Von Roman Herzogs mahnendem Adlon-Auftritt 1997 bis zum Beginn von Gerhard Schröders umstrittener Agenda-Politik vergingen damals sechs Jahre. – Nachdem wir durch die jüngste Regierungserklärung der Bundeskanzlerin wissen, wie gut, wie gänzlich hervorragend es Deutschland geht, kommt nun in aufgerüsteter Verantwortungsrhetorik die Rede auf die Außenpolitik. Und zwar eben deswegen, weil es so gut um uns steht, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung ja sowieso, aber, wie wir hören, ebenso sozial: der Mensch im Mittelpunkt, die neuen Arbeitsplätze, die famose Energiewende, das Wirtschaftswachstum, die Flut der Steuereinnahmen. Armut, Kinderarmut insbesondere, ideelle Stagnation, Bildungsmisere – keine Rede mehr davon. Der Titel von Robert Rossmanns Leitartikel in der SZ dazu: Mehr Langeweile wagen! Mag die neue Offensive Richtung neu verdienter Weltgeltung dazu ein Korrelat bilden?
In der Geschichte sind es vorzugsweise die zurückgelehnten Schreibtischhelden, also jene, denen mental so etwas wie der Wehrgedanke eher fernliegt, die gern mal von Stärke reden. Man denke an Scharping und Fischer, die gegen Jugoslawien einen mit sehr fragwürdigen Vorwänden legitimierten NATO-Krieg ohne UN-Mandat führten.
Nachdem sich Anfang letzter Woche schon die gegenwärtig allen alles versprechende Verteidigungsministerin für mehr Engagement in Krisengebieten eingesetzt hatte, legte der Social-Demokrat Steinmeier nach und wünschte, daß wir uns – nicht nur mittels einer erneut angestrebte Aufnahme in den Weltsicherheitsrat – endlich mehr in die Weltpolitik einmischen sollten, anstatt die nur zu kommentieren. Weil wir doch längst – nach langen Jahrzehnten der Bewährung – nachweislich zu den Guten gehören, dürften wir das durchaus. Und Amerika, so der Außenminister, kann ja nicht überall sein. „So richtig eine Politik militärischer Zurückhaltung ist, so darf sie nicht mißverstanden werden als ein Prinzip des Heraushaltens.“
Jetzt stimmt der Ex-Pastor, Ex-Bürgerbewegte und Ex-Stasijäger, der jetzige Bundespräsident und Neu-Atlantiker Joachim Gauck, auf der Münchner Sicherheitskonferenz in dieses Credo ein: Deutschland darf nicht wegsehen, es habe Verantwortung, die es in der NATO und in der Weltpolitik wahrnehmen sollte – gegenüber Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Terroristen und Cyber-Kriminellen. Deutschland hätte von der Sicherheit in der NATO profitiert, sei unter deren Schirm zur wirtschaftlichen Großmacht aufgestiegen und könne doch jetzt endlich etwas zurückgeben. Würde sich Deutschland auf diese Weise bewähren und revanchieren, wäre das gar einem neuen Nationalbewußtsein zuträglich, selbstverständlich nicht diesem schlimmen alten und sehr bösen Nationalismus mit seinem Schnätteretäng, Gott bewahre, sondern einem ganz neuen Wissen um Stärke und Verantwortung.
Für diesen Ruck braucht es einen markigen Autoritätsbeweis, der freilich nicht mehr lauten darf: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Obwohl dieser Satz zu der argumentativen Herleitung des so erfolgreich wesensverwandelten Neu-Deutschland rein semantisch ja ausgezeichnet passen würde. Denn genau das ist doch gemeint. Aber nein, jetzt heißt das bei Gauck mit Blick aufs geläuterte Vaterland: „Das ist ein gutes Deutschland, das beste, was wir je hatten.“ – Aha. Das beste, was wir je hatten! Was für ein Glück doch, daß die Hegelsche Geschichtsphilosophie letztlich doch noch recht behalten durfte und der Weltgeist, die „Vernunft in der Geschichte“, nicht seinen Endsieg, aber doch „Endzweck“ erreicht hat, jedenfalls bei uns, in diesem gründlich umerzogenen Deutschland.
Wir leben im besten Deutschland, das wir je hatten, also in der besten aller möglichen Welten. – Darf man das wirklich so sagen? So generalisierend? Endlich das beste Deutschland seit Heinrichs Krönung 919 in Fritzlar? Was für ein stolzer Ausspruch, den unser Freiheitsheld und Freiheitsfreund Gauck da frohgemut und wie stets sehr beglückt wirkend formulierte.
Es braucht also eigentlich gar keinen Ruck mehr. Wir sind, heißt es, endlich schon dort, wo wir immer hinwollten, auf einem sonnigen Plateau des großen Friedens, wo – im Vergleich zur schlimmen Geschichte – alles vorbildlich bestellt und eingerichtet ist. Von dort aus können wir jetzt die anderen bessern helfen. Was für eine problematische, vermutlich gefährliche Selbstgerechtigkeit.
Sirius
Man kann dieses Gauckler-Getöse von neuer Verantwortung und globalem Eingreifen für Deutschland nicht mehr hören. Wenn Deutschland klug ist, dann sollte es sich wie eine große Schweiz verhalten und nicht mehr die Kanonen auspacken, was zweimal großes Unglück über uns gebracht hat.
Am intelligentesten wäre ein NATO- und UNO - Austritt mit strikter militärischer Neutralität. Dazu gehört dann auch, dass die US-Amis ihre deutschen Okkupations-Garnisonen ( atomar bewaffnet ) in Süddeutschland schließen , mitsamt ihrem riesigen Tross an CIA, - und NSA -Agenten. Jegliches militärische Eingeifen im Ausland kostet nur junge deutsche Menschenleben, die bei uns knapp sind, mit einem Rattenschwanz finanzieller Lasten.
Zwei große Kriege sollten uns gelehrt haben: Vermeide den Krieg, wo es nur geht. In jedem dieser Groß-Kriege hat unser Land durch Selbstüberschätzung riesige Menschen - und Gebietsverluste erlitten. Seltsamerweise vergessen diese Dinge die heutigen Politiker sehr schnell , im Unterschied zum gepflegten Schuldkult. Eine mittelgroße, schlagkräftige, best ausgerüstete Armee zur Selbstverteidigung und eine ausreichend große, gut bewaffnete und trainierte Bundespolizei genügen .
Deutschland sei endlich klug und wähle den Frieden - Keine militärischen Abenteuer mehr im Ausland !!