Französischer Blätterwald (7) – Réfléchir & Agir

Während die zuletzt vorgestellten französischen Magazine wie éléments und Nouvelle Revue d’Histoire vorzügliche...

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

intel­lek­tu­el­le Bil­dungs- und Infor­ma­ti­ons­or­ga­ne mit über­wie­gend sach­li­chem Ton sind, sieht sich Réflé­chir & Agir (R&A) bereits dem Namen nach („Nach­den­ken & Han­deln“) auch der Pra­xis verpflichtet.

Mar­tin Licht­mesz hat im Früh­jahr 2009 eine kur­ze Prä­sen­ta­ti­on bei Sezes­si­on im Netz gelie­fert; sei­ne Kern­aus­sa­ge ist auch fünf Jah­re spä­ter zutreffend:

R&A ist auf­wen­dig pro­du­ziert, durch­ge­hend attrak­tiv bebil­dert und auf hoch­wer­ti­gem Papier gedruckt, dabei scharf­kan­tig rechts bis „fascis­ant“, zugleich aber ver­blüf­fend eklek­ti­zis­tisch und undog­ma­tisch. Vor allem eines ist das Maga­zin nicht: langweilig.

Und „lang­wei­lig“ ist auch kein Attri­but, mit dem man die aktu­el­le Aus­ga­be (Nr. 46, Win­ter 2014) umschrei­ben könn­te. Dem Kom­men­tar zu Leben und Werk Nel­son Man­de­las folgt die eta­blier­te Rubrik tour d’horizon mit pole­misch auf­be­rei­te­ten Kurz­nach­rich­ten aus dem ver­gan­ge­nen Quar­tal. Zwi­schen der links- und rechts­spal­tig posi­tio­nier­ten, durch­wegs gehar­nisch­ten Kri­tik am zeit­ge­nös­si­schen Frank­reich ste­hen im Mit­tel­block infor­ma­ti­ve Gesprä­che, so im Rah­men der Fort­set­zungs­rei­he „Tour de France der Buch­händ­ler“, aber auch mit einem Akti­vis­ten der Grup­pe „Volks­so­li­da­ri­tät“, die sich um sozi­al Bedürf­ti­ge küm­mert und aus dem Netz­werk des natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Mou­ve­ment d’Action Socia­le (MAS) stammt. Dem dar­auf fol­gen­den Inter­view mit Domi­ni­que Ven­ners Wit­we Clotil­de ent­nimmt man nicht nur Hin­ter­grün­de zur lang­fris­tig geplan­ten Auf­be­rei­tung der Kor­re­spon­denz ihres ver­stor­be­nen Gat­ten, son­dern auch, daß sie den Rei­gen einer vier­tel­jähr­li­chen Hör­buch-Rei­he eröff­net hat: der kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten CD-Vari­an­te des Wer­kes Choc de l’Histoire fol­gen in naher Zukunft zwei wei­te­re Ven­ner-Titel, bevor etwa Bücher Jean Mabi­res oder Pierre Drieu la Rochel­les ver­tont wer­den. (Letzt­ge­nann­ter Schrift­stel­ler könn­te mit sei­nem Pos­tu­lat “Kein Den­ken ohne Han­deln” im übri­gen Pate für die Namens­wahl des Maga­zins gestan­den haben.)

Das für Réflé­chir & Agir typi­sche, umfang­rei­che Dos­sier (24 Sei­ten) wid­met sich der Not­wen­dig­keit des „Kreuz­zugs gegen die moder­ne Welt“. Ent­hal­ten sind – unter ande­ren – anti­ka­pi­ta­lis­tisch grun­dier­te Auf­sät­ze zum Zwil­lings­paar „Geld und Markt“, dem gras­sie­ren­den Hyper­kon­sum, dem Trei­ben der mul­ti­na­tio­na­len Kon­zer­nen und Aspek­ten des lukra­ti­ven wie dia­bo­li­schen Dro­gen­han­dels. Aber auch Heid­eg­gers „Dasein“-Verständnis wird unter­sucht, bevor der Schrift­stel­ler Renaud Camus zum Gespräch über den Ver­fall der fran­zö­si­schen Spra­che, vor allem auch in der Lite­ra­tur (Aus­nah­men sei­en Pas­cal Quig­nard und Richard Mil­let), gebe­ten wird. Schwer­punkt ist jedoch Camus’ Theo­rie des „gro­ßen Aus­tauschs“, dem er nicht nur refle­xiv, son­dern auch ganz kon­kret mit einer strö­mungs- wie par­tei­über­grei­fen­den Initia­ti­ve „NON“ („Nein zum Aus­tausch des Vol­kes und der Zivi­li­sa­ti­on“) ent­ge­gen­wir­ken möchte.

Ein wei­te­res Gespräch wird im Jahr der Euro­pa­wahl mit dem Aus­lands­be­auf­trag­ten der unga­ri­schen Rechts­par­tei Job­bik, Már­ton Gyön­gyö­si, geführt. Des­sen zen­tra­le Aus­sa­ge beinhal­tet die Kenn­zeich­nung des „Haupt­fein­des“ (Alain de Benoist) in Form des Libe­ra­lis­mus, die Absa­ge an Islam­feind­schaft und die Her­vor­he­bung der Ver­bun­den­heit der unga­ri­schen Nati­on mit den Turk­völ­kern. Aus die­sem Grund sieht Gyön­gyö­si sein Land als „pri­vi­le­gier­te Brü­cke“ zwi­schen Abend- und Morgenland.

Das 70seitige Heft ent­hält über­dies eini­ge rein his­to­ri­sche Arti­kel, so bei­spiels­wei­se zu den „Knast­brü­dern“ Luci­en Reba­tet und Pierre-Antoine Cous­teau, aber auch zur bizarr radi­kal­völ­ki­schen und anti­christ­li­chen „Nor­di­schen Idee“ des Ras­sen­theo­re­ti­kers Hans F. K. Gün­ther und der Front­stel­lung „Mono­ga­mie“ (Gün­ther) ver­sus „Poly­ga­mie“ (Bor­mann und Himmler).

RA 2Die Lek­tü­re die­ser Win­ter­aus­ga­be wäre allei­ne bereits ergie­big, denn auch die Rezen­si­ons­spar­te, in der Lite­ra­tur und Musik aus­ge­wo­gen bedacht wer­den, gerät umfang­reich. Doch die Macher aus Tou­lou­se um Eugè­ne Kram­pon und Pierre Gil­lieth haben im glei­chen Zeit­raum ein Son­der­heft für Abon­nen­ten publi­ziert, das sich ihrer geis­ti­gen Fami­lie wid­met und 14 reich bebil­der­te, in der Ten­denz natur­ge­mäß affir­ma­ti­ve, aber – bis auf Edouard Dru­mont – nicht bis zur Unkennt­lich­keit ver­zerr­te Por­träts bereits ver­stor­be­ner R&A-Leit­wöl­fe ent­hält. Hier wird deut­lich, was Mar­tin Licht­mesz mit sei­ner Beschrei­bung „fascis­ant“, also in etwa: faschi­sie­rend, mein­te. Als Vor­den­ker ihres Welt­bilds fir­mie­ren bei­spiels­wei­se Juli­us Evo­la und Lou­is-Fer­di­nand Céli­ne, Robert Bras­il­lach und (sein Schwa­ger) Mau­rice Bar­dè­che, Pierre Drieu la Rochel­le und Hen­ry de Mon­t­her­lant, Domi­ni­que Ven­ner sowie – als ein­zig auf­ge­führ­ter Deut­scher – Ernst von Salo­mon.

Die 1993 gegrün­de­te “unab­hän­gi­ge Zeit­schrift zur ideo­lo­gi­schen Ent­gif­tung” erscheint vier­mal jähr­lich in einer Auf­la­ge von 7000 Stück. Euro­päi­sche Leser zah­len 40 Euro (Por­to inklu­si­ve) für einen Jahr­gang, als Prä­mie erhält man das Son­der­heft (bis 15. März 2014) oder eine CD. Abon­nie­ren kann man über die Netz­sei­te von R&A.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.