Sezession, das erste Heft des neuen, gelben Jahrgangs, das Heft zum Thema „1914“.
Der Mann hatte es liegen sehen, er tankte schräg vor mir; er hatte es liegen sehen und gleich erkannt (wie sollte man etwas Unverwechselbares auch nicht gleich erkennen), und er hatte gewartet, um zu sehen, wem das Auto gehörte.
Er sprach mich gleich mit meinem Namen an und stellte sich als Leser vor, und sein Name war mir bekannt, weil er nicht nur seit langem Abonnent ist, sondern auch schon Bücher bestellt hat. Nun also begegneten wir uns auf der Autobahnraststätte, und das schuf aus dem Stand die Atmosphäre einer Art ausschließenden Gemeinsamkeit, denn klar war: Auf der ganzen langen Autobahn, die ein Mal quer durch die halbe Republik führt, würde sich jetzt, in dieser Stunde, kein dritter Sezessionist finden lassen.
Ich schlug die Einladung zu einem Kaffee aus, ich hatte ja ein sehr besonderes Ziel und wollte vor der Dunkelheit eintreffen. Aber der Leser hatte sowieso schon in den ersten paar Sätzen, die er sprach, dies ausgesprochen, das die weitere Fahrt zu färben begann: „Der Einzelne verfehlt die Wahrheit“.
Ja, das stimmt ganz unbedingt, vor allem dann, wenn nicht der Geist regiert, sondern die Ratio – wenn also der Einzelne nicht nach dem lebendigen Geist sucht und um das Verständnis ringt, sondern den bösartigen Anspruch hat, unabhängig von Lage, Zeitpunkt und Aura etwas logisch (und damit blutleer) zu fixieren.
„Sezession“, sagte der Leser, „das ist nur eine Perspektive – und was für eine!“ – „Ja, das ist eine Setzung“, antwortete ich, „und somit eine Anmaßung. Schlimm?“ – „Gott bewahre,“ sagte der Leser, „was träte der Aufklärung entschiedener und lebendiger entgegen?“
Ich fuhr weiter und betrat noch vor Einbruch der Dämmerung einen jener raren Bezirke wahren Geistes. Unterwegs war der seltsame Wunsch gereift, jeden der zwei‑, dreitausend Leser der Sezession an einer Zapfsäule zu treffen: nur kurz, aber sehr präsent und klar. Wir wissen doch alle viel voneinander und müssen uns nicht annähern. Es treffend zu sagen oder es so ausgedrückt zu vernehmen – das ist meine Leidenschaft.
Ein Leser
Lieber Götz Kubitschek,
ich verfolge Ihr Blog bereits seit geraumer Zeit, habe mich bisher aber noch nicht dazu hinreißen lassen, die Sezession bestellen. Sei das nun aus Scheu vor dem Zusteller, oder weil ich prinzipiell keine Print-Produkte mehr abonniere.
Was halten sie denn von dem Gedanken, die Sezession - so, wie es die JF auch macht - zukünftig als App anzubieten? Dann könnten aus den zwei-, dreitausend Lesern vielleicht einige mehr werden. Selbiges gilt für die Bücher aus der Edition Antonois.