die Erinnerung, der gut behütete Schatz. Die Inspiration durch etwas, was wir heute als Müll bezeichnen würden. Heute eine Fülle an analogen und digitalen Spielsachen – und den Kindern ist langweilig. Dann der Vorwurf, die Kinder wüssten es nicht zu schätzen, seien zur Begeisterung nicht mehr fähig. Aber warum sollten sie das auch? Kann einer noch eine Geschichte von der Mühe erzählen, seinem Kind ein richtiges Schulbuch über Kontakte in der nächsten Stadt besorgt zu haben? Es macht Piep, die EC-Karte wird durchgezogen, das Buch ist gekauft. Genau so viel Herzblut investiert auch das Kind in dieses Buch. Kinder sind nicht doof, die merken das. Ein einzelnes Buch hat keinen Wert, es kostet was. Das Zimmer ist voll davon, aber nichts hat eine Bedeutung. Mangel kann Dingen eine Bedeutung geben. Nun haben wir keinen Mangel, auch schenke ich meinen Kindern keine Maiskolbenpuppe zu Weinachten. Die Dinge sind ja da, eine künstliche Verknappung ist im persönlichen Rahmen möglich, im gesellschaftlichem, nun ja, da kann es schnell albern werden. Wie bringe ich ihnen dann Wertigkeit bei? Wie bringe ich mir selbst Wertigkeit bei? Für das meiste reicht ein Piep. Es gab vor einigen Jahren den Begriff „Tristesse Royale“, und ich kann mich an viele Stellungnahmen erinnern, die wie Sie auf die Chancen hinwiesen und diesen Gedanken als konstruierte Dekadenz brandmarkten. Sie ist nicht konstruiert. Kinder langweilen sich im vollgestopften Kinderzimmer, Erwachsene haben 1000 Möglichkeiten und sind in besten Fall nicht glücklich, im schlimmsten depressiv. Der Hinweis, die Menschen sind selbst schuld, ist richtig. Wer kann, der kann. Nur, was ist mit den vielen, die nicht können? Einig könnten wir uns doch sein, dass Schulen den Auftrag, selbst-sinngebende Menschen zu erziehen, nicht wirklich erfüllen. Zumindest greifen die Konzepte bei einer erheblichen Zahl nicht. Der ideale Mensch, der sein Warum aus dem Ich zieht, nun, das sind durchaus nicht wenige, es sollten mehr sein. Mir drängt sich natürlich die Frage auf: Wenn das Ich zu schwach ist für eine eigene Glut, warum man dann den Menschen eine Teilnahme am Wir, an dem das Ich wachsen kann, unbedingt versperren will, es geradezu teuflisch findet. Klar – Missbrauch, so naiv ist die Sache nicht. Aber, sind die frustrierten Heerscharen unserer Mitbürger wirklich die bessere Welt? Könnte ein Mensch, den sein Ich nicht wirklich anspricht, im Wir eine Versöhnung mit sich selbst finden und dadurch sein Ich besser schätzen lernen? Ich spreche nicht von denen, denen das gelingt. Ich meine jene, die aus dem ganzen „Ich und mein Magnum“ keine Kraft ziehen können. Das sind keine Thesen, es sind wirkliche Fragen und: Nein, ich habe keine Antwort.

Wer heute rummärkelt, bloß weil er selber unmotiviert ist“ – das Leben ist zum Lachen da, drum nehme Psychopharmaka.

Motivation ist heute eine harte Währung.

agricola

10. Januar 2014 13:43

Meine Erfahrung z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln sprechen Bände: Menschen, die fanatisch mit elektronischen Hilfsmittel Ablenkung suchen und andere mit Lärm belästigen, Bücher sind Mangelware, gute sowieso! Was machen diese Menschen in ihrer Freizeit? Nichts Qualitatives, weil die Infantilität um sich greift wie die organisierte Verblödung, um die Massen abzulenken! Die Glotze ist eine Kloake, bestenfalls. Das Internet kann Nutzen bringen, wird aber von der Masse als Spielzeug quantitativ entwertet. Sind das schon die allerletzten >Menschen<, die man leider immer mehr antrifft oder besser erleiden muss oder wird es noch tiefer gehen? Ich denke, die Welt zu sehen, wie sie ist, ist für manchen Zeitgenossen wohl schon eine zu große Herausforderung oder Belastung!

Stil-Blüte

10. Januar 2014 13:49

@ Herr Bosselmann
Wie immer erquickender Beitrag!

Doch - wie macht es die Natur? Um Qualität zu erzeugen, produziert sie Fülle. Beispiel: Apfelbaum:
1. Sezession Der Baum ist überschüttet mit Blüten, aber nicht alle Blütenknospen gehen auf.
2. Sezession Frost. Viele Blüten erfrieren.
3. Sezession Bestäubung, aber nicht alle werden beachtet.
4. Sezession Eine Menge kleiner Früchtchen weht der Wind, der Wind, das himmlische Kind vom Baum
5. Sezession Die Äpfel wachsen, nicht alle gedeihen: Fallobst. 6. Sezession Der Apfelstecher!
7. Sezession Sind 30, sind 20 % der ursprünglichen Fülle reif für die Ernte
8. Sezession Beim Pflücken lösen sich einige un-freiwillig, leichte Beute für Igel, Schnecken, Wespen.
9. Sezession Faule, angeschlagene Stellen? Ausschneiden: Apfelmus/-kuchen
10. Sezession Die allerletzten Äpfel, schrumpelig: Kompost.

Glauben wir, in der Gesellschaft ohne Naturgesetzmäßigkeiten auskommen zu können? Keine Geduld für das Gedeihen und kein Wissen um das Verderben? Vanitas: 'Auf Gedeih und Verderb'!

@ Hernan Cortex
Schließe mich der Antwort von Herrn Bosselmann an. Eine Leseempfehlung genehm? Nobelpreisträger Elias Canetti 'Masse und Macht'.

@ Ellen Kositzka
Seit Jahren paßt der abgestimmte, wohl überlegte Farbwechsel sehr gut zu allen anderen Stilelementen der Sezession (obwohl Orange auf weißem Grund etwas mehr Farbe benötigt hätte, um es besser lesen zu können. Aber das Matte ist ja ein durchgängiges Erkennungszeichen). Ich bin immer wieder enttäuscht, wenn sich vertraute Internetseiten ohne Not erneuern. Hier wurde von Anfang Verläßlichkeit in Bild, Wort Zeichen aufgebaut. Dem 'Stylisten' mein allergrößtes Lob!

Das in fast allen (medialen) Auftritten anzutreffende monochrome Hintergrundsblau fällt mir auf. Nicht nur alle Welt-/Nichtregierungs-organisationen, Konzerne, Banken sogar klassische Parteien (CDU/CSU, FDP) wählen bei ihren Auftritten und im Logo als corporyte identity nicht mehr schwarze Buchstaben auf weißem Grund, sondern stereotyp vages Blau: Globalisierung der Farbe des Alls, des Wassers, aber auch des Nichts, der Leere. Im Showgeschäft ist das Disco-Blau als 'finsteres Licht' ohnehin dominant. Fast alle Politiker präsentieren sich nicht mehr in weißem Oberhemd, sondern in (hell-)blauem, zumindest muss es eine blaue Krawatte sein. Blau: Allmacht globaler Vernetzung. Zukunftsfarbe für den Zukunftsmenschen: Steuerbar. (Von Herrn Weißmann als Kenner von Symbolen wäre interessant zu erfahren, was er über die Mutation der romantischen 'Blauen Blume' zur globalen Monokultur denkt.)

Da paßt es, daß auf den von Psychologen erstellten 'globalen Körperkarten' der Körper des Depressiven als vollkommen blau, der Körper des Neutralen/Sterilen als blauschwarz beschrieben und empfunden wird. Bei Freude hingegen wird der ganze Körper als orange mit 'erleuchteten' Kopf dargestellt (s. Berliner Zeitung ,9. 1. 14)

Carl Sand

10. Januar 2014 13:55

Lieber Heino Bosselmann

"Helmut Schmidt: Wer Visonen hat, sollte zum Arzt gehen"

Nun sollte man nicht vergessen, dass Herr Schmidt die Agenda der NWO vertritt. Von dem den typischen arrivierten Pseudokonservativen ansprechenden Habitus Schmidts und den als Zuckerle für die Konservativen verteilten Pseudokonservatismen sollte man sich nie täuschen lassen, dass Schmidt an den entscheidenden Stellen stets die gleiche gequirlte Scheiße vertritt, die Agenda der internationalen Oligarchie.

Ich gestehe, ja, ich habe Visionen.

Ich sehe...
Ich sehe.........

Mistgabeln.
Und Fackeln.
Und Laternen.

Und mein Arzt lässt ausrichten, er müsse gerade die Zünder verkabeln, aber ich möge grüßen.

Stevanovic

10. Januar 2014 15:42

@kolkrabe

Applaus!

DAS sollte man sehen, die genannte Medienkompetenz ist nur ein schwacher Abglanz dieser Einsicht und erschöpft sich in Fragen des Umgangs, ohne wirklich zu begreifen.

Eine Sache, die mir auffiel (weil ich auf sie reinfiel), sind die Bilder der Galaxie. Wenn wir Galaxie sagen, haben wir diese bunten Bilder der Spiralarme im Kopf, überwältigende Nebel, aus denen uns Sterne wie die Augen der Götter anfunkeln. Hochleistungsteleskope, auf den Olymp selbst gerichtet. Alles Bullshit, leider, aber mir hat es gefallen. Es sind Interpretationen eines Computermodels, Schattierungen werden Farben zugeordnet und geglättet. Was wir da sehen, ist das, was wir gerne hätten: Unendliche Weiten, die romantische Gefühle auslösen. Es hat mir also nicht nur gefallen, es sollte mir gefallen; und der, der das Bild gemacht hat, wusste, wie er meine Kitsch-Drüsen aktivieren kann. Wahrscheinlich habe ich damals deswegen was gekauft. Wenn ich mir überlege, wie wenig ich von dem, was ich sehe, wirklich begreife, bekomme ich Gänsehaut. Durchdingende Aneignung – danke für den Begriff.

karlmartell

10. Januar 2014 16:19

@ Raskolnikow

bisanhero
Wahrlich
schelten
kühnlichst konstatieren
ersprößlich
itzund

.........WUNDERBAR !! Danke.

Rainer Gebhardt

10. Januar 2014 18:36

Lieber HB,

als Ossis ☺ und geprüft in dialektischem und historischem Materialismus ☺ werden wir das Problem natürlich immer dialektisch betrachten und auf ein „Umschlagen von Quantität in Qualität“ hoffen. Oder eben nicht hoffen, weil wir nicht sicher sind, ob die Entwicklung zum Besseren ist.
Unserer abendländischen Kultur scheint der „Quantifizierungsdrang“ eingeboren zu sein, wenn ich an Pythagoras/die Pythagoreer denke, den Neuplatonismus usw. Und selbst ein so scheinbar rein emotionales Phänomen wie die Musik beruht auf Quantifizierung. Töne und Intervalle lassen sich mathematisch exakt abbilden, als Schwingungszahlen. Nur, wären die Musiker der (mathematischen) Reinheit des Tonsystems treu geblieben, gäbe es womöglich unser akkordharmonisches Tonsystem nicht, denn dieses geht mathematisch nicht ganz auf, entzieht sich stringenter Quantifizierung. Schön und tröstlich für das Ohr, daß der Quantitätszwang durchbrochen wurde, und zwar durch Schaffung temperierter Quinten, die durch enharmonische Verwechslung entstehen - einem IRRATIONALEN Eingriff also in die reine Mathematik der Schwingungen. Äh...ja...was rede ich denn hier...wollte nur sagen, daß die Welt sich zwar quantifizieren aber nicht berechnen läßt bzw. daß selbst dann, wenn sie sich berechnen ließe, noch nicht viel gewonnen wäre.

Zum Thema Quantifizierung finden sich beim alten Ernst Jünger interessante Bemerkungen. Jünger spricht von Verzifferung; sie ist die komplementäre Hohlform zu Egalisierung und Entmythologsierung. Die Ursachen des Phänomens, schreibt Jünger in DER SCHERE, seien „unterhalb der politischen Sphäre, ja unterhalb der Sprache selbst“ zu suchen, und, womöglich sogar jenseits rationlaer Technikschübe (denn die Technik wird sich, davon ist Jünger überzeugt, vergeistigen, obgleich sie zunächst nur in ihrer Verzifferung sichtbar ist.)
In „Siebzig verweht“ (Bd.3, 1981) dann der Satz: „Die Verzifferung beginnt eine Technik zu entwickeln, die alle anderen in den Schatten stellt.“ Sieht so aus, als habe Jünger den ’digital turn’ beschrieben, vor allem auch, was Quantifizierung für den Menschen in der Konsequenz bedeutet: Totalregistratur. Deshalb und um sich der wachsenden Quantifizierung zu entziehen, ist Ernst Jünger auf seinem Waldweg geblieben: „Das ist kein elitäres Bestreben, sondern ein Notwehrakt,“ schreibt er, es ist Widerstand gegen das Registriertwerden.

waldgänger aus Schwaben

10. Januar 2014 20:49

Früher war alles besser! Nein war es nicht. Man fühlte sich als Christlich-Konservativer, als "Rechter" oft als letzter Mohikaner. Ich mag mich ungern "Rechter" nennen ( siehe unten).

Eine Ahnung davon, wie es war, kann man heute noch bekommen, wenn man z.B. im Sportverein, im Kreise der Kollegen oder bei einem Klassentreffen eine Satz wie diesen von sich gibt:

"Unsere Gesellschaft ist doch total krank. Wir treiben unsere eigenen Kinder ab und schreien nach Zuwanderung!"

Eisiges Schweigen ist noch das Beste, was einem entgegenschlagen kann. Meist ist es offene Verachtung, Beschimpfung als Ewig-Gestriger, als Fundamentalist, als Rechtsradikaler, als Neo-Nazi sogar.
Diese Ablehnung mag bei charakterlich Gefestigten nun eine Haltung bewirken, oder einen stärken, sich als heroischer Kämpfer auf einsamem Posten zu fühlen.

Aber nur solange, bis dem einsamen Kämpfer der Schrecklichste der Schrecken begegnet - der Doof-Rechte oder der katholische Vulgär-Traditionalist. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es in der Tat nur ein Schritt, und nach solcher Begegnung fragt sich der einsame Kämpfer auf verlorenem Posten, ob er vielleicht nicht eher zu den Regimentsdeppen gehört, die zurückblieben, weil sie das Horn nicht gehört haben.

Nun stelle der Leser sich vor, all dies ohne Internet, ohne die Möglichkeit, sich zu versichern, dass es noch andere halbwegs intelligente Menschen gibt, die ähnlich denken.

Nein, früher war nicht alles besser.

Die Schweigespirale
ist, dank der "Digitalisierung", dank Internet, durchbrochen.

Noch was zur Quantifizierung. Ich würde es sehr begrüßen, wenn
sezession.de disqus als Kommentierungs-Werkzeug einbinden würde, wie es welt-online z.B. tut. Es ist interessant zu sehen, wie ein eigener Beitrag im Verhältnis zu anderen bewertet wird.

Realist

10. Januar 2014 23:07

@waldgänger aus Schwaben

Meinen Sie wirklich, Ihr Glück in den Köpfen anderer finden zu können?

Heinrich Brück

11. Januar 2014 01:44

"Ganz oben in der Hierarchie stehen die Feudalherren. Sie erhalten mehrere Tausend Euro Zinseinnahmen (pro Tag!).
Danach folgen die freien Bürger, die mit einem Eigenkapital in einer Größenordnung von einer Million Euro ebenso viele Zinsen einnehmen wie sie bezahlen. Ganz unten in der Pyramide stehen die Zinssklaven, die über weniger als eine Million Euro Eigenkapital verfügen und deshalb den gesamten Vermögenstransfer von unten nach oben erwirtschaften müssen.
Durch dieses Pyramidensystem hat sich seit den Zeiten des Feudalismus nicht viel geändert. Der Wohlstand, den die Zinssklaven erzeugen, wird nach oben verteilt. Jeder der versucht, durch Arbeit ein freier Bürger zu werden und das notwendige Eigenkapital durch ehrlichen Frondienst aufzubauen, arbeitet dank progressiv steigender Einkommenssteuern und Abgaben vor allem für den Geldadel. Man muss Millionen für die Feudalherren erwirtschaften, bevor man ein freier Bürger werden kann. Die meisten schaffen das nicht und haben ein Leben lang keine Freiheit erlebt." (Rico Albrecht - Steuerboykott).
Wenn die Zinssklaven keine Kultur mehr bekommen, und dafür sind
die freien Bürger und Feudalherren zuständig, dann haben sie das Recht die Lunte anzuzünden.
Wer hat denn einen Amtseid auf das Deutsche Volk geschworen?
Geldschöpfung und Zinseszinseffekt, das Wesentliche - Banken und
Politiker. Die Banken führen, die Politiker führen aus. Das Volk begreift
sehr schnell, wenn es hungert oder wenn Blut fließt.
Die Seele des Volkes zu erobern, eine geistige und leidenschaftliche Herausforderung ohnegleichen, aber die Kulturschaffenden können nicht mehr erobern. Also sind sie wertlos geworden.
Eine geschickte Umverteilung läuft nicht ewig; und deshalb ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das Geld hat es jedenfalls nicht!

waldgänger aus Schwaben

11. Januar 2014 02:25

Lieber R.

Haben Sie eigentlich die Möglichkeit, ohne den Einsatz eines Zahlungsmittels an Brot, Wasser und Wärme zu gelangen? Eine Antwort wäre äußerst ersprößlich.

Welche Frage? In welcher denaturierten Welt leben Sie ?

Es ist nicht die meine. Die meine ist diese:

Hölderlin, Die Wanderung

Glückselig Suevien, meine Mutter,
Auch du, der glänzenderen, der Schwester
Lombarda drüben gleich,
Von hundert Bächen durchflossen!
Und Bäume genug, weißblühend und rötlich,
Und dunklere, wild, tiefgrünenden Laubs voll,
Und Alpengebirg der Schweiz auch überschattet
Benachbartes dich;
...
Der schneeige Gipfel übergießt die Erde
Mit reinestem Wasser. Darum ist
Dir angeboren die Treue. Schwer verläßt,
Was nahe dem Ursprung wohnet, den Ort.

Für Wasser und Wärme genügen Eimer, Axt und Säge. Ein Spaten vielleicht noch, um nach Wasser zu graben, wenn den Weg zum Bach zu beschwerlich ist. Und vielleicht noch ein Fahrrad mt Anhänger zum Transport von Wasser und Brennholz.
Brennholz vor dem Verbrennen 1-2 Jahre trocknen lassen.

Brot ist schwierig. Nicht wegen des Anbaus. Aber zum Mahlen und vor allem Backen benötigt es teure Gerätschaften.
Brot und Wasser wären auch eine etwas sehr einseitige Ernährung

Ich empfehle statt dessen die Bewirtschaftung dreier Parzellen a 300 qm.
Fruchtfolge:
1 Kartoffel, Zwiebeln Knoblauch in Mischkultur
2 Bohnen, Mais in Mischkultur
3 Brache, Hühnerhaltung auf der Brache.

Dazu noch einen Apfelbaum mit haltbareren Früchten (Boskop z.B.)

Die Bohnen natürlich ausreifen lassen und die Kerne als Eintopf essen.

Dann brauchen Sie nur noch Salz und können sich einigermaßen gesund ernähren, ohne den Einsatz von Zahlungmitteln. Lediglich das Salz müssten Sie gegen Früchte des Feldes eintauschen

W. aus S.

Waldgänger aus Schwaben

11. Januar 2014 10:31

@Realist
Ich sprach nicht davon, im Internet mein Glück zu finden. Ich wollte andeuten, dass das Internet für eine Politik in unserem Sinne nicht unbedingt negativ sein muss.

Entschuldigung, dass nun ich so deutlich werden muss. Das will ich eigentlich nicht so gerne. Debatten gleiten leicht ins Irrationale und in Ad-hominem-Argumente ab, wenn Kritik zu deutlich geäußert wird. Aber wenn ich anders nicht verstanden werde.
Nun denn:

Warum Konservative immer verlieren?

Der Titel eines Buches, dass hier intensiv diskutiert wurde und wird. Vielleicht mag es auch an einer gewissen Ängstlichkeit und Risikioscheu liegen, die in allem Neuen nur Gefahren sieht und nicht den Nutzen, die Chancen für die eigene Sache.
Der Beitrag Heino Bosselmanns und viele Kommentare atmen diesen Geist der Ängstlichkeit.

Heino Bosselmann

11. Januar 2014 17:46

Ich denke, wir sind durch, und ich bedanke mich ausdrücklich!

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